Steuertermine
10.09. Umsatzsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 15.09. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
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10.10. Umsatzsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 13.10. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
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Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge September 2025
Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für September ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 26.9.2025.
Inhalt:
- Für alle Steuerpflichtigen: Bemessung der Schenkungsteuer bei niedrig verzinsten Darlehen
- Für alle Steuerpflichtigen: Steuerfreiheit von Aufstockungsbeträgen nach dem Altersteilzeitgesetz
- Für alle Steuerpflichtigen: Der konkludente Änderungsantrag
- Für Familien: Zu den persönlichen Freibeträgen bei Schenkung und Erbschaft
- Für Immobilieneigentümer: Keine Grunderwerbsteuerbefreiung bei der Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft
- Für Unternehmer: Zur Reichweite der Buchwertübertragung eines Betriebs
- Für Arbeitnehmer: Vorteilsminderung bei der 1%-Regelung
- Für Kommanditisten: Verlustausgleichsvolumen durch Einlagen
- Für GmbH-Gesellschafter: Entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen
1. Für alle Steuerpflichtigen: Bemessung der Schenkungsteuer bei niedrig verzinsten Darlehen
Die steuerliche Behandlung von Darlehen unter nahestehenden Personen wirft in der Praxis häufig Fragen auf – insbesondere dann, wenn der Darlehenszins deutlich unter dem marktüblichen Niveau liegt. Denn in einem solchen Fall kann ein Nutzungsvorteil vorliegen, der aus schenkungsteuerlicher Sicht als freigebige Zuwendung zu bewerten ist. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob und inwieweit die Differenz zwischen dem vereinbarten und dem marktüblichen Zinssatz einen schenkungsteuerpflichtigen Erwerb begründet.
Im nun entschiedenen Fall hatte ein Kläger von seiner Schwester mit Vertrag vom 3.11.2016 ein Darlehen in Höhe von fast 1,9 Millionen Euro erhalten, das rückwirkend zum 1.1.2016 mit lediglich 1% verzinst wurde. Die Laufzeit war unbestimmt, die Kündigung erstmals zum 31.12.2019 möglich. Das Finanzamt setzte daraufhin mit Bescheid vom 29.11.2017 eine Schenkungsteuer von 229.500 Euro fest. Es nahm eine gemischte Schenkung an, weil der vereinbarte Zinssatz unter dem in § 15 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) vorgesehenen Zinssatz von 5,5% lag. Es bewertete den Nutzungsvorteil gemäß § 13 Absatz 2 Halbsatz 2 BewG mit dem 9,3-fachen Jahreswert und ermittelte daraus einen steuerpflichtigen Erwerb von rund 785.000 Euro.
Der Kläger widersprach der Besteuerung. Er argumentierte, es liege keine freigebige Zuwendung vor, weil seiner Schwester und dem Ergänzungspfleger die teilweise Unentgeltlichkeit des Darlehens nicht bewusst gewesen sei. Zudem habe er Vergleichsangebote vorgelegt, die einen marktüblichen Zinssatz von unter 5,5% belegten. Auch sei infolge der Änderung in § 6 Absatz 1 Nummer 3 Einkommensteuergesetz (EStG) durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz eine Abzinsung abgeschafft worden, was Auswirkungen auf die schenkungsteuerliche Behandlung habe. Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern wies die Klage jedoch mit Urteil vom 27.4.2022 unter dem Aktenzeichen 3 K 273/20 ab.
Der Bundesfinanzhof hob allerdings mit Urteil vom 31.7.2024 unter dem Aktenzeichen II R 20/22 diese Entscheidung auf und stellte klar, dass grundsätzlich eine freigebige Zuwendung im Sinne von § 7 Absatz 1 Nummer 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) vorliegt, wenn ein Darlehen zu einem Zinssatz unterhalb des marktüblichen Niveaus gewährt wird. Die obersten Finanzrichter betonten, dass die objektive Voraussetzung der Schenkung – eine unentgeltliche Bereicherung – erfüllt ist, da der Kläger aufgrund des niedrigen Zinssatzes von 1% gegenüber einem marktüblichen Satz von 2,81% begünstigt wurde. Auch die subjektive Voraussetzung sei erfüllt, da zumindest das Bewusstsein über die Teilunentgeltlichkeit bei der Darlehensgeberin vorgelegen habe.
Wesentlich war jedoch die Klarstellung des Bundesfinanzhofs hinsichtlich der Bemessung der Zinsersparnis: Anders als das Finanzgericht entschieden hatte, darf der gesetzlich vorgesehene Zinssatz von 5,5% nicht herangezogen werden, wenn – wie hier – ein konkreter marktüblicher Zinssatz feststeht. Im Streitfall lag dieser bei 2,81%, was sich aus den Statistiken der Deutschen Bundesbank ergab. Damit stand nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ein anderer Wert im Sinne des § 15 Absatz 1 BewG fest. Eine Pflicht des Steuerpflichtigen, diesen nachzuweisen, bestehe nicht. Entscheidend sei allein, dass ein marktüblicher Wert erkennbar und konkretisiert ist.
Auf dieser Grundlage ermittelte das oberste Finanzgericht den Nutzungsvorteil neu: Der Jahreswert der Zinsersparnis beträgt 1,81% der Darlehenssumme, also rund 34.000 Euro. Multipliziert mit dem Vervielfältiger 9,3 ergibt sich ein steuerpflichtiger Erwerb von knapp 316.000 Euro. Nach Abzug des Freibetrags von 20.000 Euro für Geschwister gemäß § 16 Absatz 1 Nummer 5 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 Steuerklasse II Nummer 2 ErbStG ergibt sich ein steuerpflichtiger Betrag von 296.000 Euro, der mit einem Steuersatz von 20% zu versteuern ist.
