Steuertermine
11.08. Umsatzsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 14.08. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. |
15.08. Gewerbesteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 18.08. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. In Bundesländern, in denen der 15.08.2025 (Mariä Himmelfahrt) ein Feiertag ist, verschiebt sich der Abgabe-/Zahlungstermin auf den 18.08.2025. Die Frist endet dann am 21.08.2025. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
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Vorschau auf die Steuertermine September 2025:
10.09. Umsatzsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 15.09. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
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Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge August 2025
Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für August ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 27.8.2025.
Inhalt:
- Für alle Steuerpflichtigen: Steuerliche Förderung von energetischen Maßnahmen und Ratenzahlung
- Für alle Steuerpflichtigen: Jastrowsche Klausel im Berliner Testament beim Bundesverfassungsgericht
- Für Eltern: Zur steuerlichen Entlastung alleinerziehender Eltern im paritätischen Wechselmodell
- Für Geschiedene: Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen
- Für Eltern: Zum Lebensunterhalt behinderter Kinder
- Für Erben: Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
- Für GmbHs: Vorteilseignung einer verdeckten Gewinnausschüttung aufgrund ersparten Aufwands
- Für gewerbliche Vermieter: Paletten-Förderanlage ist eine Betriebsvorrichtung
1. Für alle Steuerpflichtigen: Steuerliche Förderung von energetischen Maßnahmen und Ratenzahlung
Die steuerliche Förderung energetischer Maßnahmen an selbst genutzten Wohngebäuden ist ein zentrales Instrument der Bundesregierung zur Erreichung klimapolitischer Ziele. Besonders § 35c des Einkommensteuergesetzes (EStG) wurde geschaffen, um Eigentümer von Wohnimmobilien zu motivieren, ihre Gebäude energetisch zu sanieren. Dabei können bestimmte Maßnahmen wie der Austausch alter Heizungsanlagen oder die Wärmedämmung steuerlich begünstigt werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
In der Praxis wirft dies jedoch häufig Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf den Zeitpunkt, zu dem eine Maßnahme als »abgeschlossen« gilt und damit erstmals förderfähig ist. Dies betrifft etwa Fälle, in denen die Arbeiten technisch abgeschlossen, die Zahlungen aber noch nicht vollständig geleistet wurden.
Im zugrunde liegenden Streitfall beantragte ein Ehepaar, das gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt wird, in seiner Steuererklärung für das Jahr 2021 die Steuerermäßigung nach § 35c EStG für den Austausch eines alten Heizkessels gegen einen modernen Gasbrennwertkessel. Die Maßnahme wurde im Februar 2021 baulich fertiggestellt, die Gesamtkosten betrugen 8.118,10 Euro. Allerdings leisteten die Kläger keine Einmalzahlung, sondern vereinbarten mit dem Installationsunternehmen eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 200 Euro. Im Streitjahr hatten sie somit lediglich 2.000 Euro bezahlt. Das Finanzamt lehnte die Anerkennung der Steuerermäßigung ab. Zur Begründung verwies es auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14.1.2021, wonach eine energetische Maßnahme erst dann als abgeschlossen gelte, wenn neben der tatsächlichen Durchführung auch der vollständige Rechnungsbetrag auf das Konto des Leistungserbringers überwiesen worden ist. Da diese Voraussetzung im Jahr 2021 nicht erfüllt war, erkannte das Finanzamt die Steuerermäßigung nicht an. Es wurde schlicht auf den Geldfluss abgestellt.
Die Kläger hielten dem entgegen, dass der Gesetzeswortlaut lediglich den »Abschluss« der Maßnahme verlange, aber keine vollständige Bezahlung fordere. Der Begriff sei offen auszulegen, vor allem unter Berücksichtigung der klimapolitischen Zielsetzung des Gesetzgebers. Zudem werde der Steuerpflichtige auch durch eine Ratenzahlungsvereinbarung wirtschaftlich belastet, sodass der Sinn und Zweck der Vorschrift auch mit einer Teilzahlung erfüllt ist. Hilfsweise beantragten die Kläger, die Arbeitskosten im Wege des § 35a EStG als Handwerkerleistungen anzuerkennen, da zumindest ein Teilbetrag in Höhe von 2.000 Euro im Jahr 2021 gezahlt worden sei.
Das Finanzgericht München folgte jedoch der Auffassung des Finanzamts. Es stellte klar, dass nach dem Wortlaut und der systematischen Auslegung des § 35c EStG eine Maßnahme erst dann abgeschlossen ist, wenn eine Rechnung über die vollständige Leistung vorliegt und der Gesamtbetrag unbar auf das Konto des ausführenden Unternehmens gezahlt wurde. Eine bloße Vereinbarung über Ratenzahlungen könne die Zahlung nicht ersetzen. Auch eine sogenannte Novation – also eine rechtliche Ersetzung des ursprünglichen Zahlungsanspruchs durch die Ratenzahlungsvereinbarung – wurde vom Gericht ausdrücklich verneint. Der tatsächliche Abfluss des gesamten Betrags sei für die Förderung zwingend erforderlich. Dementsprechend erkannte das Finanzgericht die Steuerermäßigung ebenfalls nicht an.
Der Steuerstreit ging jedoch noch weiter: In der anschließenden Revision entschied nämlich der Bundesfinanzhof am 13.8.2024 unter dem Aktenzeichen IX R 31/23 zugunsten des Finanzamts. Die obersten Finanzrichter stellten unmissverständlich klar, dass eine energetische Maßnahme im Sinne des § 35c EStG nicht allein mit ihrer baulichen Fertigstellung als abgeschlossen gilt. Vielmehr ist erforderlich, dass dem Steuerpflichtigen eine Schlussrechnung vorliegt und der darin ausgewiesene Betrag vollständig und unbar auf das Konto des Leistungserbringers gezahlt wurde. Dieses Verständnis ergibt sich aus der systematischen, historischen und teleologischen Auslegung der Norm. Ziel der gesetzlichen Regelung sei neben dem Klimaschutz insbesondere auch die Vermeidung von Schwarzarbeit, weshalb gerade die unbare Zahlung von zentraler Bedeutung sei. Dass bei Teilzahlungen keine anteilige Steuerermäßigung vorgesehen ist, ist somit gesetzlich ausdrücklich gewollt und kein Versehen des Gesetzgebers.
