Steuertermine
10.06. Umsatzsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 13.06. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
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Vorschau auf die Steuertermine Juli 2025:
10.07. Umsatzsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 14.07. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
31.07.2025: Abgabe Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung | |
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Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge Juni 2025
Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für Juni ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 26.6.2025.
Inhalt:
- Für alle Steuerpflichtigen: Zur Ermessensausübung bei Festsetzung eines Verspätungszuschlags
- Für alle Steuerpflichtigen: Verluste aus Kapitalvermögen durch vermeintliche Vermietung von (See-)Containern
- Für alle Steuerpflichtgen: Begünstigungstransfer bei der Erbschaftsteuer
- Für alle Steuerpflichtigen: Ärztlich verordnete Nahrungsergänzungsmittel bei Krebserkrankung
- Für alle Steuerpflichtige: Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen
- Für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer: Zum Zufluss nicht ausgezahlter Tantiemen
- Für Immobilieninvestoren: Grunderwerbsteuer beim Treuhänder
- Für (ehemalige) Unternehmer: Nachträgliche Betriebsausgaben trotz unentgeltlicher Betriebsübertragung
- Für Verwandte: Grundstücksveräußerung zwischen einander nahestehenden Personen und mehrfache Berücksichtigung bei der Grunderwerbsteuer und der Schenkungsteuer
1. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Ermessensausübung bei Festsetzung eines Verspätungszuschlags
Die verspätete Abgabe von Steuererklärungen kann finanzielle Konsequenzen haben, insbesondere in Form eines Verspätungszuschlags. Die Festsetzung dieses Zuschlags unterliegt jedoch bestimmten rechtlichen Vorgaben, die eine ermessensgerechte Entscheidung der Finanzbehörde erfordern. Zu klären war in diesem Zusammenhang, was alles in das Ermessen einfließen muss.
Dabei sind nämlich nicht nur die Dauer der Verspätung und das Verschulden des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, sondern auch die wirtschaftlichen Folgen der Steuerfestsetzung. Gerade dies übersieht jedoch die Finanzverwaltung schon mal.
Im vorliegenden Fall hatte das Finanzgericht Münster am 14.6.2024 unter dem Aktenzeichen 4 K 2351/23 über die Rechtmäßigkeit eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2020 zu entscheiden. Der Streitfall betraf einen Steuerpflichtigen, der seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 verspätet eingereicht hatte. Der Steuerpflichtige war im Jahr 2020 nichtselbständig tätig und hatte aufgrund zweier Arbeitsverhältnisse Lohnsteuer nach den Steuerklassen I und VI entrichtet. Die Steuererklärung wurde erst am 29.3.2023 abgegeben, obwohl die Abgabefrist am 31.8.2022 endete. Das Finanzamt setzte daraufhin einen Verspätungszuschlag in Höhe von 175 Euro fest. Dabei berief sich die Behörde darauf, dass die verspätete Abgabe nicht entschuldbar sei. Der Steuerpflichtige argumentierte, dass seine steuerliche Beraterin aufgrund von Arbeitsüberlastung die Erklärung nicht fristgerecht einreichen konnte. Zudem hätte sich aus der Steuerveranlagung eine Steuererstattung ergeben, weshalb ein Verspätungszuschlag unverhältnismäßig sei.
Das Finanzgericht Münster gab der Klage des Steuerpflichtigen statt und hob den Bescheid über die Festsetzung des Verspätungszuschlags ersatzlos auf. Die erstinstanzlichen Richter stellten fest, dass das Finanzamt sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt hatte. Gemäß § 152 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden, wenn eine Steuererklärung verspätet abgegeben wird. Dabei ist jedoch von der Festsetzung abzusehen, wenn die Verspätung glaubhaft entschuldbar ist. Das Finanzgericht stellte insoweit insgesamt klar, dass die Behörde in Erstattungsfällen besonders prüfen muss, ob ein Verspätungszuschlag sachgerecht ist. Der Gesetzgeber hat in § 152 Abs. 3 Nr. 3 AO eine Differenzierung zwischen Nachzahlungs- und Erstattungsfällen vorgenommen, weshalb in letzteren eine besonders sorgfältige Ermessensprüfung erforderlich ist.
Das Finanzgericht bemängelte, dass das Finanzamt bei seiner Entscheidung allein auf die Verspätung und das Verschulden des Steuerpflichtigen abgestellt hatte, ohne die wirtschaftlichen Auswirkungen der Steuerveranlagung zu berücksichtigen. Es hätte geprüft werden müssen, ob durch die verspätete Abgabe eine Verzögerung im Veranlagungsverfahren entstanden ist und ob sich aus der Veranlagung eine Steuererstattung oder eine Nachzahlung ergeben hat. Zudem hätte das Finanzamt berücksichtigen müssen, dass sich die Steuerfestsetzung zu Gunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat. Damit lag ein Ermessensfehler vor, da die Entscheidung nicht auf einer umfassenden Abwägung der relevanten Gesichtspunkte basierte.
Das Finanzgericht Münster folgte der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach die Finanzbehörden nicht nur ein Kriterium heranziehen dürfen, sondern alle maßgeblichen Aspekte in ihre Entscheidung einfließen lassen müssen. Die Behörde hätte die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitungen, den wirtschaftlichen Vorteil durch eine mögliche Steuererstattung und die Bedeutung der Verzögerung für das Veranlagungsverfahren in ihre Erwägungen einbeziehen müssen. Da dies nicht erfolgt ist, war die Festsetzung des Verspätungszuschlags ermessensfehlerhaft und somit rechtswidrig.