Diese Entscheidung verdeutlicht, dass bei der Bewertung von Zinsvorteilen auf den tatsächlich marktüblichen Zinssatz abzustellen ist, sofern dieser anhand objektiver Maßstäbe bestimmbar ist. Der gesetzliche Satz von 5,5% ist lediglich eine Auffangregel, nicht jedoch zwingend heranzuziehen, wenn ein anderer Wert konkret feststeht.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Steuerfreiheit von Aufstockungsbeträgen nach dem Altersteilzeitgesetz
Die steuerliche Behandlung von Aufstockungsbeträgen im Rahmen der Altersteilzeit wirft immer wieder Fragen auf, insbesondere wenn diese Zahlungen zeitlich nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben erfolgen. Das zentrale Problem besteht darin, ob auch nach dem Eintritt in den Ruhestand ausgezahlte Aufstockungsbeträge unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei sein können. Hintergrund dieser Regelungen ist das Altersteilzeitgesetz, das Arbeitnehmern eine gleitende Reduzierung ihrer Arbeitszeit ermöglichen soll, während der Arbeitgeber verpflichtet ist, das reduzierte Entgelt zumindest teilweise aufzustocken. Steuerrechtlich stellt sich die Frage, ob diese Zahlungen auch dann noch begünstigt behandelt werden, wenn sie dem Arbeitnehmer erst zufließen, nachdem dieser seine Erwerbstätigkeit vollständig beendet hat.
Im hier entschiedenen Fall war der Kläger bis zum 31.7.2015 im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung tätig. Dabei war er zu 50 Prozent beschäftigt und erhielt neben dem hälftigen Arbeitsentgelt einen Aufstockungsbetrag in Höhe von 40 Prozent des Bruttoarbeitsentgelts, welcher während der Laufzeit der Altersteilzeit gemäß § 3 Nummer 28 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei behandelt wurde. Nach dem Ende der Altersteilzeit bezog der Kläger Renten und Versorgungsbezüge. Zusätzlich nahm er an einem unternehmensinternen Bonusprogramm teil, aus dem er im Januar 2017, also nach Beginn seines Ruhestands, eine Auszahlung in Höhe von 10.497,20 Euro erhielt. Darin enthalten war ein als Aufstockungsbetrag gekennzeichneter Anteil in Höhe von 2.999,20 Euro.
Die Kläger machten in ihrer Steuererklärung geltend, dass dieser Aufstockungsbetrag als Lohnersatzleistung lediglich dem Progressionsvorbehalt unterliege und somit steuerfrei bleibe. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, dass die Steuerfreiheit nicht greife, da der Kläger beim Zufluss der Zahlung nicht mehr aktiv in einem Altersteilzeitverhältnis stand und damit die persönlichen Voraussetzungen des § 2 des Altersteilzeitgesetzes nicht mehr erfülle. Es behandelte den Betrag daher insgesamt als ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn im Sinne des § 34 Absatz 1 und 2 Nummer 4 EStG.
Das Finanzgericht Köln folgte dieser Ansicht nicht und gab der Klage mit Urteil vom 22.11.2021 unter dem Aktenzeichen 6 K 1902/19 statt. Es urteilte, dass der Aufstockungsbetrag gemäß § 3 Nummer 28 EStG steuerfrei ist, auch wenn die Auszahlung erst nach Eintritt in den Ruhestand erfolgt sei. Maßgeblich sei nicht der Zeitpunkt des Zuflusses, sondern der Zeitraum, für den der Betrag gezahlt worden ist – in diesem Fall also die Zeit der Altersteilzeitarbeit.
Die Revision des Finanzamts wies der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 24.10.2024 unter dem Aktenzeichen VI R 4/22 zurück. Die obersten Finanzrichter bestätigten, dass die Steuerfreiheit nach § 3 Nummer 28 EStG nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass der Empfänger der Zahlung beim Zufluss nicht mehr in Altersteilzeit tätig ist. Entscheidend sei, dass der Aufstockungsbetrag im Zusammenhang mit einem zuvor bestehenden Altersteilzeitverhältnis steht und auf einer entsprechenden Vereinbarung beruht, wie sie im Altersteilzeitgesetz vorgesehen ist. Es komme also nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung, sondern auf den Leistungszeitraum an.
Die Richter betonten, dass die Steuerfreiheit auch für solche Aufstockungen gilt, die auf zusätzliche Entgeltbestandteile – wie im Streitfall auf eine erfolgsabhängige Bonuszahlung – gewährt werden. Diese müssen lediglich Bestandteil einer tariflichen oder individualvertraglichen Regelung im Rahmen der Altersteilzeitvereinbarung sein. Unerheblich sei dabei, ob die Auszahlung aus technischen oder abrechnungsbedingten Gründen erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses erfolge. Das Gericht stellte klar, dass nur der Zeitraum, für den der Aufstockungsbetrag gezahlt wird, ausschlaggebend für die steuerliche Begünstigung ist. Damit kann eine Zahlung, die dem Arbeitnehmer formal erst nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit zufließt, dennoch unter die Steuerbefreiung des § 3 Nummer 28 EStG fallen, wenn sie dem Grunde nach für geleistete Altersteilzeitarbeit erfolgt.
3. Für alle Steuerpflichtigen: Der konkludente Änderungsantrag
In der steuerlichen Praxis stellt sich häufig die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Abgabe einer Steuererklärung oder Feststellungserklärung nach Erlass eines Schätzbescheids eine Hemmung der Feststellungsverjährung bewirken kann. Diese Fragestellung betrifft unmittelbar das Spannungsfeld zwischen den Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen, der Schutzwürdigkeit verfahrensbezogener Fristen und der materiellen Richtigkeit steuerlicher Feststellungen.
Im nun entschiedenen Fall hatte sich das oberste Finanzgericht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob durch die nachträgliche Einreichung einer Feststellungserklärung zu einem bereits unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid eine Ablaufhemmung der Feststellungsverjährung eintreten kann.