Der Bundesfinanzhof betonte, dass der Gesetzgeber sich bewusst gegen eine gestreckte Förderung bei Ratenzahlungen entschieden habe, um eine klare, verwaltungstechnisch praktikable Abwicklung zu ermöglichen. Eine Förderung kann deshalb in dem Jahr, in dem lediglich Teilbeträge gezahlt werden, selbst dann nicht erfolgen, wenn die Maßnahme technisch abgeschlossen ist. Der Verweis der Kläger auf eine wirtschaftliche Belastung durch die Ratenzahlung ist somit nicht ausreichend, da allein die tatsächliche, vollständige Zahlung entscheidend ist.
Weil die Kläger im Revisionsverfahren hilfsweise die Anwendung des § 35a EStG geltend machten, verwies der Bundesfinanzhof den Fall zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht zurück. Dieses wird nun noch klären müssen, ob die geltend gemachten Arbeitskosten tatsächlich in der im Jahr 2021 gezahlten Rate enthalten waren und in welcher Höhe sie steuerlich berücksichtigt werden können. Denn im Rahmen des § 35a Einkommensteuergesetz können Handwerkerleistungen auch dann gefördert werden, wenn nur ein Teilbetrag gezahlt wurde, vorausgesetzt, die Zahlung erfolgte unbar und bezog sich auf konkret ausgewiesene Arbeitskosten.
Die Entscheidung zeigt im Ergebnis, dass die Anforderungen an die steuerliche Förderung energetischer Maßnahmen streng sind und Steuerpflichtige gut beraten sind, auf eine vollständige unbare Zahlung innerhalb des gewünschten Veranlagungszeitraums zu achten, wenn sie die Steuerermäßigung nach § 35c EStG in Anspruch nehmen wollen. Die Zahlung in Raten kann zur Verschiebung oder sogar zum vollständigen Verlust des Förderanspruchs führen.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Jastrowsche Klausel im Berliner Testament beim Bundesverfassungsgericht
In der erbschaftsteuerlichen Praxis stellen Testamentsgestaltungen wie das Berliner Testament, insbesondere in Kombination mit der sogenannten Jastrowschen Klauseln, eine besondere Herausforderung dar. Die steuerliche Problematik liegt in der zeitlichen Verschiebung der Vermögenszuwendung, etwa durch betagte Vermächtnisse, und der daraus resultierenden Frage, wann und von wem diese Vermögensvorteile zu versteuern sind sowie ob und wann entsprechende Nachlassverbindlichkeiten steuerlich abzugsfähig sind.
Erklärung:
Die Jastrowsche Klausel ist eine zusätzliche Bestimmung in einem gemeinschaftlichen Testament, oft einem Berliner Testament, die dazu dient, die Wirkung einer Pflichtteilsstrafklausel zu verstärken. Sie regelt, dass Kinder, die im ersten Erbfall ihren Pflichtteil geltend machen, im zweiten Erbfall nur noch den Pflichtteil erhalten sollen. Kinder, die darauf verzichten, erhalten ein Vermächtnis, das erst mit dem Tod des längerlebenden Ehegatten fällig wird und ihren Pflichtteil aus dem Nachlass des Erstverstorbenen ersetzt.
Ein »betagtes Vermächtnis« ist ein Vermächtnis, dessen Fälligkeit durch den Erblasser auf einen späteren Zeitpunkt, oft nach dem Tod eines anderen Erben oder einer bestimmten Bedingung, verschoben wurde. Im Gegensatz zu einem Vermächtnis, das sofort mit dem Erbfall entsteht, wird ein betagtes Vermächtnis erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam.
Im vorliegenden Fall hatten die Eltern der Klägerin ein Berliner Testament errichtet. Sie setzten sich gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmten, dass nach dem Tod des überlebenden Ehepartners vier der sechs Kinder als Schlusserben eingesetzt werden sollten. Zwei Kinder, darunter der Bruder D und die Schwester E, wurden enterbt. Zugleich enthielt das Testament eine Jastrowsche Klausel, nach der Kinder, die beim Tod des erstversterbenden Elternteils ihren Pflichtteil nicht fordern, ein betagtes Vermächtnis aus dessen Nachlass erhalten sollten. Dieses Vermächtnis sollte allerdings erst beim Tod des überlebenden Ehepartners fällig werden. Als der Vater verstarb, machten D und E ihre Pflichtteilsansprüche geltend. Jahre später verstarb auch die Mutter, die zuvor noch ein weiteres Testament errichtet hatte, das wiederum nur die Klägerin und zwei ihrer Schwestern als Erben einsetzte. In der Erbschaftsteuererklärung nach dem Tod der Mutter machten die Erbinnen – darunter die Klägerin – betagte Vermächtnisse in Höhe von insgesamt über 3,3 Millionen Euro als Nachlassverbindlichkeiten geltend. Das Finanzamt erkannte diesen Abzug jedoch nicht an und setzte die Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung lediglich der Erbanteile fest.
Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage gegen den Steuerbescheid, mit dem Ziel, die auf sie entfallenden Vermächtnisverbindlichkeiten anteilig in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro steuermindernd abzuziehen. Ihre Argumentation stützte sich darauf, dass sie andernfalls sowohl das Vermächtnis versteuern müsse als auch dessen Gegenwert nicht als Verbindlichkeit abziehen könne, was einer unzulässigen doppelten Besteuerung gleichkäme.