Die Entscheidung unterstreicht erfreulicherweise, dass die Finanzbehörden bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags auch nach der Neuregelung des § 152 AO eine umfassende Ermessensprüfung vornehmen müssen. Insbesondere in Erstattungsfällen ist eine differenzierte Betrachtung absolut notwendig, um den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren. Betroffene sollten gerade in Erstattungsfällen das Finanzamt auf diese Entscheidung hinweisen und gegen den Verspätungszuschlag vorgehen.
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da noch nicht abschließend geklärt ist, welche Ermessenskriterien bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags nach neuer Rechtslage zu berücksichtigen sind. Bisher ist jedoch nicht ersichtlich, dass das Finanzamt die Revision auch tatsächlich eingelegt hat.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Verluste aus Kapitalvermögen durch vermeintliche Vermietung von (See-)Containern
Investitionen in Container-Leasing-Modelle werden/ wurden steuerlich oft als attraktive Anlagemöglichkeit betrachtet. Der Fiskus stellt sich dabei jedoch die Frage, ob die daraus erzielten Einkünfte als Kapitalerträge oder als Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit zu behandeln sind. Besonders problematisch ist dabei die Abgrenzung zwischen einer privaten Vermögensverwaltung und einer unternehmerischen Tätigkeit.
In dem vorliegenden Fall entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg am 28.11.2023 unter dem Aktenzeichen 8 K 2173/21 über die steuerliche Behandlung von Verlusten aus Kauf- und Verwaltungsverträgen über Seecontainer. Der Kläger hatte mit Gesellschaften der P&R-Gruppe Verträge abgeschlossen, in denen er Container erwarb und zugleich deren Verwaltung an die P&R-Gesellschaften übertrug. In diesen Verträgen war vorgesehen, dass die Container vermietet werden und nach Ablauf einer bestimmten Zeit ein Rückkauf durch die P&R-Gesellschaften erfolgen könne. Der Kläger betrachtete seine Tätigkeit als unternehmerische Betätigung und begehrte den Abzug seiner Verluste als gewerbliche Einkünfte. Das Finanzamt hingegen erkannte lediglich Einkünfte aus Kapitalvermögen an und wies den Antrag auf Verlustberücksichtigung ab.
Das Gericht entschied, dass der Kläger kein wirtschaftliches oder zivilrechtliches Eigentum an den Containern erworben hatte, da diese nicht hinreichend individualisiert waren. Damit konnte er keine Vermietungseinkünfte erzielen, sondern lediglich eine Kapitalüberlassung vornehmen. Entscheidend war, dass die Container in den Verträgen nur ihrer Art nach bezeichnet waren, ohne dass eine konkrete Zuordnung zu den vom Kläger angeblich erworbenen Einheiten erfolgte. Auch die Tatsache, dass der Kläger keine Eigentumszertifikate angefordert hatte, sprach gegen ein Eigentum an den Containern. Folglich hatte er den P&R-Gesellschaften wirtschaftlich betrachtet Kapital zur Nutzung überlassen und erzielte damit Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz.
Das Gericht stellte weiterhin fest, dass der Kläger keine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt hatte, da er über die Unterzeichnung der Verträge hinaus keine weiteren Tätigkeiten entfaltete. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stellt eine nachhaltige Vermietungstätigkeit nur dann eine gewerbliche Betätigung dar, wenn die Verklammerung von Erwerb, Vermietung und Veräußerung der Wirtschaftsgüter in einem einheitlichen Geschäftskonzept erfolgt. Dies war hier nicht der Fall. Der Kläger war lediglich als Investor tätig und trat nicht aktiv am Markt auf. Auch eine planmäßige Veräußerung der Container war nicht ersichtlich, sodass eine gewerbliche Tätigkeit ausgeschlossen wurde.
Ein steuerlich anzuerkennender Verlust aus dem Ausfall der Kapitalforderung konnte im Streitjahr ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist ein solcher Verlust erst dann anzusetzen, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden. Zum Zeitpunkt des Urteils war jedoch eine Insolvenzquote von etwa 33% absehbar, sodass noch mit Rückzahlungen gerechnet werden konnte. Ein steuerlich wirksamer Verlust lag damit noch nicht vor.
Das Urteil zeigt dabei über den abgeurteilten Fall hinaus, dass der bloße Abschluss von Kauf- und Verwaltungsverträgen ohne tatsächliche unternehmerische Betätigung nicht ausreicht, um eine gewerbliche Tätigkeit zu begründen. Die steuerliche Behandlung solcher Investments hängt maßgeblich von der wirtschaftlichen Realität ab.
3. Für alle Steuerpflichtgen: Begünstigungstransfer bei der Erbschaftsteuer
Bei der Erbschaftsteuer spielt die steuerliche Begünstigung bestimmter Vermögenswerte eine zentrale Rolle, insbesondere wenn es um Betriebsvermögen, vermieteten Wohnraum oder das selbstgenutzte Familienheim geht.