Hintergrund des Streitfalls war eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG in der Funktion eines Dachfonds, an dem mehrere Direktanleger und über eine Treuhandstruktur weitere Treugeber beteiligt waren. Die Gesellschaft erzielte im Streitjahr 2009 ausschließlich Einkünfte aus Beteiligungen an vier Personengesellschaften, die vor Anwendung des § 15b des Einkommensteuergesetzes (EStG) Verluste auswiesen, nach Anwendung jedoch mit 0 Euro festgestellt wurden.
Da die Klägerin zunächst keine Steuererklärungen abgab, erließ das Finanzamt am 18.1.2012 einen Schätzbescheid, in dem ebenfalls 0 Euro als Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie ein verrechenbarer Verlust nach § 15a EStG in Höhe von 0 Euro festgestellt wurden. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Erst am 4.8.2014 reichte die Klägerin eine Gewinnfeststellungserklärung für 2009 ein, in der sie einen Verlust von über 1,26 Millionen Euro angab und zugleich einen Verlust nach § 15b Abs. 4 EStG in gleicher Höhe geltend machte. Die Erklärung enthielt detaillierte Anlagen zur Ergebnisverteilung auf insgesamt 266 Anleger, unterschied jedoch nicht zwischen Direktanlegern und Treugebern. Das Finanzamt lehnte später mit Bescheid vom 7.12.2017 eine Änderung des ursprünglichen Feststellungsbescheids unter Hinweis auf die mittlerweile abgelaufene Feststellungsfrist ab.
Die Klägerin erhob daraufhin Klage beim Finanzgericht Düsseldorf, das der Klage am 23.2.2021 unter dem Aktenzeichen 10 K 3480/18 F stattgab. Das Gericht führte aus, dass die Einreichung der Feststellungserklärung vom 4.8.2014 gleichzeitig einen Antrag auf Änderung des ursprünglichen Bescheids gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) darstellt. Da dieser Antrag vor Ablauf der regulären vierjährigen Feststellungsfrist gestellt wurde, greife die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 in Verbindung mit § 181 Abs. 1 Satz 1 AO. Entscheidend sei, dass der Bescheid vom 18.1.2012 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen war und die Klägerin durch die Einreichung der Erklärung eine Abweichung von der bisherigen Feststellung beantragte. Der vom Finanzamt im Jahr 2016 erlassene Bescheid sei wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit nichtig und könne keine Bestandskraft entfalten.
Die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs bestätigten diese Entscheidung mit Urteil vom 7.8.2024 unter dem Aktenzeichen IV R 9/22, soweit es die Verpflichtung des Finanzamts zur Bescheidung des Änderungsantrags betrifft. Das Gericht stellte klar, dass die Erklärung vom 4.8.2014 trotz fehlenden Begleitschreibens als Änderungsantrag zu werten ist, weil sie eine signifikante Abweichung zu den im Schätzbescheid festgestellten Werten darstellt. Ein solcher Antrag bewirkt gemäß § 171 Abs. 3 AO eine Ablaufhemmung der Feststellungsfrist. Die Richter argumentierten, dass ein konkludent gestellter Änderungsantrag auch dann anzunehmen ist, wenn der Steuerpflichtige zugleich seiner Erklärungspflicht nachkommt. Es widerspräche dem Prinzip der Verfahrensgerechtigkeit, von einem ausdrücklichen Antrag nur in Form eines gesonderten Schreibens auszugehen.
Allerdings wiesen die Richter zugleich die Klage hinsichtlich der erstmaligen Feststellung eines Verlusts nach § 15b Abs. 4 EStG ab. Hier fehle es an der notwendigen Beschwer, da eine unterlassene Verlustfeststellung keine rechtliche Beeinträchtigung des Steuerpflichtigen darstellt, solange keine konkrete steuerliche Benachteiligung daraus resultiert. Die Klage insoweit sei daher unzulässig.
Zusammenfassend zeigt dieses Urteil, dass die Einreichung einer Feststellungserklärung nach Erlass eines Schätzbescheids unter bestimmten Voraussetzungen als Änderungsantrag gewertet werden kann, der eine Ablaufhemmung der Feststellungsverjährung auslöst. Entscheidend ist, ob die Erklärung inhaltlich eine Abweichung vom bisherigen Bescheid enthält und vor Fristablauf eingereicht wurde. Der Bundesfinanzhof stellte mit seiner Entscheidung vom 7.8.2024 unter dem Aktenzeichen IV R 9/22 klar, dass eine solche konkludente Antragstellung ausreicht, um den Lauf der Feststellungsfrist zu hemmen und die Entscheidung des Finanzamts offen zu halten.
4. Für Familien: Zu den persönlichen Freibeträgen bei Schenkung und Erbschaft
Die Besteuerung von Erbschaften wirft oft Fragen auf, insbesondere wenn es um die Anwendung von Freibeträgen und die Auslegung zivilrechtlicher Fiktionen im steuerrechtlichen Kontext geht. Ein besonders streitträchtiger Punkt betrifft die Frage, ob ein zivilrechtlich als vorverstorben geltender Elternteil dazu führen kann, dass dem Enkel ein höherer erbschaftsteuerlicher Freibetrag gewährt wird, wie er für den Fall eines tatsächlich verstorbenen Kindes vorgesehen ist. Hintergrund ist die Regelung in § 16 Absatz 1 Nummer 2 Alternative 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG), wonach Kindern verstorbener Kinder ein Freibetrag von 400.000 Euro zusteht. Doch wie ist diese Regelung zu verstehen, wenn der Elternteil lediglich durch einen Erbverzicht nach § 2346 Absatz 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) als vorverstorben gilt?