Das Finanzgericht Hamburg wies die Klage ab. Die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs bestätigten dieses Urteil mit Entscheidung vom 11.10.2023 unter dem Aktenzeichen II R 34/20. Sie stellten klar, dass eine doppelte Besteuerung nicht vorliegt, da das Finanzamt im Erbschaftsteuerbescheid das betagte Vermächtnis bei der Klägerin weder als Erwerb angesetzt noch die daraus resultierende Verpflichtung als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt habe. Dadurch sei ein Ausgleich erfolgt.
Zivilrechtlich war die Grundlage für das Vermächtnis das gemeinschaftliche Testament der Eltern. Mit dem Tod des Vaters war das Vermächtnis bereits entstanden, aber aufgrund seiner Ausgestaltung als betagtes Vermächtnis gemäß § 2147 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) noch nicht fällig. Erst mit dem Tod der Mutter wurde die Forderung fällig und damit steuerlich relevant. Gemäß § 3 Absatz 1 Nummer 1 Alternative 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) war der Erwerb durch die Klägerin von der Mutter stammend zu versteuern. Gleichzeitig konnte sie als Miterbin der Mutter den Vermächtniswert als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Absatz 5 Nummer 1 des ErbStG in Abzug bringen. Die steuerliche Besonderheit bestand also darin, dass die Verpflichtung aus dem betagten Vermächtnis erst mit dem Tod der Mutter eine wirtschaftliche Belastung darstellte und damit steuerlich abzugsfähig wurde.
Die obersten Finanzrichter betonten, dass beim Berliner Testament mit einer Jastrowschen Klausel der überlebende Ehegatte die betagten Vermächtnisse nicht sofort bei Tod des erstversterbenden Partners abziehen kann, da diese noch nicht fällig sind. Erst mit Fälligkeit beim Tod des zuletzt Verstorbenen wird die Vermächtnisverbindlichkeit zur Nachlassverbindlichkeit. Eine tatsächliche Doppelbelastung liegt daher nicht vor. Auch das Argument der Klägerin, sie sei überraschend vom Finanzgericht mit einer neuen Begründung konfrontiert worden, wurde zurückgewiesen. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass bereits in der Einspruchsentscheidung des Finanzamts auf die Gleichwertigkeit von Hinzurechnung und Abzug hingewiesen wurde, sodass keine Überraschungsentscheidung vorliege.
Zusammenfassend bestätigt das Urteil des Bundesfinanzhofs die systemimmanente Behandlung betagter Vermächtnisse im Rahmen von Berliner Testamenten mit Jastrowscher Klausel. Steuerlich wird der Erwerb des Vermächtnisses dem überlebenden Ehegatten nicht zugeordnet, solange es nicht fällig ist. Erst mit der Fälligkeit beim Tod des überlebenden Ehegatten wird das Vermächtnis als von diesem stammend besteuert, kann aber zugleich von den Erben dieses Ehegatten als Nachlassverbindlichkeit geltend gemacht werden. Die Entscheidung verdeutlicht die steuerlichen Konsequenzen testamentarischer Gestaltungen und die Bedeutung des Zeitpunkts der Fälligkeit für die erbschaftsteuerliche Bewertung.
Die Geschichte dieses Streitfalls ist jedoch noch nicht zu Ende, denn gegen die Entscheidung des Bundesfinanzhofes wurde die Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1381/24 wird man sich daher weiterhin mit der Besteuerung von betagten Vermächtnissen beschäftigen müssen.
3. Für Eltern: Zur steuerlichen Entlastung alleinerziehender Eltern im paritätischen Wechselmodell
Wenn Eltern sich nach einer Trennung die Betreuung ihres Kindes zu gleichen Teilen aufteilen, stellt sich regelmäßig die Frage, wie steuerliche Vorteile wie der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende oder der Abzug von Kinderbetreuungskosten in einem sogenannten paritätischen Wechselmodell zu behandeln sind.
Dabei geht es insbesondere um die steuerliche Berücksichtigung kindbedingter Freibeträge, wenn beide Elternteile das Kind gleichwertig betreuen, aber steuerlich getrennt veranlagt werden. Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10.7.2024 unter dem Aktenzeichen III R 1/22 befasst sich mit genau dieser Problematik und stellt wichtige Grundsätze für die steuerliche Handhabung solcher Konstellationen auf.
Im vorliegenden Fall hatte der Kläger, ein im Jahr 2015 lediger Steuerpflichtiger, mit der Mutter seines Kindes zunächst gemeinsam in einem Haushalt gelebt. Nach deren Auszug wurde das Kind bei beiden Elternteilen gemeldet und wohnte fortan abwechselnd jeweils eine Woche bei Vater und Mutter. Damit praktizierten die Eltern ein paritätisches Wechselmodell. Der Kläger beantragte für das Steuerjahr 2015 einen hälftigen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für vier Monate, machte hälftige Kinderbetreuungskosten in Höhe von 690 Euro als Sonderausgaben geltend und begehrte zusätzlich die Berücksichtigung der einfachen Kinderfreibeträge in Höhe von 3.576 Euro.
Das Finanzamt erkannte diese steuerlichen Vorteile nicht an. Der daraufhin vom Kläger eingelegte Einspruch sowie die Klage vor dem Thüringer Finanzgericht blieben erfolglos. Auch die Revision beim Bundesfinanzhof hatte keinen Erfolg. Die obersten Finanzrichter bestätigten die Entscheidung der Vorinstanz in vollem Umfang.
Bezüglich der Kinderbetreuungskosten führte der Bundesfinanzhof aus, dass der Sonderausgabenabzug nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) voraussetzt, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen selbst getragen hat. Diese Voraussetzung war nicht erfüllt, da die Kindsmutter die vollständigen Zahlungen an den Träger der Betreuungseinrichtung geleistet hatte. Der Kläger konnte nicht belegen, dass er sich an den Kosten beteiligt oder eine entsprechende Vereinbarung mit der Mutter getroffen hatte. Der bloße Verweis auf die vollständige Überlassung des Kindergeldes reichte für den Nachweis einer Kostenteilung nicht aus.