Diese Vergünstigungen können unter bestimmten Voraussetzungen auch auf Miterben übertragen werden. Fraglich ist jedoch, ob und in welchem Zeitraum nach dem Erbfall eine solche Übertragung erfolgen muss, damit die steuerlichen Vorteile erhalten bleiben. Genau mit dieser Frage hatte sich der Bundesfinanzhof am 15.5.2024 unter dem Aktenzeichen II R 12/21 zu befassen.
Im vorliegenden Fall verstarben die Eltern des Klägers im Dezember 2015 kurz nacheinander. Der Kläger und sein Bruder beerbten sowohl die Mutter als auch den Vater zu gleichen Teilen. Zum Nachlass der Mutter gehörten Grundstücke, während der Nachlass des Vaters neben weiteren Grundstücken auch eine 20-prozentige Kommanditbeteiligung an einer gewerblich tätigen GmbH & Co. KG sowie eine gleich hohe Beteiligung an deren Komplementärgesellschaft, einer GmbH, umfasste. Die restlichen 80 Prozent der Gesellschaftsanteile hielt bereits der Kläger.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 2.3.2018 die Erbschaftsteuer für den Erwerb nach dem Vater auf 30.668 Euro fest. Dabei gewährte es für den KG-Anteil die steuerliche Begünstigung nach § 13a Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG), teilweise auch für einige Grundstücke gemäß § 13c ErbStG sowie für das vom Kläger selbst bewohnte Familienheim eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Erst mit notarieller Urkunde vom 19.2.2018 regelten der Kläger und sein Bruder die Erbauseinandersetzung. Im Rahmen dieser Teilung übertrug der Bruder seinen 10-prozentigen Anteil an der KG unentgeltlich auf den Kläger. Für die Übertragung der GmbH-Beteiligung zahlte der Kläger eine Abfindung an seinen Bruder. Ergebnis der Erbauseinandersetzung war, dass der Bruder ein Grundstück erhielt, während der Kläger sämtliche Gesellschaftsbeteiligungen sowie die verbleibenden Grundstücke übernahm.
Daraufhin beantragte der Kläger am 19.11.2019 eine Änderung des Erbschaftsteuerbescheids, um die steuerlichen Begünstigungen neu zuzuordnen. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass eine Erbauseinandersetzung steuerlich nur dann berücksichtigt werden könne, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolge. Eine derart lange Verzögerung von drei Jahren sei nicht akzeptabel. Auch der Umstand, dass beide Elternteile kurz hintereinander verstorben seien, stelle keinen ausreichenden Grund für die späte Auseinandersetzung dar.
Das Finanzgericht Düsseldorf gab der Klage des Erben statt und verpflichtete das Finanzamt zur Änderung des Bescheids. Es gewährte die steuerliche Begünstigung des Wohnraums in Höhe von 28.942 Euro, des Betriebsvermögens in Höhe von 312.256 Euro und des eigengenutzten Familienheims in Höhe von 41.935 Euro. Dagegen legte das Finanzamt Revision ein und verwies auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28.5.2019 unter dem Aktenzeichen II R 37/16, in dem die Sechs-Monats-Regel bekräftigt wurde. Zudem sei der Erwerb des Bruders nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG nicht begünstigt gewesen, weil er das Familienheim nicht zu eigenen Wohnzwecken nutzen wollte, sodass auch keine Begünstigung auf den Kläger übertragen werden könne.
Der Bundesfinanzhof wies die Revision jedoch als unbegründet zurück. Die Richter stellten klar, dass die steuerliche Begünstigung für das Betriebsvermögen, den Wohnraum und das Familienheim gemäß § 13a, § 13b, § 13c sowie § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG im Wege des sogenannten Begünstigungstransfers gewährt werden kann. Eine feste Frist für die Teilung des Nachlasses sieht das Gesetz nicht vor. Maßgeblich ist vielmehr, ob ein innerer Zusammenhang zwischen Erbfall und Erbauseinandersetzung besteht. Die Finanzverwaltung hatte in ihren Richtlinien eine Sechs-Monats-Frist als Voraussetzung für den steuerlichen Begünstigungstransfer aufgestellt. Dies sei jedoch nicht mit der gesetzlichen Regelung vereinbar. Entscheidend ist, ob die Auseinandersetzung auf einer neuen Willensbildung der Miterben beruht oder im Rahmen der ursprünglichen Erbteilung erfolgt.
Das Gericht stellte fest, dass die Miterben von Anfang an die Absicht hatten, das Betriebsvermögen sowie das Familienheim entsprechend zu verteilen. Die Verzögerung war durch die komplexen steuerlichen und bewertungsrechtlichen Fragen begründet, die zunächst geklärt werden mussten. Es gab keine Anzeichen dafür, dass der Nachlass willentlich ungeteilt belassen wurde. Daher sei die Übertragung im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt. Die steuerlichen Begünstigungen waren somit entsprechend zu gewähren.
Diese Entscheidung bestätigt, dass eine Erbauseinandersetzung auch über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus erfolgen kann, ohne dass die steuerlichen Vorteile verloren gehen. Entscheidend bleibt die Gesamtwürdigung der Umstände, insbesondere ob eine bewusste Verzögerung vorliegt oder ob sachliche Gründe für eine spätere Teilung bestehen. Damit setzt der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung fort und stellt klar, dass starre Fristen, wie es das Bundesfinanzministerium setzt, nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
4. Für alle Steuerpflichtigen: Ärztlich verordnete Nahrungsergänzungsmittel bei Krebserkrankung
Die steuerliche Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen ist ein immer wieder heiß diskutiertes Thema im Einkommensteuerrecht. Besonders umstritten ist die Frage, ob Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel, die zur Unterstützung einer medizinischen Behandlung eingenommen werden, steuerlich abzugsfähig sind.
