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05.05.2025

Verfallene Prepaid-Guthaben aus Mobilfunkverträgen sind umsatzsteuerliches Entgelt

Restguthaben aus Prepaid-Verträgen, die endgültig beim (Mobilfunk-)Provider verbleiben, stellen bei diesem ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt für von ihm während der Laufzeit des Prepaid-Vertrages gegenüber seinen Kunden erbrachte Leistungen dar, entschied das FG Schleswig-Holstein.

Die Klägerin vermarktete über eine Organgesellschaft (A) Mobilfunkdienste mehrerer Netzbetreiber u. a. durch den Verkauf wiederaufladbarer Prepaid-Karten. Dabei wurden den Kunden lediglich von ihnen tatsächlich in Anspruch genommene Einzelleistungen der A oder dritter Fremdanbieter nach zuvor im einzelnen vereinbarten Preisen berechnet. Verblieben nach Auslaufen der Prepaid-Verträge Restguthaben der Kunden, konnten diese sie von A zurückfordern. Häufig ließen Kunden ihre Guthaben jedoch verfallen, sodass die Beträge endgültig bei A verblieben. Im vorliegenden Verfahren war die Frage zu klären, ob es sich bei diesen Beträgen um umsatzsteuerpflichtige Entgelte handelte.

Die Klägerin hatte das in erster Linie mit der Begründung in Abrede gestellt, dass die Leistungen der A (Zurverfügungstellung der technischen Infrastruktur für Telekommunikationsdienstleistungen) gegenüber ihren Kunden im Zeitpunkt der Leistungserbringung unentgeltlich erfolgt sei. Denn bepreist seien lediglich die von A oder aber von den Drittanbietern jeweils erbrachten konkreten (Telekommunikations-)Dienstleistungen gewesen, die die Kunden auf der Grundlage der (unentgeltlich) zur Verfügung gestellten Infrastruktur hätten einkaufen können. Da den Restguthaben keine Leistung gegenüberstehe, handele es sich bei deren Verfall um einen nicht umsatzsteuerbaren Vorgang. Für das Streitjahr 2022 seien zudem § 3 Abs. 13 Satz 1, Abs. 15 UStG in der ab dem 1. Januar 2019 gültigen Fassung zu beachten, die zur Umsetzung der EU-Richtlinie vom 27. Juni 2016 2016/1065 (Abl. L 177 – sog. Gutschein-Richtlinie) eingeführt worden seien. Die vorliegende Konstellation entspreche nämlich derjenigen, die bei nicht eingelösten Mehrzweckgutscheinen bestehe, deren Verfall ebenfalls kein steuerbares Entgelt darstelle. Denn bei den Prepaid-Guthaben handele es sich um nichts anderes als elektronische Mehrzweckgutscheine.

Dieser Sichtweise ist der 4. Senat des Finanzgerichts nicht gefolgt, er hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat der 4. Senat des Finanzgerichts sich maßgeblich auf das BFH-Urteil XI R 4/17 vom 10. April 2019 (BFHE 264, 382, BStBl II 2019 S. 635) bezogen, in dem der Bundesfinanzhof über eine vergleichbare Sachverhaltskonstellation zu entscheiden hatte. Die verfallenen Guthaben seien als Entgelt für die von A gegenüber ihren Kunden auf der Grundlage des Prepaid-Vertrages erbrachte(n) Leistung(en) in Gestalt der Ermöglichung der aktiven und insbesondere auch passiven (im Sinne einer mobilen Erreichbarkeit) Inanspruchnahme von Mobilfunkleistungen durch das Zurverfügungstellen der Netzinfrastruktur anzusehen. Denn für den Zufluss der Restguthaben sei ein anderer (Rechts-)Grund als der ehedem bestehende Prepaid-Vertrag nicht zu erkennen; wirtschaftlich komme der Guthabenverfall einer Überzahlung gleich. Der 4. Senat hielt insoweit eine Änderung der Bemessungsgrundlage gem. § 17 Abs. 1 UStG für möglich. Ergänzend wies er darauf hin, dass sich ein identisches Ergebnis auch auf der Grundlage des § 10 UStG begründen ließe. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Anwendung des § 3 Abs. 13 Satz 1, Abs. 15 UStG für das Streitjahr 2022 sah der 4. Senat nicht als gegeben an, auch eine entsprechende Anwendung komme nicht in Betracht.

Die Klägerin hat gegen das Urteil die vom 4. Senat des Finanzgerichts zugelassene Revision eingelegt. Das Verfahren ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen V R 20/24 anhängig.

FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 01.04.2025 zum Urteil 4 K 26/22 vom 17.09.2024 (nrkr - BFH-Az.: V R 20/24)