Im konkreten Streitfall wurde der Kläger von seinem im Jahr 2019 verstorbenen Großvater testamentarisch zu einem Viertel als Erbe eingesetzt. Bereits im Jahr 2013 hatte der Vater des Klägers gegenüber dem Erblasser durch notariell beurkundeten Vertrag auf seinen gesetzlichen Erbteil sowie den Pflichtteil verzichtet. Die Erstreckung des Verzichts auf weitere Abkömmlinge war dabei ausdrücklich ausgeschlossen worden. In seiner Erbschaftsteuererklärung beantragte der Kläger, als Enkelkind des Erblassers einen Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro in Anspruch nehmen zu dürfen. Er argumentierte, dass er nach § 2346 Absatz 1 Satz 2 des BGB als Kind eines verstorbenen Kindes im Sinne des § 16 Absatz 1 Nummer 2 Alternative 2 ErbStG gelte, da der Vater zivilrechtlich als vorverstorben anzusehen sei.
Das zuständige Finanzamt hingegen gewährte lediglich den Freibetrag in Höhe von 200.000 Euro gemäß § 16 Absatz 1 Nummer 3 des ErbStG, wie er für Enkel gilt, deren Eltern noch leben. Auch das Finanzgericht Niedersachsen folgte dieser Argumentation und wies die Klage ab. Der Kläger legte Revision ein und machte eine Verletzung der genannten Vorschriften sowie des Gleichheitsgrundsatzes aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) geltend. Er betonte insbesondere, dass bei Anwendung der zivilrechtlichen Fiktion ein doppelter Freibetrag nicht zur Verfügung stehe und daher auch keine Umgehung steuerlicher Regeln vorliege.
Der Bundesfinanzhof bestätigte mit Urteil vom 31.7.2024 unter dem Aktenzeichen II R 13/22 die Entscheidung des Finanzgerichts und wies die Revision zurück. Die obersten Finanzrichter stellten klar, dass die Vorversterbensfiktion des § 2346 Absatz 1 Satz 2 BGB im Erbschaftsteuerrecht nicht als tatsächliches Vorversterben gewertet wird. Der Wortlaut des § 16 Absatz 1 Nummer 2 Alternative 2 des ErbStG sei eindeutig: Es müsse sich um tatsächlich verstorbene Kinder handeln. Eine gesetzliche Fiktion reiche nicht aus, um die Voraussetzungen dieser Vorschrift zu erfüllen.
Auch eine systematische und teleologische Auslegung führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Gesetzgeber habe eine klare Staffelung der Freibeträge vorgenommen, die sich an der Nähe der verwandtschaftlichen Beziehung orientiere. So sei der erhöhte Freibetrag für Enkel nur dann vorgesehen, wenn die Eltern – also die Kinder des Erblassers – tatsächlich verstorben sind. Die Fiktion im Zivilrecht ändere nichts an der Tatsache, dass das verzichtende Kind weiterhin lebe und theoretisch auch noch durch Testament bedacht oder unterhaltsverpflichtet sein könne.
Eine analoge Anwendung des § 16 Absatz 1 Nummer 2 Alternative 2 ErbStG lehnte der Bundesfinanzhof ebenfalls ab. Es fehle bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe bewusst eine Differenzierung vorgenommen und die erhöhte Begünstigung nur für tatsächlich verwaiste Enkel vorgesehen. Eine analoge Anwendung würde zudem die gesetzliche Systematik unterlaufen und Steuerumgehungspotenziale eröffnen, etwa wenn sowohl das verzichtende Kind als auch dessen Kind jeweils in den Genuss des hohen Freibetrags kämen.
Verfassungsrechtlich hielt das oberste Finanzgericht diese Rechtslage ebenfalls für unbedenklich. Weder liege ein Verstoß gegen die Erbrechtsgarantie des Artikels 14 Absatz 1 Satz 1 Alternative 2 GG vor, noch sei der allgemeine Gleichheitssatz des Artikels 3 Absatz 1 GG verletzt. Die Vergleichsgruppen – Kinder tatsächlich verstorbener Elternteile und Kinder von nur fiktiv verstorbenen Eltern – seien nicht gleichartig, da letztere nach wie vor erben könnten.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Erbschaftsteuerrecht sich in der Auslegung des Tatbestandsmerkmals »verstorbenes Kind« nicht an zivilrechtliche Fiktionen wie die des § 2346 Absatz 1 Satz 2 BGB anschließt. Der Bundesfinanzhof hat damit eine klare Linie gezogen und aufgrund des Gesetzeswortlaut entschieden, dass steuerliche Vergünstigungen strikt an den tatsächlichen Verhältnissen auszurichten sind.
5. Für Immobilieneigentümer: Keine Grunderwerbsteuerbefreiung bei der Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft
Im Bereich der Grunderwerbsteuer kann es bei der Neuordnung von Eigentumsverhältnissen zu komplexen steuerlichen Fragestellungen kommen. Besonders relevant wird dies bei der Auflösung von Wohnungseigentümergemeinschaften, wenn dabei bisheriges Sondereigentum in Miteigentum überführt wird. Die steuerliche Kernproblematik liegt hier in der Frage, ob eine solche Umstrukturierung – trotz fehlenden wirtschaftlichen Mehrwerts für die Beteiligten – der Grunderwerbsteuer unterliegt oder ob eine Steuerbefreiung analog zu anderen vergleichbaren Regelungen greifen kann.
Im entschiedenen Streitfall hatten der Kläger und eine Bank zwei Wohnungseigentümergemeinschaften hinsichtlich eines Gebäudekomplexes gebildet, der auf zwei Grundstücken errichtet war. Beide Parteien waren in unterschiedlichem Umfang an den Einheiten der Gemeinschaften beteiligt. Durch einen notariellen Vertrag wurden die beiden Gemeinschaften aufgehoben und in Miteigentum an den jeweiligen Flurstücken überführt. Darüber hinaus wurden zur Erzielung gleichmäßiger Beteiligungen zwischen den Parteien diverse Miteigentumsanteile übertragen und teilweise durch Kaufpreiszahlungen ausgeglichen. Schließlich wurde auf dem vereinigten Grundstück neues Wohnungs- und Teileigentum begründet, das entsprechend dem neuen Beteiligungsverhältnis auf Kläger und Bank verteilt wurde.