Im vorliegenden Fall musste das Finanzgericht München unter dem Aktenzeichen 15 K 286/23 am 25.7.2024 darüber entscheiden, ob die Kosten für bestimmte Nahrungsergänzungsmittel, die ein an Krebs erkrankter Steuerpflichtiger auf ärztliche Verordnung hin einnahm, als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können.
Im Streitfall ging es um ein Ehepaar, das zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Der Kläger leidet seit 2015 an metastasierendem Prostatakrebs, der mit einer Hormontherapie nicht mehr heilbar ist. Nach Operation und Chemotherapie kämpft er mit schweren Nebenwirkungen. In den Jahren 2019 und 2020 machten die Kläger hohe Krankheitskosten steuerlich geltend, darunter Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel in Höhe von 9.871 Euro für 2019 und 10.847 Euro für 2020. Diese Präparate wurden ärztlich verordnet und sollten insbesondere Nebenwirkungen der Krebstherapie abmildern. Das zuständige Finanzamt erkannte zwar bestimmte Krankheitskosten an, verweigerte jedoch die steuerliche Berücksichtigung der Nahrungsergänzungsmittel mit der Begründung, dass es sich hierbei um nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung handele. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein, der erfolglos blieb, und erhoben schließlich Klage beim Finanzgericht.
Das Finanzgericht München wies die Klage jedoch ebenso ab. Es führte aus, dass außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) nur dann berücksichtigt werden können, wenn sie einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen und nicht zur allgemeinen Lebensführung gehören. Zwar sind Krankheitskosten grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, jedoch sind nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG Aufwendungen für Diätverpflegung – und damit auch für Nahrungsergänzungsmittel – vom Abzug ausgeschlossen. Auch wenn die Nahrungsergänzungsmittel ärztlich verordnet wurden und zur Unterstützung der Krebstherapie dienten, stellen sie nach Auffassung der Finanzrichter keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes dar. Vielmehr seien sie als Lebensmittel zu qualifizieren, die nicht originär dem Zweck der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen. Damit unterfallen sie dem steuerlichen Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG, wonach Kosten der privaten Lebensführung nicht steuerlich geltend gemacht werden können.
Das Gericht verwies zudem auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, insbesondere auf das Urteil vom 21.6.2007 unter dem Aktenzeichen III R 48/04, in dem bereits klargestellt wurde, dass auch medizinisch indizierte Sonderdiäten nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können. Demnach ist es steuerlich unerheblich, ob die spezielle Ernährung oder Nahrungsergänzung zur Therapie einer Krankheit notwendig ist. Entscheidend ist, dass sie in den Bereich der allgemeinen Lebensführung fällt und damit nicht unter die steuerlich abzugsfähigen Krankheitskosten subsumiert werden kann.
Das Finanzgericht sah auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Präparate ausnahmsweise als Arzneimittel zu werten seien. Eine amtliche Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte bestätigte, dass die in Rede stehenden Präparate nicht als Arzneimittel zugelassen sind. Eine Zulassungspflicht für Arzneimittel bestehe, um deren medizinische Wirksamkeit sicherzustellen. Nahrungsergänzungsmittel, auch wenn sie hochdosierte Vitamine oder Mineralstoffe enthalten, sind nach allgemeiner Verkehrsanschauung Lebensmittel und keine Medikamente.
Die Finanzrichter hielten fest, dass selbst in Fällen schwerer Erkrankungen kein steuerlicher Abzug für Nahrungsergänzungsmittel möglich ist. Das Abzugsverbot gilt auch dann, wenn die Präparate ärztlich empfohlen oder verordnet werden, da sie lediglich eine unterstützende Funktion haben, jedoch keine unmittelbare Heilbehandlung darstellen. Das Finanzgericht verwies in diesem Zusammenhang auf die gesetzgeberische Intention, durch das Abzugsverbot eine Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen sicherzustellen und eine steuerliche Berücksichtigung von Kosten der allgemeinen Lebensführung konsequent auszuschließen.
Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage ließ das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zu. Es betonte, dass bisher keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage vorliegt, ob bei einer Krebserkrankung die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 Einkommensteuergesetz ist.
Damit bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof in einem möglichen Revisionsverfahren eine abschließende Klärung herbeiführen wird. Unter dem Aktenzeichen VI R 23/24 werden sich nun noch die obersten Finanzrichter der Republik damit beschäftigen müssen. Auch wenn wir die Chancen auf ein positives Urteil eher gering einordnen, sollte Betroffene unter Verweis auf das anhängige Verfahren Einspruch gegen den eigenen Einkommensteuerbescheid einlegen.
5. Für alle Steuerpflichtige: Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen
Die steuerliche Berücksichtigung von Handwerkerleistungen im privaten Haushalt ist ein wichtiger Teil des Einkommensteuerrechts. Ziel der Regelung ist es, Anreize für legale Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen und Schwarzarbeit entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob eine Steuerermäßigung auch für Vorauszahlungen geltend gemacht werden kann, die noch vor der tatsächlichen Leistungserbringung erfolgen. Mit dieser Problematik befasste sich das Finanzgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 18.7.2024 unter dem Aktenzeichen 14 K 1966/23 E.