Auch der Anspruch auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wurde vom Gericht verneint. Zwar kann bei annähernd gleichwertiger Betreuung beider Elternteile im Rahmen des paritätischen Wechselmodells grundsätzlich einer von beiden Elternteilen Anspruch auf den Betrag nach § 24b EStG haben. Doch eine Aufteilung dieses Betrags auf beide Elternteile ist gesetzlich nicht vorgesehen. Es bleibt vielmehr bei der Alleinzuordnung zu einem Elternteil, der – wie im vorliegenden Fall – das Kindergeld erhält. Die Eltern hatten auch keine abweichende Bestimmung getroffen, wie sie analog § 64 Absatz 2 Satz 2 EStG möglich gewesen wäre. Diese gesetzliche Regelung verstößt laut Gericht auch im Fall paritätischer Betreuung nicht gegen den Gleichheitssatz des Artikels 3 Absatz 1 Grundgesetz (GG). Der Bundesfinanzhof verwies dazu auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.11.2019 unter dem Aktenzeichen 2 BvL 22/14, welches die Typisierung zur Vereinfachung der Verwaltung als zulässig bewertet hatte.
Bezüglich der Kinderfreibeträge wurde ebenfalls keine Berücksichtigung gewährt. Nach § 31 Satz 4 EStG ist im Rahmen der sogenannten Günstigerprüfung zu vergleichen, ob der steuerliche Vorteil durch die Freibeträge höher ausfällt als das hälftige Kindergeld. Dabei wird bei getrennt veranlagten Eltern das hälftige Kindergeld berücksichtigt, unabhängig davon, ob der jeweilige Elternteil darüber tatsächlich verfügen konnte. Der Bundesfinanzhof stellte fest, dass das hälftige Kindergeld im vorliegenden Fall den steuerlichen Vorteil aus den Freibeträgen überstieg. Somit wurde die Freistellung des kindbedingten Existenzminimums bereits durch das Kindergeld gewährleistet, und die Freibeträge wurden nicht zusätzlich angesetzt. Auch hierin sah das Gericht keinen Verstoß gegen das Grundgesetz, gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, etwa durch dessen Beschluss vom 13.10.2009 unter dem Aktenzeichen 2 BvL 3/05.
Insgesamt macht das Urteil deutlich, dass steuerliche Vorteile im Zusammenhang mit Kindern im paritätischen Wechselmodell strikt an die gesetzlichen Voraussetzungen geknüpft sind. Eine pauschale Aufteilung von Entlastungsbetrag oder Betreuungskosten zwischen den Eltern ist nicht vorgesehen. Vielmehr bedarf es klarer vertraglicher Vereinbarungen oder Nachweise, um steuerliche Ansprüche geltend machen zu können. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs bringt damit Rechtssicherheit in einer komplexen familien- und steuerrechtlichen Schnittmenge, zeigt aber auch die bürokratische Gesetzesanwendung, die ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein scheint.
4. Für Geschiedene: Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen
Wenn sich Eheleute scheiden lassen, stehen häufig nicht nur emotionale, sondern auch finanzielle Fragen im Raum. Eine dieser Fragen betrifft die steuerliche Behandlung von Prozesskosten, insbesondere wenn es um die Geltendmachung nachehelichen Unterhalts geht.
Grundsätzlich können außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerlich berücksichtigt werden, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig höhere Aufwendungen als der Mehrheit vergleichbarer Steuerpflichtiger entstehen. Mit der Einführung von § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG im Jahr 2013 wurde jedoch eine Einschränkung eingeführt: Aufwendungen für einen Rechtsstreit sind nur dann steuerlich abzugsfähig, wenn ohne sie die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen gefährdet wäre und er seine lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen könnte.
Im hier entschiedenen Fall des Finanzgerichts Münster vom 18.9.2024 unter dem Aktenzeichen 1 K 494/18 E stritten die Beteiligten darüber, ob Prozesskosten zur Durchsetzung nachehelichen Unterhalts in Höhe von fast 5.000 Euro im Jahr 2015 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können.
Die Klägerin hatte nach der Trennung von ihrem Ehemann im Jahr 2012 Unterhaltsansprüche zunächst außergerichtlich und später gerichtlich durchgesetzt. Im Rahmen des laufenden Scheidungsverfahrens beantragte sie mit Schriftsatz vom 31.10.2013 nachehelichen Unterhalt. Die Ehe wurde im September 2014 geschieden. Der Streit um die Höhe des Unterhalts wurde schließlich mit einem Vergleich vor dem Oberlandesgericht am im März darauf beigelegt, bei dem sich der geschiedene Ehemann zu monatlichen Zahlungen in Höhe von 900 Euro verpflichtete.
Die Klägerin machte die auf diesen Unterhaltsprozess entfallenden Prozesskosten in ihrer Steuererklärung für 2015 als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das zuständige Finanzamt lehnte die Berücksichtigung mit Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 18.5.2017 unter den Aktenzeichen VI R 9/16, VI R 66/14, VI R 81/14 und VI R 19/15 ab. Danach seien Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, der Steuerpflichtige würde ohne die Aufwendungen Gefahr laufen, seine materielle Existenzgrundlage zu verlieren. Der Begriff der »Existenzgrundlage« sei eng auszulegen und umfasse lediglich das sozialhilferechtliche Existenzminimum.
Die Klägerin vertrat hingegen die Ansicht, dass ihre wirtschaftliche Situation im Zeitpunkt der Antragstellung 2013 nicht ausgereicht habe, um ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse zu decken. Ihr damaliger Ehemann habe keinen Trennungsunterhalt gezahlt, sie habe befristete Aushilfsstellen innegehabt, sei gesundheitlich angeschlagen gewesen und habe sich zeitweise in stationärer Behandlung befunden. Die Klägerin argumentierte, dass es sich beim geltend gemachten Unterhalt um sogenannten Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handele, der gerade dazu diene, die wirtschaftliche Existenz des schwächeren Ehegatten zu sichern.