Das Finanzamt bewertete die verschiedenen Vertragsteile getrennt und setzte für die jeweiligen Erwerbsvorgänge Grunderwerbsteuer fest. Insbesondere behandelte es die Aufhebung der Gemeinschaften als Tausch von Miteigentumsanteilen, der grundsätzlich nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 5 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) steuerbar ist. Eine analoge Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift des § 7 Absatz 1 GrEStG wurde vom Finanzamt abgelehnt, da keine planwidrige Regelungslücke bestehe.
Der Kläger war hingegen der Auffassung, dass die Vorgänge im Wesentlichen der Bereinigung einer unübersichtlichen Eigentümerstruktur dienten und keine neue wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erzeugt wurde. Er beantragte daher die vollständige Aufhebung der Steuerbescheide hinsichtlich der Vertragsteile B, D und E. Das Finanzgericht Köln wies die Klage ab, weshalb der Kläger mit der Revision zum Bundesfinanzhof weiterzog.
Die obersten Finanzrichter gaben der Revision mit Urteil vom 31.7.2024 unter dem Aktenzeichen II R 30/21 teilweise statt. Sie bestätigten zwar die grundsätzliche Steuerbarkeit der Erwerbsvorgänge, rügten aber die unzutreffende Bemessung der Gegenleistungen. Insbesondere fehle es an einer ordnungsgemäßen Ermittlung der gemeinen Werte der betroffenen Einheiten des Sondereigentums gemäß § 9 Absatz 2 Satz 1 Bewertungsgesetz (BewG). Die Annahmen des Finanzamts und des Finanzgerichts, wonach sich die Werte der übertragenen Objekte direkt aus dem Gesamtverkehrswert des Gebäudes ableiten ließen, genügten diesen Anforderungen nicht.
Zudem stellte das oberste Finanzgericht klar, dass eine analoge Anwendung des § 7 Absatz 1 GrEStG auf die Umwandlung von Sondereigentum in Miteigentum bei Auflösung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht möglich ist. Zwar sei die Vorschrift auf die entgegengesetzte Richtung – also von Miteigentum zu Sondereigentum – analog anwendbar, da sich hier nur die Rechtsform, nicht aber der wirtschaftliche Gehalt des Eigentums ändert. Für die Umwandlung von Sondereigentum in Miteigentum gelte dies aber gerade nicht, da sich durch den Wegfall des Sondereigentums eine neue gemeinsame Eigentumsstruktur ergebe, die einen Rechtsträgerwechsel begründe.
Auch im Hinblick auf die weiteren Vertragsteile, bei denen es um Tauschvorgänge mit Zuzahlungen und die Neubegründung von Wohnungseigentum ging, beanstandete der Bundesfinanzhof jeweils die unzureichende Feststellung der gemeinen Werte durch das Finanzgericht. Besonders im Vertragsteil E erkannte er, dass bei richtiger Anwendung des § 7 Absatz 1 GrEStG eine vollständige Steuerbefreiung hätte erfolgen müssen, da der Kläger vor und nach der Transaktion jeweils zu 60 Prozent beteiligt war.
Insgesamt hat der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
6. Für Unternehmer: Zur Reichweite der Buchwertübertragung eines Betriebs
Die unentgeltliche Übertragung von Gewerbebetrieben stellt im Einkommensteuerrecht ein komplexes Zusammenspiel zwischen verschiedenen steuerlichen Regelungen und tatsächlichen Gestaltungen dar. Besonders bei der Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs stellt sich die Frage, ob ein solcher Vorgang steuerneutral bleibt oder ob eine Besteuerung – etwa in Form einer Entnahme oder einer Betriebsaufgabe – ausgelöst wird.
Eine besondere Herausforderung ergibt sich dann, wenn ein Betrieb entweder unter dem Vorbehalt eines Nießbrauchs oder gegen Versorgungsleistungen übertragen wird. In diesem Zusammenhang hat das oberste Finanzgericht mit Urteil vom 8.8.2024 unter dem Aktenzeichen IV R 1/20 grundlegende Klarstellungen getroffen, die sowohl für Steuerpflichtige als auch für Berater von erheblicher Bedeutung sind.
Im zugrunde liegenden Fall hatte der Vater der Klägerin ein Hotelgrundstück samt drei weiterer Grundstücke im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seine Tochter und seinen Sohn übertragen. Die Übergabe erfolgte zunächst unter Vorbehalt eines Nießbrauchs, der jedoch wenig später durch eine monatlich zu zahlende Rente ersetzt wurde. Diese Vereinbarung wurde mit einer weiteren notariellen Urkunde fixiert. Die Klägerin und ihr Bruder führten die Verpachtung des Hotels in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts fort, wobei aus der Verpachtung weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt wurden. Später kam es zur Auseinandersetzung der Gesellschaft, in deren Zuge die Klägerin ihren Miteigentumsanteil am Hotel gegen Entgelt auf ihren Bruder übertrug. Das Finanzamt stellte für die Klägerin einen Veräußerungsgewinn fest, wogegen diese sich mit dem Argument wehrte, es habe sich nicht um eine Betriebsveräußerung, sondern lediglich um ein steuerfreies privates Veräußerungsgeschäft gehandelt, da aufgrund des Vorbehaltsnießbrauchs keine fortgeführte gewerbliche Tätigkeit mehr vorgelegen habe.