Im Streitfall ging es um ein Ehepaar, das zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird. Die Eheleute hatten verschiedene Handwerksarbeiten in ihrem Haus in Auftrag gegeben. Konkret sollten eine Öl-Brennwert-Heizungsanlage und eine Sanitäranlage installiert werden. Hierfür erhielten sie im Oktober 2022 von der beauftragten Firma zwei Angebote mit ausgewiesenen Lohnkosten. Noch bevor die Arbeiten begannen, zahlten sie am 19.12.2022 einen Betrag von insgesamt 5.242,35 Euro an das Unternehmen. Diese Zahlung erfolgte auf eigene Initiative des Klägers, der die Lohnkosten steuerlich geltend machen wollte. Eine Rechnung des Unternehmens lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Erst im Jahr 2023 wurden die Handwerkerleistungen tatsächlich erbracht, und es wurden reguläre Rechnungen ausgestellt. Die Eheleute machten die Vorauszahlungen in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 als Handwerkerleistungen nach § 35a Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend.
Das Finanzamt berücksichtigte die Vorauszahlungen jedoch nicht, da es an einer ordnungsgemäßen Rechnung für das Jahr 2022 mangelte und die Leistung erst im Folgejahr erbracht wurde. Gegen diese Entscheidung legten die Steuerpflichtigen Einspruch ein. Sie argumentierten, dass es für die Steuerermäßigung allein auf den Zahlungszeitpunkt ankomme. Zudem seien die Angebote des Handwerksbetriebs als Grundlage für die geleisteten Zahlungen anzusehen. Auch wäre es nicht unüblich, dass Anzahlungen auf Arbeitskosten erfolgen, selbst wenn die Arbeiten erst später ausgeführt werden.
Das Finanzgericht Düsseldorf wies die Klage der Steuerpflichtigen zurück. Es stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 35a Absatz 3 und 5 EStG nicht erfüllt sind. Zwar würden die geltend gemachten Aufwendungen grundsätzlich unter die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen fallen, jedoch fehlte eine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des § 35a Absatz 5 Satz 3 EStG. Eine Rechnung muss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die wesentlichen Grundlagen der steuerlich geförderten Leistungsbeziehung enthalten, insbesondere den Leistungserbringer, den Empfänger, die Art, den Zeitpunkt und den Inhalt der Leistung sowie die dafür geschuldeten Entgelte. Dies sei hier nicht gegeben, da die einzige vorhandene schriftliche Dokumentation eine vom Steuerpflichtigen selbst verfasste E-Mail gewesen sei, die keine Rechnung im steuerlichen Sinne darstellt. Das Gericht verwies hierzu auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 29.1.2009 unter dem Aktenzeichen VI R 28/08 sowie vom 20.4.2023 unter dem Aktenzeichen VI R 24/20.
Darüber hinaus stellte das Finanzgericht klar, dass für die Steuerermäßigung nicht nur der Zahlungszeitpunkt relevant ist, sondern auch, dass eine Handwerkerleistung tatsächlich erbracht wurde. Eine bloße Vorauszahlung, die nicht auf einer Rechnung oder einer Zahlungsanforderung des Handwerksbetriebs basiert, sondern einseitig durch den Steuerpflichtigen erfolgt, sei nicht berücksichtigungsfähig. Das Gericht argumentierte weiter, dass solche eigeninitiativen Vorauszahlungen dem Zweck des § 35a EStG widersprächen. Dieser ziele darauf ab, legal beschäftigte Handwerker für erbrachte Leistungen zu entlohnen und nicht auf eine vorgezogene steuerliche Berücksichtigung künftiger Arbeiten. Die gesetzgeberische Intention, Schwarzarbeit zu bekämpfen und eine steuerliche Förderung innerhalb festgelegter Grenzen zu gewähren, würde durch eine »eigenmächtige« Vorauszahlung ohne sachlichen Grund unterlaufen.
Das Urteil zeigt, dass bei der steuerlichen Geltendmachung von Handwerkerleistungen stets die gesetzlichen Voraussetzungen beachtet werden müssen. Eine frühzeitige Zahlung allein reicht nicht aus, um eine Steuerermäßigung zu erhalten. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Rechnung vorliegt und die Leistung tatsächlich erbracht wurde.
6. Für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer: Zum Zufluss nicht ausgezahlter Tantiemen
Die steuerliche Behandlung von Tantiemen ist quasi eine unendliche Geschichte im steuerlichen Streit mit der Finanzverwaltung und wirft bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern immer wieder komplexe Fragen auf. Besonders relevant ist für die Betroffenen die Frage, wann solche Tantiemen als zugeflossen gelten und somit der Einkommensteuer beim Gesellschafter unterliegen. Der Bundesfinanzhof hatte am 5.6.2024 unter dem Aktenzeichen VI R 20/22 einen Fall zu entscheiden, bei dem die steuerliche Einordnung von nicht ausgezahlten Tantiemen im Fokus stand.
