Aktuell
03.12.2025
Bewertung der verdeckten Gewinnausschüttung durch die Übertragung eigener Anteile einer GmbH an den Alleingesellschafter
Der 9. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass die Übertragung eigener Anteile einer GmbH an den (faktischen) Alleingesellschafter zwar eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, diese aus Sicht des Alleingesellschafters jedoch mit 0 Euro zu bewerten ist.
Die Klägerin ist eine GmbH, an der der Gesellschafter-Geschäftsführer C zu 1/3 beteiligt war. Nachdem die Klägerin im Jahr 2015 die Anteile der Mitgesellschafter von C erworben und danach als eigene Anteile gehalten hatte, übertrug sie diese im Jahr 2016 wiederum auf C. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Anteilsübertragung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung an C geführt habe, die anhand des Substanzwertes der Klägerin zu bewerten sei, sodass Kapitalertragsteuer hierauf anfalle. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, C keinen Vermögensvorteil zugewendet zu haben.
Der 9. Senat hat der Klage stattgegeben. Zwar liege dem Grunde nach eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Denn C habe durch die Anteilsübertragung ein veräußerbares Wirtschaftsgut erhalten, welches er zuvor nicht gehabt habe. Da die Klägerin dieses Wirtschaftsgut auch nicht unentgeltlich einem Dritten überlassen hätte, habe der Anlass dafür im Gesellschaftsverhältnis gelegen.
Die zugewandten Wirtschaftsgüter hätten für C jedoch keinen Wert. Zwar habe der Bundesfinanzhof in früheren Entscheidungen mehrfach entschieden, dass die Übertragung eigener Anteile auf einen Gesellschafter bei diesem zu einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe des gemeinen Werts der Anteile führe. In seiner jüngeren Entscheidung vom 13. Mai 2025 (Az. VIII B 33/24) habe der Bundesfinanzhof demgegenüber offengelassen, wie ein solcher Vorteil beim Gesellschafter zu bewerten sei, und ausgeführt, dass er es grundsätzlich für nachvollziehbar halte, dass der Alleingesellschafter einer GmbH durch den Erwerb zuvor von der GmbH gehaltener Anteile nichts Substantielles hinzugewonnen habe, da er bereits vor der Übertragung (faktisch) Alleingesellschafter gewesen sei.
Nach Auffassung des 9. Senats sei den besonderen rechtlichen Gegebenheiten, die den Wert der eigenen Anteile prägen, Rechnung zu tragen, sodass der Vorteil jedenfalls im Streitfall mit 0 Euro zu bewerten sei. Mit Blick auf das Gebot der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit müsse Berücksichtigung finden, wenn sich ein aus Sicht eines fiktiven objektiven Empfängers werthaltiges Wirtschaftsgut ausnahmsweise für den tatsächlichen Empfänger als wertlos (oder weniger werthaltig) darstelle, weil er es in seiner Situation nicht oder nur geringfügig wirtschaftlich nutzen und verwerten könne. Dies sei der Fall gewesen. Die Position von C habe sich weder rechtlich-wirtschaftlich (im Verhältnis zur Klägerin, zu deren Geschäftspartnern sowie zu Dritten) noch steuerrechtlich durch den Anteilserwerb in einer Weise verändert, die es gebieten würde, den erworbenen Anteilen einen Wert beizumessen.
Der 9. Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
FG Münster, Mitteilung vom 17.11.2025 zum Urteil 9 K 1180/22 Kap vom 29.10.2025