Die Klägerin berief sich auf die Rechtsprechung der obersten Finanzrichter, wonach bei der Übertragung eines Betriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs keine unentgeltliche Betriebsübertragung im Sinne des § 7 Absatz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) – heute § 6 Absatz 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) – vorliegt. Dies begründe sich darin, dass der Übertragende bei Nießbrauchsvorbehalt weiterhin die gewerbliche Tätigkeit in Form der Verpachtung ausübe und daher keine Betriebsaufgabe stattfinde. Vielmehr komme es zu einer Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter, die zu versteuern sei, der Betrieb selbst werde fortgeführt. Diese Auffassung hatte der Bundesfinanzhof bereits in seinem Urteil vom 25.1.2017 unter dem Aktenzeichen X R 59/14 vertreten.
Das Finanzgericht Bremen hingegen hatte mit Urteil vom 5.12.2018 unter dem Aktenzeichen 1 K 93/18 (5) die Klage abgewiesen und einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn angenommen. Es stellte darauf ab, dass die Klägerin nach dem Gesellschaftsaustritt ihren Anteil am Hotel gegen Entgelt übertragen habe, wodurch die Gesellschaft beendet worden sei. Da bereits der Vater bis zu seinem Tod gewerbliche Einkünfte erzielt und keine Betriebsaufgabe erklärt hatte, sei auch auf Seiten der Gesellschaft von einem fortgeführten gewerblichen Verpachtungsbetrieb auszugehen. Die fortgeführten Buchwerte des Vaters seien bei der GbR anzusetzen, unabhängig davon, ob seinerzeit eine Betriebsaufgabe zu Unrecht nicht angenommen wurde. Auch die Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben könne eine andere steuerliche Behandlung nicht rechtfertigen.
Der Bundesfinanzhof hob die Entscheidung des Finanzgerichts jedoch auf und verwies die Sache zurück. Die obersten Finanzrichter stellten klar, dass es für die steuerliche Beurteilung der Übertragung wesentlich darauf ankomme, ob tatsächlich ein Verzicht auf den Nießbrauch erfolgt sei und die Übertragung unter Versorgungsleistungen stattgefunden habe. Die Kombination aus den Verträgen sei als einheitliches Vertragswerk zu werten, das nicht eine Übertragung unter Vorbehalt des Nießbrauchs, sondern gegen Versorgungsleistungen begründet habe. Damit komme grundsätzlich eine Anwendung des § 7 Absatz 1 der EStDV in Betracht, womit die Buchwerte steuerneutral fortgeführt werden könnten.
Allerdings sei dies nur dann gerechtfertigt, wenn alle Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen vorliegen – insbesondere müsse die Vereinbarung klar und eindeutig sein sowie tatsächlich durchgeführt worden sein. Ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt waren, konnte der Bundesfinanzhof mangels hinreichender Feststellungen des Finanzgerichts nicht beurteilen. Deshalb sei die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht zurückzuverweisen.
Der Bundesfinanzhof betonte zudem, dass bei einer Übertragung unter Vorbehalt des Nießbrauchs – also ohne vollständige Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit – keine steuerneutrale Betriebsübertragung erfolgen kann. Vielmehr kommt es zur Entnahme der übergebenen Wirtschaftsgüter, die zum Teilwert zu versteuern sind. Der Betrieb wird vom Übertragenden in reduziertem Umfang fortgeführt. Erst mit Wegfall des Nießbrauchs, etwa durch Tod, kann ein Übergang im Sinne des § 7 Absatz 1 der EStDV auf den Erwerber stattfinden, wobei die Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert in das Betriebsvermögen eingehen.
Die Entscheidung verdeutlicht die steuerlichen Fallstricke bei unentgeltlichen Betriebsübertragungen und hebt hervor, wie entscheidend die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung solcher Vorgänge ist. Nur wenn alle Tatbestandsmerkmale – insbesondere die Aufgabe der Tätigkeit durch den Übertragenden – erfüllt sind, kann eine steuerneutrale Übertragung mit Buchwertfortführung erfolgen.
7. Für Arbeitnehmer: Vorteilsminderung bei der 1%-Regelung
Die Besteuerung der privaten Nutzung eines vom Arbeitgeber überlassenen Fahrzeugs nach der sogenannten 1%-Regelung führt regelmäßig zu rechtlichen Auseinandersetzungen, wenn Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dieser Nutzung eigene Kosten tragen. Dabei stellt sich die zentrale steuerliche Frage, ob und unter welchen Bedingungen diese selbst getragenen Aufwendungen den zu versteuernden geldwerten Vorteil mindern können.
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 18.6.2024 unter dem Aktenzeichen VIII R 32/20 klargestellt, inwieweit solche Aufwendungen steuermindernd berücksichtigt werden dürfen und wie Prozesszinsen einkommensteuerlich einzuordnen sind.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger erzielte im Jahr 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, selbständiger Tätigkeit sowie aus Kapitalvermögen. In seiner Einkommensteuererklärung machte er unter anderem geltend, dass der geldwerte Vorteil aus der privaten Nutzung eines ihm überlassenen Dienstwagens – der nach der 1%-Regelung ermittelt wurde – durch von ihm selbst getragene Maut-, Fähr-, Park- und Benzinkosten sowie die Absetzung für Abnutzung eines privaten Fahrradträgers gemindert werden müsse.
Das Finanzamt lehnte die Minderung des geldwerten Vorteils ab und erkannte lediglich den Arbeitnehmer-Pauschbetrag an. Nach teilweiser Abhilfe im Einspruchsverfahren – insbesondere durch Berücksichtigung der Benzinkosten – blieb die Klage des Steuerpflichtigen vor dem Finanzgericht erfolglos. Die anschließende Revision beim obersten Finanzgericht wurde ebenfalls zurückgewiesen.