Der Streitfall basiert dabei auf dem Hintergrund, dass der Kläger sowohl der alleinige Gesellschafter als auch der Geschäftsführer seiner GmbH war. Sein Anstellungsvertrag sah neben einem monatlichen Bruttogehalt eine erfolgsabhängige Tantieme in Höhe von 20 Prozent des Jahresgewinns vor, die spätestens einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses fällig wurde. In den hier maßgeblichen Streitjahren wurden die vereinbarten Tantiemen jedoch weder ausgezahlt noch in den Jahresabschlüssen der GmbH als Verbindlichkeit ausgewiesen. In seinen Einkommensteuererklärungen führte der Gesellschafter-Geschäftsführer die Tantiemen daher nicht als Einnahmen auf. Das zuständige Finanzamt sah dies anders und erhöhte im Rahmen einer Lohnsteuerprüfung den steuerpflichtigen Arbeitslohn des Klägers um die jeweiligen Tantiemebeträge. Es begründete dies damit, dass ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Tantiemen habe und diese daher bereits bei Fälligkeit als zugeflossen gelten.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Klage des Gesellschafters statt. Es entschied, dass nicht ausgezahlte Tantiemen auch einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zugeflossen sind, wenn die Gesellschaft keine entsprechenden Verbindlichkeiten in ihren Jahresabschlüssen passiviert hat. Die fehlende Berücksichtigung in der Bilanz führe dazu, dass die Tantiemen weder in den Streitjahren noch in späteren Zeiträumen das Einkommen der Gesellschaft minderten. Das Finanzamt legte daraufhin Revision ein, da es hierin einen Verstoß gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sah, welche bisher auch einen anderen Tenor hatte.
Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auch tatsächlich auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Die Richter erklärten, dass Tantiemen grundsätzlich zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören. Ihre Besteuerung setzt jedoch gemäß § 11 Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) voraus, dass sie dem Arbeitnehmer zugeflossen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs tritt der Zufluss von Einnahmen ein, wenn der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über diese Beträge erlangt hat. Dies ist bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern in der Regel bereits mit der Fälligkeit der Forderung der Fall, da sie aufgrund ihrer Stellung innerhalb der Gesellschaft die Auszahlung der Beträge selbst bestimmen können. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Forderung eindeutig, unbestritten und fällig ist sowie in den Jahresabschlüssen der Gesellschaft als Verbindlichkeit ausgewiesen wurde.
Im vorliegenden Fall waren die Tantiemeforderungen nicht in den Jahresabschlüssen der GmbH passiviert worden, was nach Ansicht der Richter entscheidend ist. Ohne eine entsprechende Berücksichtigung in der Bilanz lag keine Fälligkeit der Forderungen vor. Ein steuerpflichtiger Zufluss konnte daher nicht festgestellt werden. Das Gericht stellte außerdem klar, dass die unterlassene Passivierung einer Verbindlichkeit aufgrund fehlerhafter Buchführung keine Fälligkeit begründen kann. Mit anderen Worten und vor Allem gegen die Auffassung der Finanzverwaltung in den Schreiben des BMF vom 12.5.2024 entschied der Bundesfinanzhof folglich: Tantiemeforderungen, die in den festgestellten Jahresabschlüssen nicht ausgewiesen sind, fließen dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu, auch wenn eine dahingehende Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in den (festgestellten) Jahresabschlüssen hätte gebildet werden müssen.
Zusätzlich wies der Bundesfinanzhof auf eine weitere mögliche Konstellation hin: Sollte der Gesellschafter auf seine Tantiemeansprüche verzichtet haben, könnte dies als verdeckte Einlage in die Kapitalgesellschaft zu werten sein. Ein solcher Verzicht führt steuerlich ebenfalls zu einem Zufluss in Höhe des Forderungswertes, soweit die Forderung zum Zeitpunkt des Verzichts werthaltig war. Das Finanzgericht hatte hierzu jedoch keine ausreichenden Feststellungen getroffen.
Der Bundesfinanzhof forderte daher, dass im zweiten Rechtsgang geklärt wird, ob der Gesellschafter auf die Ansprüche verzichtet hat und ob dies gegebenenfalls als verdeckte Einlage anzusehen ist.
7. Für Immobilieninvestoren: Grunderwerbsteuer beim Treuhänder
Die Grunderwerbsteuer knüpft nicht nur an den direkten Erwerb von Grundstücken an, sondern auch an bestimmte gesellschaftsrechtliche Vorgänge, die dazu führen, dass sich die Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in einer Hand vereinen.
Eine besondere Problematik entsteht dabei, wenn Anteile an einer solchen Gesellschaft treuhänderisch gehalten werden. Der Bundesfinanzhof hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Vereinigung sämtlicher Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft in der Hand eines Treuhänders den grunderwerbsteuerlichen Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) erfüllt.
Im entschiedenen Fall hielt der Kläger 50% der Anteile an der X GmbH, während sein Bruder die übrigen 50% hielt. Die X GmbH war Eigentümerin eines Grundstücks. Zudem hielten der Kläger, sein Bruder und die X GmbH jeweils 33,33% der Anteile an der Y GmbH, die wiederum Eigentümerin mehrerer Grundstücke war. Der Kläger schloss am 3.8.2012 einen Treuhandvertrag mit einer dritten Person (D), wonach er treuhänderisch für D 10 % der Anteile an der X GmbH und 6,67 % der Anteile an der Y GmbH erwerben sollte. Am 10.8.2012 erwarb der Kläger dann mit einem notariell beurkundeten Vertrag sämtliche Geschäftsanteile seines Bruders an beiden Gesellschaften.