Das Finanzgericht Münster wies die Klage jedoch ab. Es entschied, dass die Prozesskosten nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar seien, da keine existenzielle Gefährdung der Klägerin im Sinne von § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vorgelegen habe. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der gerichtlichen Antragstellung im Jahr 2013. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin trotz Teilzeitbeschäftigung in der Lage gewesen, ein monatliches Bruttoeinkommen von rund 2.400 Euro zu erzielen. Zusätzlich habe sie Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit erzielt. Ihre Arbeitskraft sei damit eine wesentliche und intakte Existenzgrundlage gewesen. Auch wenn das Arbeitsverhältnis zunächst befristet gewesen sei, habe die Klägerin nahtlos eine neue Anstellung gefunden. Diese Umstände sprächen gegen eine existenzielle Gefährdung.
Zudem rechnete das Gericht auch zwei vermietete Immobilien zum Vermögensbestand der Klägerin, der ebenfalls zur Existenzsicherung beiträgt. Diese Objekte hätten sich weitgehend selbst getragen und ab dem Jahr 2015 positive Einkünfte abgeworfen. Dass sie der Altersvorsorge dienen sollten, ändere nichts an ihrem Charakter als einkünfteerzielende Kapitalanlagen.
Die obersten Finanzrichter legten dar, dass nur bei einer umfassenden Bedrohung sämtlicher Einkunftsquellen und Vermögenswerte von einer Gefährdung der Existenzgrundlage gesprochen werden könne. Im vorliegenden Fall sei weder die Arbeitskraft der Klägerin noch ihr Immobilienvermögen in Gefahr gewesen. Selbst ohne den Unterhalt des Ehemannes habe die Klägerin ein frei verfügbares Einkommen erzielt, das das steuerliche Existenzminimum im Jahr 2013 von 8.130 Euro deutlich überschritten habe.
Das Gericht stellte somit klar, dass der Begriff der Existenzgrundlage eng auszulegen ist und nicht mit dem individuellen Lebensstil oder einem subjektiven Sicherheitsbedürfnis gleichgesetzt werden darf.
Das Urteil schließt mit der Feststellung, dass keine Revision zuzulassen sei, da es sich um einen Einzelfall handele, der auf Grundlage gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung entschieden wurde.
5. Für Eltern: Zum Lebensunterhalt behinderter Kinder
Wenn Eltern für ihre volljährigen, behinderten Kinder Kindergeld erhalten möchten, ist eine zentrale Voraussetzung, dass das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Das bedeutet, dass seine Einkünfte und Bezüge nicht ausreichen dürfen, um seinen gesamten Lebensunterhalt – einschließlich behinderungsbedingter Mehraufwendungen – zu decken. In der Praxis wirft diese Voraussetzung regelmäßig Streitigkeiten auf, insbesondere wenn es um die Anerkennung behinderungsbedingter Kosten geht, etwa für Fahrten zu Therapien, Ärzten oder Unterstützungsangeboten.
Im nun entschiedenen Fall hatte eine Mutter Kindergeld für ihre 1959 geborene Tochter begehrt, die im Jahr 2018 mit einem Grad der Behinderung von 80 in einer eigenen Wohnung lebte. Die Tochter erhielt ab Juli 2018 eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von rund 948 Euro netto monatlich. Die Familienkasse hob jedoch die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum von Juli bis November 2018 auf und forderte 970 Euro zurück. Sie begründete dies damit, dass die Tochter ihren Lebensunterhalt durch die Rente selbst bestreiten könne.
Die Mutter widersprach dieser Auffassung und legte eine Liste der regelmäßigen Fahrten ihrer Tochter zu verschiedenen medizinischen Einrichtungen vor. Sie beantragte, statt der tatsächlichen Fahrtkosten eine pauschale monatliche Fahrtkostenpauschale in Höhe von 75 Euro anzusetzen. Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern folgte diesem Antrag und hob die Rückforderung auf. Es nahm an, dass die Verwaltung aufgrund ihrer Dienstanweisung zum Kindergeld vom 17.9.2021 verpflichtet gewesen sei, pauschale Fahrtkosten zu berücksichtigen. Es stellte einen monatlichen Bedarf der Tochter von rund 958 Euro fest, dem monatliche Einkünfte in Höhe von rund 925 Euro gegenüberstanden – also eine Unterdeckung.
Die Familienkasse legte Revision ein, leider mit Erfolg. Die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs hoben das Urteil des Finanzgerichts mit Entscheidung vom 10.7.2024 unter dem Aktenzeichen III R 2/23 auf und verwiesen die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. Sie machten deutlich, dass das Finanzgericht die Voraussetzungen für die Annahme einer kindergeldrechtlichen Berücksichtigung der Tochter nicht ausreichend festgestellt hatte. So fehlten Feststellungen zum genauen Zeitpunkt des Eintritts der Behinderung sowie zur Art der Behinderung.
Entscheidend war jedoch insbesondere die steuerliche Einordnung der geltend gemachten Fahrtkosten. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG bestimmte behinderungsbedingte Mehraufwendungen bereits abdeckt. Weitere Aufwendungen, wie etwa Fahrtkosten, können nur zusätzlich berücksichtigt werden, wenn sie nicht vom Pauschbetrag umfasst sind, glaubhaft gemacht und in angemessenem Umfang angefallen sind. Eine pauschale Fahrtkostenpauschale von 900 Euro nach § 33 Abs. 2a EStG ist erst ab dem Veranlagungszeitraum 2021 zulässig und kann nicht rückwirkend auf frühere Jahre angewendet werden.