Die obersten Finanzrichter entschieden, dass nur solche Aufwendungen den geldwerten Vorteil aus der Dienstwagennutzung mindern, die bei einer hypothetischen Kostentragung durch den Arbeitgeber Bestandteil des Vorteils und damit von der Pauschalbesteuerung durch die 1%-Regelung erfasst wären. Dies ist bei den streitigen Maut-, Fähr- und Parkkosten sowie der Absetzung für den Fahrradträger nicht der Fall. Solche Ausgaben seien vielmehr als gesonderte geldwerte Vorteile zu qualifizieren, wenn sie vom Arbeitgeber übernommen würden. Folglich können sie bei Eigenleistung durch den Arbeitnehmer auch nicht den steuerpflichtigen Vorteil mindern. Der Bundesfinanzhof bezieht sich dabei unter anderem auf die frühere Entscheidung vom 14.9.2005 unter dem Aktenzeichen VI R 37/03.
Mit dieser Entscheidung haben die Richter des Bundesfinanzhofs einmal mehr die Systematik der 1%-Regelung bestätigt. Nur solche Kosten, die Bestandteil des pauschal versteuerten Nutzungsvorteils wären, wenn sie vom Arbeitgeber getragen würden, dürfen diesen auch mindern.
8. Für Kommanditisten: Verlustausgleichsvolumen durch Einlagen
Die steuerliche Verlustverrechnung von Kommanditisten stellt in der Praxis eine komplexe Herausforderung dar. Besonders relevant ist dabei die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Kommanditist Verluste seiner Beteiligung steuerlich nutzen kann.
Gemäß § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist ein Verlustausgleich nur in begrenztem Umfang möglich, insbesondere wenn das Kapitalkonto des Kommanditisten negativ wird oder sich erhöht. Die zentrale steuerliche Problematik liegt darin, wie mit Einlagen umzugehen ist, die im Jahr der Verlustentstehung geleistet werden, obwohl in Vorjahren sogenannte Mehrentnahmen erfolgt sind. Strittig ist dabei insbesondere, ob solche Einlagen durch einen außerbilanziellen Korrekturposten zu mindern sind, wenn ihnen frühere Entnahmen vorausgingen, die nicht zu einer Gewinnhinzurechnung führten.
Im nun entschiedenen Fall war der Kläger zunächst alleiniger Kommanditist einer GmbH & Co. KG. In den Jahren 2014 und 2015 hatte er Entnahmen getätigt, die seine Einlagen überstiegen. Da für diese Zeiträume jedoch keine ausgleichsfähigen Verluste festgestellt worden waren, unterblieb eine Gewinnhinzurechnung nach § 15a Absatz 3 Satz 2 EStG. Im Streitjahr 2016 leistete der Kläger Einlagen in Höhe von 139.354 Euro. Das Finanzamt wertete davon 35.087,31 Euro als »Rückführung von Mehrentnahmen« und zog diesen Betrag von den Einlagen ab, wodurch sich der verrechenbare Verlust des Klägers verminderte. Der Kläger wandte sich dagegen, da er in der Berücksichtigung dieses Korrekturpostens keine gesetzliche Grundlage sah.
Das Finanzgericht Münster folgte in seinem Urteil vom 13.4.2022 unter dem Aktenzeichen 13 K 141/20 F der Argumentation des Klägers teilweise und erklärte die Kürzung der Einlagen um den Korrekturposten »Rückführung Mehrentnahmen« für rechtswidrig. Es stellte klar, dass eine solche Korrektur gesetzlich nicht vorgesehen sei. Gegen dieses Urteil legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein.
Die obersten Finanzrichter wiesen mit Urteil vom 10.10.2024 unter dem Aktenzeichen IV R 10/22 die Revision des Finanzamts zurück. Nach ihrer Auffassung sind Einlagen, die im Jahr der Verlustentstehung geleistet werden, vollständig zu berücksichtigen – unabhängig davon, ob ihnen frühere Mehrentnahmen vorausgegangen sind. Maßgeblich ist nach § 15a Absatz 1 EStG der stichtagsbezogene Kapitalkontenvergleich. Dieser bezieht sich allein auf die Entwicklung des Kapitalkontos vom Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres bis zum Ende des Streitjahres. Frühere Entnahmen bleiben dabei unberücksichtigt, wenn sie nicht bereits durch ausgleichsfähige Verluste kompensiert wurden.
Die Finanzrichter betonten, dass es keine gesetzliche Grundlage für die von der Finanzverwaltung praktizierte Bildung eines negativen außerbilanziellen Korrekturpostens gibt. Eine teleologische Reduktion des Einlagebegriffs sei ebenfalls nicht zulässig, da der Gesetzgeber bewusst ein einfaches, stichtagsbezogenes System gewählt habe. Auch aus § 15a Absatz 3 EStG lasse sich eine solche Korrektur nicht ableiten, da diese Norm lediglich die Rückgängigmachung eines bereits erfolgten Verlustausgleichs bei späteren Einlageminderungen regele und gerade nicht die Rückführung früherer Mehrentnahmen erfasse.
Das oberste Finanzgericht stellte zudem klar, dass auch eine analoge Anwendung früherer Rechtsprechung zur Bildung eines positiven Korrekturpostens für Einlagen, wie sie vor Einführung des § 15a Absatz 1a EStG anerkannt war, nicht mehr zulässig ist. Seit der gesetzlichen Neuregelung durch das Jahressteuergesetz 2009 sei eine Durchbrechung des Stichtagsprinzips ausgeschlossen.
Auch den von der Finanzverwaltung ins Feld geführten Missbrauchsverdacht wies der Bundesfinanzhof zurück. Es gebe keine Hinweise darauf, dass der Kläger durch zeitlich abgestimmte Entnahmen und Einlagen eine steuerlich unangemessene Gestaltung vorgenommen habe. Eine Anwendung des § 42 Abgabenordnung (AO) zur Verhinderung von Steuerumgehungen scheide damit aus.