Das Finanzamt erließ daraufhin mehrere Feststellungsbescheide, mit denen es eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 des GrEStG feststellte. Der Kläger legte dagegen Einspruch ein und argumentierte, dass aufgrund des Treuhandverhältnisses ein Teil der Anteile nicht ihm, sondern dem Treugeber D zuzurechnen sei, sodass keine vollständige Anteilsvereinigung in seiner Hand vorliege. Das Finanzgericht Baden-Württemberg wies seine Klage ab.
Der Bundesfinanzhof entschied am 10.4.2024 unter dem Aktenzeichen II R 34/21, dass der Erwerb durch den Treuhänder sehr wohl zur Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 des GrEStG führt. Maßgeblich ist die zivilrechtliche Inhaberschaft der Anteile, nicht die wirtschaftliche Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO). Da der Kläger alle Anteile sowohl unmittelbar als auch mittelbar erwarb, sei der Tatbestand der Anteilsvereinigung erfüllt. Es spiele keine Rolle, dass er einen Teil der Anteile für Rechnung eines Treugebers halte. Damit bestätigten die obersten Finanzrichter, dass auch ein Treuhänder steuerlich als Erwerber angesehen wird, wenn er zivilrechtlich Inhaber der Anteile wird.
Das Gericht hob allerdings einige der erlassenen Feststellungsbescheide auf, da sie formelle Mängel aufwiesen, insbesondere hinsichtlich der Auflistung der betroffenen Grundstücke und des Steuerstichtags. Das Finanzamt hatte daraufhin am 18.10.2023 einen neuen, formal korrekten Feststellungsbescheid erlassen, der die grunderwerbsteuerlichen Konsequenzen der Anteilsvereinigung erneut feststellte. Der Bundesfinanzhof erklärte diesen neuen Bescheid für rechtmäßig und stellte klar, dass eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a der AO vorlag, sodass die Feststellungsfrist zum Zeitpunkt des Erlasses noch nicht abgelaufen war.
Mit dieser Entscheidung verdeutlichte das oberste Finanzgericht, dass es für die Grunderwerbsteuer auf die zivilrechtliche Rechtsstellung des Erwerbers ankommt. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise, die in anderen Steuerarten von Bedeutung sein kann, ist für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung nicht entscheidend.
8. Für (ehemalige) Unternehmer: Nachträgliche Betriebsausgaben trotz unentgeltlicher Betriebsübertragung
Bei der steuerlichen Behandlung nachträglicher Betriebsausgaben stellt sich die grundsätzliche Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Steuerpflichtiger nach der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs weiterhin Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen kann. Insbesondere geht es darum, ob solche Aufwendungen trotz der Betriebsübertragung steuerlich zu berücksichtigen sind oder ob sie durch den sogenannten formellen Bilanzenzusammenhang ausgeschlossen werden. Diese Problematik wurde nun aktuell durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6.5.2024 unter dem Aktenzeichen III R 7/22 entschieden.
Im konkreten Fall hatte eine Steuerpflichtige ein Maler- und Lackiererunternehmen von ihrem Vater übernommen und führte es von 2000 bis 2004. Anschließend übertrug sie den Betrieb mit sämtlichen Aktiva und Passiva unentgeltlich zurück an ihren Vater. Nach der Rückübertragung stellte sich heraus, dass sie während ihrer Betriebsführung Zahlungen an die Urlaubskasse nicht geleistet hatte. In mehreren arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde sie daraufhin zur Nachzahlung dieser Beiträge verurteilt. Da der Vater nach der Betriebsübertragung zwar zunächst Zahlungen leistete, diese jedoch später einstellte, übernahm die ehemalige Betriebsinhaberin die Zahlungen in den Jahren 2014 bis 2016 und machte diese als nachträgliche Betriebsausgaben geltend.
Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Verluste nicht an und argumentierte, dass die Steuerpflichtige bereits bei der Betriebsführung hätte Rückstellungen für die Verbindlichkeiten bilden müssen. Diese hätten den Gewinn gemindert, sodass eine spätere Berücksichtigung der Zahlungen als nachträgliche Betriebsausgaben nicht mehr möglich sei. Das Finanzgericht Thüringen folgte dieser Argumentation und wies die Klage der Steuerpflichtigen ab.
Der Bundesfinanzhof hob dieses Urteil jedoch wieder auf und entschied erfreulicherweise zugunsten der Steuerpflichtigen. Die obersten Finanzrichter stellten nämlich zunächst klar, dass die Übertragung des Betriebs an den Vater unentgeltlich im Sinne des § 6 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) erfolgt ist, da keine Gegenleistung vereinbart wurde. Die Steuerpflichtige hatte ihren Betrieb somit nicht verkauft oder aufgegeben, sondern lediglich auf eine andere Person übertragen, die diesen weiterführte.
Entscheidend für die steuerliche Beurteilung war die Frage, ob die Steuerpflichtige nach der unentgeltlichen Übertragung noch nachträgliche Betriebsausgaben abziehen konnte. Der Bundesfinanzhof bejahte dies und begründete seine Entscheidung damit, dass die Steuerpflichtige auch nach der Betriebsübertragung rechtlich Schuldnerin der Verbindlichkeiten gegenüber der Urlaubskasse geblieben sei.