Das oberste Finanzgericht kritisierte, dass das Finanzgericht eine pauschale Schätzung der Fahrtkosten für das Jahr 2018 vorgenommen hatte, obwohl die gesetzliche Regelung damals noch nicht anwendbar war. Es führte weiter aus, dass Verwaltungsvorschriften keine Auslegungsspielräume für Finanzgerichte eröffnen, wenn sie nur bestehende gesetzliche Regelungen wiedergeben und keine eigenständige Selbstbindung erzeugen. Die Finanzrichter machten außerdem deutlich, dass Fahrtkosten nur dann zusätzlich zum Pauschbetrag anerkannt werden können, wenn ein entsprechender behinderungsbedingter Bedarf glaubhaft dargelegt wird. Dazu gehört auch, dass die Fahrten nicht lediglich dem privaten Bereich zuzurechnen sind – etwa Besuche bei der Mutter oder zu Beerdigungen –, sondern unmittelbar durch die Behinderung bedingt und unvermeidbar sind.
Abschließend stellte der Bundesfinanzhof klar, dass die Annahme einer monatlichen Fahrtkostenpauschale ohne ausreichenden Nachweis gegen den Willen des Gesetzgebers verstoße, der erst ab 2021 eine solche Pauschalierung ermöglichen wollte. Die Rückverweisung an das Finanzgericht soll diesem Gelegenheit geben, nachzuholen, welche Fahrten im Jahr 2018 tatsächlich durchgeführt wurden und ob diese als unvermeidbare, durch die Behinderung verursachte Fahrten steuerlich berücksichtigt werden können.
6. Für Erben: Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
Im Erbschaftsteuerrecht stellt sich regelmäßig die Frage, in welchem Umfang die mit einem Erbfall verbundenen Kosten steuerlich berücksichtigt werden können. Besonders relevant wird dies, wenn der Erblasser zu Lebzeiten eine sogenannte Sterbegeldversicherung abschließt und das Bezugsrecht zugunsten eines Bestattungsunternehmens abtritt. Die zentrale steuerliche Problematik liegt dann darin, ob und in welchem Umfang die Erben die durch diese Konstellation entstandenen Aufwendungen als Nachlassverbindlichkeiten steuerlich abziehen dürfen, obwohl die Kosten nicht direkt von ihnen bezahlt wurden.
Im nun entschiedenen Fall hatte die im Jahr 2019 verstorbene Erblasserin eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und deren Leistung zu Lebzeiten an ein Bestattungsunternehmen abgetreten, das nach ihrem Tod die Bestattung übernahm. Die Versicherung zahlte hierfür einen Betrag in Höhe von rund 6.900 Euro. Die Gesamtkosten der Bestattung beliefen sich auf über 11.600 Euro.
Der Kläger, ein Neffe der Erblasserin und Miterbe, wollte die gesamten Bestattungskosten einschließlich der durch die Versicherung gedeckten Beträge steuerlich als Nachlassverbindlichkeiten geltend machen. Das zuständige Finanzamt hingegen erkannte nur die Pauschale nach § 10 Absatz 5 Nummer 3 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Höhe von 10.300 Euro an und verwies darauf, dass die durch die Versicherung gedeckten Kosten nicht den Erben belastet hätten. Auch das Finanzgericht Münster wies die Klage des Erben unter dem Aktenzeichen 3 K 1551/20 Erb am 19.8.2021 ab.
Damit ist der Fall aber noch nicht vorbei. Der Kläger wandte sich gegen diese Entscheidung und legte Revision beim Bundesfinanzhof ein. Er machte geltend, dass eine Hinzurechnung der Versicherungsleistung zum Nachlass zwingend auch eine entsprechende Berücksichtigung der dadurch abgegoltenen Bestattungskosten nach sich ziehen müsse. Die Nichtberücksichtigung dieser Kosten widerspreche dem in § 10 Absatz 1 Satz 1 ErbStG verankerten Bereicherungsprinzip.
Die obersten Finanzrichter gaben dem Kläger Recht und hoben mit Urteil vom 10.7.2024 unter dem Aktenzeichen II R 31/21 die Entscheidung des Finanzgerichts auf. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs geht mit der Abtretung des Versicherungsanspruchs zwar nicht der Zahlungsanspruch selbst, wohl aber ein Anspruch auf Sachleistung gegenüber dem Bestattungsunternehmen auf die Erben über. Dieser Sachleistungsanspruch sei nach § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Teil des Nachlasses und erhöhe dessen Wert. Da die Bestattung durch das Unternehmen erfolgte, erlosch dieser Anspruch, was wirtschaftlich einer Ausgabe gleichkomme. In der Folge mindert dies den steuerpflichtigen Erwerb, weil der Nachlass um diesen geleisteten Aufwand vermindert wird.
Besonders hervorzuheben ist die klare Aussage des Gerichts, dass es steuerlich keinen Unterschied macht, ob die Erben die Bestattungskosten direkt zahlen oder ob sie durch einen abgetretenen Anspruch erfüllt werden. In beiden Fällen entsteht eine wirtschaftliche Belastung, weil der zuvor bestehende Sachleistungsanspruch — als Nachlassgegenstand — durch die erbrachte Leistung entfällt. Die Vorschrift des § 10 Absatz 5 Nummer 3 Satz 1 ErbStG erfasse ausdrücklich die Kosten der Bestattung unabhängig davon, wie sie beglichen werden. Das Gericht betont, dass auch bei gedeckten Bestattungskosten ein Abzug in voller Höhe möglich ist, sofern sie belegt und dem Grunde nach abzugsfähig sind. Die Begrenzung auf den Pauschbetrag von 10.300 Euro gelte nur dann, wenn keine höheren tatsächlichen Kosten nachgewiesen würden.