Insgesamt stellt die Entscheidung klar, dass Einlagen im Jahr der Verlustentstehung bei der Berechnung des verrechenbaren Verlustes vollständig anzurechnen sind, selbst wenn ihnen frühere Mehrentnahmen vorausgingen, die nicht zu einer Gewinnzurechnung geführt haben. Steuerliche Besonderheiten wie die stichtagsbezogene Betrachtung und das Prinzip der wirtschaftlichen Belastung wurden dabei konsequent ausgelegt. Eine abweichende Behandlung bedarf einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, an der es zumindest bisher fehlt.
9. Für GmbH-Gesellschafter: Entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen
Die steuerliche Behandlung der Ablösung eines Nießbrauchsrechts an GmbH-Anteilen wirft in der Praxis regelmäßig Fragen auf, insbesondere wenn die ursprüngliche Übertragung im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge erfolgte. Im Zentrum steht dabei die Klärung, ob und in welcher Form die Ablösesumme, die für die Aufgabe eines Nießbrauchs gezahlt wird, steuerlich als Einkommen zu erfassen ist oder ob es sich hierbei um eine nicht steuerbare Umschichtung auf der privaten Vermögensebene handelt. Entscheidend ist unter anderem, ob dem Nießbrauchsberechtigten das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Anteilen zuzurechnen ist. Genau diese Problematik hatte der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 20.9.2024 unter dem Aktenzeichen IX R 5/24 zu beurteilen.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin im Jahr 2012 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihre GmbH-Anteile unentgeltlich auf ihren Sohn übertragen und sich dabei ein Nießbrauchsrecht, insbesondere am Gewinnbezugsrecht, vorbehalten. Sechs Jahre später, im Jahr 2018, wurde der Nießbrauch im Rahmen der Veräußerung der GmbH-Anteile durch den Sohn gegen Zahlung eines Ablösebetrags an die Klägerin aufgehoben. Das Finanzamt behandelte diesen Ablösebetrag als einkommensteuerpflichtige Einnahme der Klägerin im Sinne von § 17 in Verbindung mit § 24 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Klägerin hingegen argumentierte, es handele sich um eine nicht steuerbare Umschichtung innerhalb ihres Privatvermögens, da sie im Zeitpunkt der Zahlung nicht mehr wirtschaftliche Eigentümerin der Anteile gewesen sei.
Das Finanzgericht Nürnberg bestätigte zunächst die Sichtweise des Finanzamts nur teilweise. Es erkannte die wirtschaftliche Eigentümerstellung des Sohnes bereits im Jahr 2012 an, was eine Besteuerung nach § 17 EStG ausschloss. Es ordnete den Ablösebetrag jedoch als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 24 Nummer 1 Buchstabe a EStG ein. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Revision.
Die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs entschieden zugunsten der Klägerin. Sie hoben das Urteil des Finanzgerichts auf und gaben der Klage statt. Maßgeblich war die Feststellung des Finanzgerichts, dass bereits im Jahr 2012 mit der zivilrechtlichen Übertragung auch das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Anteilen auf den Sohn übergegangen ist. Daraus folgt, dass der Klägerin ab diesem Zeitpunkt keine steuerlich relevanten Einkünfte aus den Anteilen mehr zuzurechnen waren. Insbesondere stellte der Bundesfinanzhof klar, dass eine Entschädigung nach § 24 Nummer 1 Buchstabe a EStG nur dann steuerbar ist, wenn sie Einnahmen ersetzt, die selbst steuerbar gewesen wären. Da der Klägerin jedoch keine Einkünfte mehr aus der Beteiligung zugestanden haben, ist auch der Ablösebetrag nicht steuerbar.
Die Beurteilung, wem das wirtschaftliche Eigentum an einem GmbH-Anteil zusteht, ist eine tatrichterliche Feststellung, die für das Revisionsgericht gemäß § 118 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) grundsätzlich bindend ist. Das wirtschaftliche Eigentum geht über, wenn der Erwerber die wesentlichen Rechte und Pflichten aus der Beteiligung trägt, etwa das Gewinnbezugsrecht, das Stimmrecht sowie das Risiko und die Chance der Wertveränderung. Ein bloßer Nießbrauch, der dem Berechtigten lediglich das Gewinnbezugsrecht einräumt, genügt nicht, wenn diesem nicht zugleich entscheidender Einfluss auf die Gesellschaft eingeräumt wird, etwa über Stimmrechte.
Auch § 20 Absatz 5 Satz 3 EStG rechtfertigt keine andere Betrachtung. Diese Vorschrift stellt lediglich klar, dass ein Nießbrauchsberechtigter als Anteilseigner gilt, wenn ihm die Einkünfte steuerlich zuzurechnen sind. Eine eigenständige Zurechnung begründet sie jedoch nicht. In der vorliegenden Konstellation bestand kein wirtschaftliches Eigentum der Klägerin mehr, sodass auch § 24 Nummer 2 EStG für eine etwaige Besteuerung ausscheidet, da hierfür eine frühere Verwirklichung eines steuerpflichtigen Vorgangs erforderlich gewesen wäre.
Schließlich stellt der Bundesfinanzhof unmissverständlich klar, dass der Ablösebetrag für den Verzicht auf den Nießbrauch kein steuerbarer Vorgang ist, sondern eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung darstellt. Die Einkommensteuer 2018 ist daher ohne Berücksichtigung dieser Zahlung zu berechnen.
Hinweis: Die in diesem Mandantenbrief enthaltenen Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst worden. Sie dienen nur der allgemeinen Information und ersetzen keine qualifizierte Beratung in konkreten Fällen. Eine Haftung für den Inhalt dieses Informationsschreibens kann daher nicht übernommen werden.
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