Zudem gilt: Die fehlende Passivierung der Verbindlichkeiten in der Bilanz zum Zeitpunkt der Betriebsübertragung führt nicht dazu, dass spätere Zahlungen steuerlich nicht berücksichtigt werden könnten. Wäre dies anders, würde eine betriebliche Schuld steuerlich nicht mehr verwertet werden können, was dem objektiven Nettoprinzip deutlich widerspricht.
Der Bundesfinanzhof betonte in der vorliegenden Entscheidung, dass auch nach einer unentgeltlichen Betriebsübertragung nachträgliche Betriebsausgaben geltend gemacht werden können, sofern der ehemalige Betriebsinhaber weiterhin für betriebliche Verbindlichkeiten aufkommt. Es sei zu unterscheiden zwischen der Verpflichtung des Übernehmers, den Übergeber intern freizustellen, und der originären Verbindlichkeit des Übergebers gegenüber dem Gläubiger. Da Letztere weiterhin bestand, konnten die Zahlungen als nachträgliche Betriebsausgaben angesetzt werden.
9. Für Verwandte: Grundstücksveräußerung zwischen einander nahestehenden Personen und mehrfache Berücksichtigung bei der Grunderwerbsteuer und der Schenkungsteuer
Grundstücksverkäufe zwischen nahestehenden Personen können steuerlich komplexe Fragestellungen aufwerfen, insbesondere wenn der Kaufpreis erheblich vom tatsächlichen Wert des Grundstücks abweicht. Dies betrifft sowohl die Grunderwerbsteuer als auch die Schenkungsteuer, denn ein überhöhter Kaufpreis kann als freigebige Zuwendung gewertet werden.
In einem aktuellen Fall entschied das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern am 19.9.2023 unter dem Aktenzeichen 1 K 233/22 über die Frage, ob ein Grunderwerbsteuerbescheid zu ändern ist, wenn ein bestandskräftiger Schenkungsteuerbescheid ergangen ist, der einen Teil des Kaufpreises als Schenkung qualifiziert.
Im Streitfall hatte der Kläger, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, im Jahr 2011 ein bebautes Grundstück von dem Lebensgefährten der alleinigen Gesellschafterin erworben. Der Kaufpreis betrug laut notariellem Vertrag 1.100.000 Euro. Das Finanzamt setzte daraufhin Grunderwerbsteuer in Höhe von 38.500 Euro fest. Jahre später stellte sich jedoch heraus, dass der tatsächliche Wert des Grundstücks lediglich 480.000 Euro betrug. Das Finanzamt für Schenkungsteuer bewertete den Differenzbetrag als freigebige Zuwendung und setzte gegen den Verkäufer Schenkungsteuer fest. Der Kläger argumentierte daraufhin, dass die Grunderwerbsteuer nur auf die tatsächliche Gegenleistung von 480.000 Euro erhoben werden dürfe und der ursprüngliche Grunderwerbsteuerbescheid daher zu ändern sei.
Das Finanzamt lehnte den Änderungsantrag ab und verwies darauf, dass die Grunderwerbsteuer nach dem vertraglich vereinbarten Kaufpreis zu bemessen sei. Eine Reduzierung sei nur möglich, wenn ein Teil des Kaufpreises tatsächlich zurückerstattet worden wäre, was hier nicht der Fall war. Zudem liege kein Fall widerstreitender Steuerfestsetzungen im Sinne des § 174 Absatz 1 Abgabenordnung (AO) vor, da Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer unterschiedliche steuerliche Tatbestände beträfen.
Das Finanzgericht gab der Klage jedoch erfreulicherweise statt. Es stellte fest, dass derselbe Sachverhalt in beiden Steuerbescheiden berücksichtigt wurde und dies zu einer doppelten Besteuerung geführt hatte. Der überhöhte Kaufpreis könne nicht zugleich als Gegenleistung im Sinne der Grunderwerbsteuer und als freigebige Zuwendung im Sinne der Schenkungsteuer gelten, da sich beide Rechtsbegriffe gegenseitig ausschließen.
Die obersten Finanzrichter führten weiter aus, dass eine Korrektur nach § 174 Absatz 1 AO geboten sei, weil die steuerliche Erfassung der freigebigen Zuwendung im Schenkungsteuerbescheid eine entsprechende Berichtigung des Grunderwerbsteuerbescheids erfordere. Das Gericht reduzierte daher die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer auf 480.000 Euro und setzte die Steuer entsprechend herab.
Besonders hervorzuheben ist, dass das Gericht eine enge Auslegung des Begriffs der »Gegenleistung« im Grunderwerbsteuerrecht vornahm. Die vertragliche Bezeichnung als »Kaufpreis« sei nicht allein ausschlaggebend. Entscheidend sei vielmehr die wirtschaftliche Betrachtungsweise, wonach der überhöhte Teil des Kaufpreises nicht der Erwerbsabsicht des Käufers diente, sondern als Vermögensverschiebung innerhalb eines Nahverhältnisses zu verstehen sei. Die steuerliche Anerkennung einer solchen Konstruktion hätte eine unzulässige Doppelbesteuerung zur Folge.
Hinweis: Die in diesem Mandantenbrief enthaltenen Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst worden. Sie dienen nur der allgemeinen Information und ersetzen keine qualifizierte Beratung in konkreten Fällen. Eine Haftung für den Inhalt dieses Informationsschreibens kann daher nicht übernommen werden.
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