Da das Finanzgericht Münster keine abschließenden Feststellungen zur konkreten Höhe der insgesamt geltend gemachten Nachlassverbindlichkeiten getroffen hatte, verwies der Bundesfinanzhof die Sache zur anderweitigen Entscheidung zurück. Die obersten Finanzrichter stellten damit klar, dass die volle steuerliche Berücksichtigung der Bestattungskosten auch dann möglich ist, wenn diese durch eine Sterbegeldversicherung abgedeckt wurden, sofern der damit verbundene Sachleistungsanspruch Teil des Nachlasses war.
7. Für GmbHs: Vorteilseignung einer verdeckten Gewinnausschüttung aufgrund ersparten Aufwands
Wenn eine Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern wirtschaftliche Vorteile gewährt, ohne dass dafür eine marktübliche Gegenleistung erfolgt, stellt sich häufig die Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung im steuerrechtlichen Sinne vorliegt. Diese steuerliche Problematik betrifft insbesondere Konzerngesellschaften, bei denen durch konzerninterne Weisungen finanzielle Belastungen verschoben werden können – möglicherweise zu Lasten der deutschen Kapitalgesellschaft. Die Abgrenzung, ob ein solcher Vorgang durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, spielt dabei eine entscheidende Rolle für die Besteuerung des Unternehmens.
Im vorliegenden Fall hatte der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 22.5.2024 unter dem Aktenzeichen I R 2/21 über die steuerliche Behandlung eines Vorgangs zu entscheiden, bei dem eine deutsche GmbH im Konzernverbund mit einer US-amerikanischen Muttergesellschaft auf eine vertraglich zugesicherte Lieferung an einen venezolanischen Kunden verzichtete. Hintergrund war ein von den Vereinigten Staaten verhängtes Wirtschaftsembargo gegenüber Venezuela. Die US-amerikanische Muttergesellschaft wies die in Deutschland ansässige Tochtergesellschaft, die Klägerin, an, die bestehenden Verträge mit dem venezolanischen Kunden nicht weiter zu erfüllen. Dies führte zu Schadensersatzforderungen durch den Vertragspartner und zu einem Schiedsverfahren, dessen Kosten teilweise von der Klägerin getragen wurden, während die Muttergesellschaft andere Aufwendungen übernahm.
Das Finanzamt sah in der Erhöhung einer Rückstellung für drohende Schadensersatzforderungen sowie in der Zahlung der Verfahrenskosten eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von mehreren Millionen Euro. Es vertrat die Auffassung, dass diese wirtschaftlichen Belastungen nicht im eigenen Interesse der Klägerin, sondern ausschließlich zur Erfüllung eines Konzerninteresses erfolgt seien – und somit eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vorteilsgewährung an die Gesellschafterin darstellten. Die Klägerin hingegen argumentierte, dass sie aufgrund einer eigenständigen rechtlichen Verpflichtung gehandelt habe und somit keine Vermögensminderung vorliege, die durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht worden sei.
Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht gab der Klage der Gesellschaft statt und verneinte eine verdeckte Gewinnausschüttung mit der Begründung, dass eine Vorteilseignung der Gesellschafterin bereits dem Grunde nach nicht vorliege. Es fehle an einem sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes, der beim Gesellschafter steuerpflichtig geworden wäre.
Der Bundesfinanzhof hob diese Entscheidung auf. Die obersten Finanzrichter beanstandeten, dass das Finanzgericht zentrale Aspekte der Rechtsprechung zur sogenannten verhinderten Vermögensmehrung und zur Vorteilseignung übersehen habe. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann auch dann vorliegen, wenn eine Gesellschaft dem Gesellschafter einen Aufwand erspart, der diesem eigentlich wirtschaftlich zuzurechnen gewesen wäre. Hierzu zählt insbesondere auch der Verzicht auf die Vereinbarung eines angemessenen Erstattungs- oder Ausgleichsanspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, unter anderem im Urteil vom 27.7.2016 unter dem Aktenzeichen I R 12/15, ist eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann gegeben, wenn der Gesellschafter durch die Gesellschaft zur Durchsetzung eigener Interessen keinen eigenen Aufwand tragen muss.
Im Streitfall hätte die US-Muttergesellschaft, um den Vertragsbruch durchzusetzen, der Klägerin einen Schadensausgleich verbindlich zusagen müssen. Da dies unterblieben ist, hätte die Klägerin eigenwirtschaftlich belastet werden können, was bei fremdüblichen Dritten unter einem solchen Vertrag nicht zu erwarten gewesen wäre. Ein fremder Dritter hätte bei einem derartigen Eingriff typischerweise auf einer Absicherung durch Schadensübernahme und einem Gewinnausgleich bestanden. Indem die Gesellschafterin dies nicht tat, ersparte sie sich selbst wirtschaftliche Nachteile – was eine Aufwandsersparnis und somit eine verdeckte Gewinnausschüttung begründet.
Hinsichtlich der zeitlichen Erfassung stellte das oberste Finanzgericht klar, dass die verhinderte Vermögensmehrung dem Jahr zuzuordnen ist, in dem der zu bilanzierende Vorteil hätte angesetzt werden müssen. Wäre ein Erstattungsanspruch gegenüber der Muttergesellschaft bilanziert worden, hätte sich der Steuerbilanzgewinn der Klägerin entsprechend erhöht. Ebenso wäre die Erhöhung der Rückstellung zu unterlassen gewesen, wenn eine Rückgriffsmöglichkeit auf die Muttergesellschaft bestanden hätte.
Da das Finanzgericht keine ausreichenden Feststellungen zur Frage getroffen hatte, ob der Vertragsbruch tatsächlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war, wurde die Sache zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen. Insbesondere müsse geprüft werden, ob das US-Embargo rechtlich eine Vertragserfüllung durch die Klägerin tatsächlich ausgeschlossen hat. Wenn dies der Fall war, könnte der Vertragsbruch durch externe Umstände veranlasst und nicht durch das Gesellschaftsverhältnis begründet gewesen sein. Ebenso ist aufzuklären, ob die Weisung der Muttergesellschaft tatsächlich den Ausschlag gegeben hat und ob ein ordentlicher Geschäftsleiter unter denselben wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ebenso entschieden hätte.
Der Bundesfinanzhof hat mit dieser Entscheidung erneut die Anforderungen an die steuerliche Anerkennung einer verdeckten Gewinnausschüttung im Rahmen internationaler Konzernverflechtungen geschärft und betont, dass auch mittelbare wirtschaftliche Vorteile über ersparten Aufwand eine verdeckte Gewinnausschüttung begründen können, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind.
8. Für gewerbliche Vermieter: Paletten-Förderanlage ist eine Betriebsvorrichtung
In der Gewerbesteuer ist die sogenannte »erweiterte Kürzung« nach § 9 Nummer 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ein zentrales Steuerprivileg für Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen. Diese Vorschrift soll gewährleisten, dass Erträge aus der bloßen Grundstücksverwaltung nicht mit Gewerbesteuer belastet werden, um eine Gleichbehandlung mit privater Vermögensverwaltung sicherzustellen. Der Ausschluss dieser Kürzung kann gravierende steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ein häufiges Konfliktfeld entsteht dabei bei der Frage, ob bestimmte mitvermietete Einrichtungen als unschädlicher Gebäudebestandteil oder aber als steuerlich schädliche Betriebsvorrichtung zu qualifizieren sind.
Im entschiedenen Fall vor dem Finanzgericht Hamburg ging es um eine Immobiliengesellschaft, die eine große Gewerbeimmobilie in Hamburg vermietete. Diese bestand aus mehreren Hallen mit unterschiedlichen Geschossen, die über Lastenaufzüge sowie zusätzlich installierte Paletten-Förderanlagen vertikal erschlossen wurden. Die Klägerin begehrte für die Jahre 2016 bis 2018 die Anwendung der erweiterten Kürzung, da sie – nach ihrer Auffassung – ausschließlich eigenen Grundbesitz vermietete. Die Finanzverwaltung hingegen sah die Mitvermietung der Paletten-Förderanlagen als schädlich an, da es sich dabei um Betriebsvorrichtungen handele, deren Mitüberlassung die erweiterte Kürzung ausschließt. Die Klägerin argumentierte, dass die Förderanlagen fest mit dem Gebäude verbunden seien und unverzichtbar für eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der oberen und unteren Hallengeschosse. Ihrer Ansicht nach handele es sich daher nicht um Betriebsvorrichtungen im steuerlichen Sinne oder jedenfalls um solche, deren Mitvermietung unschädlich sei.
Das erstinstanzliche Finanzgericht Hamburg entschied mit Urteil vom 15.5.2024 unter dem Aktenzeichen 2 K 76/22 gegen die Klägerin und wies die Klage ab. Die Richter argumentierten, dass die Paletten-Förderanlagen als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sind, da sie nicht dem Gebäude als solchem dienen, sondern unmittelbar dem Gewerbebetrieb der Mieterin, nämlich der Lagerung und Verteilung von Paletten innerhalb der Halle. Dies wurde durch ein Gutachten eines Sachverständigen untermauert, das die Nutzung der Hallenflächen dokumentierte und die zentrale Rolle der Förderanlagen für den logistischen Ablauf bestätigte.
Der Begriff des Grundbesitzes im Sinne von § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG orientiert sich am Bewertungsrecht. Danach gehören Betriebsvorrichtungen – also Maschinen und technische Einrichtungen, die einem bestimmten Betriebsablauf dienen – nicht zum begünstigten Grundvermögen. Maßgeblich ist, ob eine Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Gebäudenutzung erforderlich ist oder ob sie spezifisch einem Gewerbebetrieb dient. Dies hatte der Bundesfinanzhof unter anderem in seinem Urteil vom 19.12.2023 unter dem Aktenzeichen IV R 5/21 sowie in der Entscheidung vom 11.4.2019 unter dem Aktenzeichen III R 36/15 klargestellt.
Darüber hinaus verneinte das Gericht die Möglichkeit, die Mitvermietung der Paletten-Förderanlagen als »zwingend notwendige Nebentätigkeit« im Sinne der Ausnahmerechtsprechung zu betrachten. Zwar kann eine solche Ausnahme vorliegen, wenn eine Betriebsvorrichtung unentbehrlich für die wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksnutzung ist – etwa, wenn eine Immobilie ohne sie faktisch nicht vermietbar wäre. Diese Schwelle sah das Gericht aber nicht als überschritten an. Der Sachverständige hatte ausgesagt, dass vergleichbare Lagerhallen in Hamburg ausschließlich mit Lastenaufzügen betrieben würden. Die Klägerin habe also keine technische Notwendigkeit dargelegt, die über ein betriebswirtschaftliches Interesse hinausginge. Auch die Tatsache, dass durch die Förderanlagen ein höherer Warenumschlag und somit höhere Mieteinnahmen möglich seien, ändere daran nichts – sie machten die Anlagen nicht »unentbehrlich«.
Schließlich ließ das Gericht auch das Argument nicht gelten, wonach die Förderanlagen aufgrund ihrer festen baulichen Verbindung mit dem Gebäude als unschädlich zu behandeln seien. Selbst eine aufwändige bauliche Verbindung könne nicht über ihre tatsächliche Funktion im Betrieb hinwegtäuschen. Dabei verwies das Gericht unter anderem auf die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf vom 23.11.2023 unter dem Aktenzeichen 14 K 1037/22 G, F.
Insgesamt stellte das Finanzgericht Hamburg klar, dass die Klägerin durch die Mitvermietung der Paletten-Förderanlagen gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG verstieß. Die erweiterte Kürzung wurde daher zu Recht versagt, lediglich die einfache Kürzung nach Satz 1 des Gesetzes blieb unstreitig erhalten.
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