Mandantenbrief November 2025
Steuertermine
10.11. Umsatzsteuer Lohnsteuer Kirchensteuer zur Lohnsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 13.11. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. |
17.11. Gewerbesteuer Grundsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 20.11. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
Alle Angaben ohne Gewähr |
Vorschau auf die Steuertermine Dezember 2025:
10.12. Umsatzsteuer Lohnsteuer Kirchensteuer zur Lohnsteuer Einkommensteuer Kirchensteuer Körperschaftsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 15.12. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
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Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge November 2025
Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für November ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 26.11.2025.
Inhalt:
- Für alle Steuerpflichtigen: Ohne Beauftragung mit der Erstellung der Steuererklärungen keine Verlängerung der Erklärungsabgabefrist
- Für alle Steuerpflichtigen: Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio sind keine außergewöhnlichen Belastungen
- Für Eltern: Zum Sonderausgabenabzug von Schulgeld
- Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Nicht unbedingt Arbeitslohn bei schenkweiser Übertragung von Gesellschaftsanteilen
- Für GmbH-Gesellschafter: Forderungsverzicht zwischen Gesellschaftern als Schenkung
- Für Personengesellschaften: Transparente Betrachtung bei der Grunderwerbsteuer
- Für Immobilien-Gesellschaften: Keine erweiterte Grundbesitzkürzung bei unterjährigem Erwerb von Grundbesitz
- Für Immobilieneigentümer: Keine Sonderabschreibung für Ersatzneubauten
1. Für alle Steuerpflichtigen: Ohne Beauftragung mit der Erstellung der Steuererklärungen keine Verlängerung der Erklärungsabgabefrist
Viele Steuerpflichtige haben in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass die Abgabefristen für Steuererklärungen immer strenger überwacht werden. Besonders seit der Einführung automatischer Verspätungszuschläge in der Abgabenordnung (AO) stellt sich regelmäßig die Frage, ob und in welchem Umfang Fristverlängerungen greifen.
Dabei geht es oft um die Unterscheidung, ob eine Steuererklärung von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe erstellt wird und deshalb eine verlängerte Abgabefrist nach § 149 Absatz 3 der Abgabenordnung (AO) gilt oder nicht. Der Streit entzündet sich häufig an der Frage, wann wirklich von einer Beauftragung gesprochen werden kann. Mit dieser Problematik hatte sich das Finanzgericht Berlin-Brandenburg am 17.9.2024 unter dem Aktenzeichen 8 K 8033/24 zu befassen.
Im konkreten Fall verwaltete die Klägerin als Kapitalgesellschaft eigenes Vermögen. Hauptgesellschafterin war die Geschäftsführerin, daneben hielt ihr Ehemann, ein Rechtsanwalt, einen kleinen Anteil. Zunächst war eine Steuerberaterin für die Gesellschaft tätig und übernahm die Erstellung der Erklärungen. Im Jahr 2023 teilte die Gesellschaft dem Finanzamt jedoch mit, dass diese Beraterin nicht mehr beauftragt sei. Die Steuererklärungen für 2021 wurden schließlich erst am 17.9.2023 eingereicht. Das Finanzamt setzte deshalb Verspätungszuschläge für Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer fest. Es verwies darauf, dass die reguläre Abgabefrist für nicht beratene Steuerpflichtige am 31.10.2022 geendet habe. Die Klägerin wandte dagegen ein, dass sie durch den mitbeteiligten Rechtsanwalt vertreten sei und deshalb die verlängerte Abgabefrist für beratene Steuerpflichtige gelte. Zudem verwies sie auf die coronabedingten Sonderregelungen, nach denen die Frist auf den 31.8.2023 verlängert worden war. Da die Abgabe nur kurze Zeit später erfolgt sei, dürften keine Zuschläge festgesetzt werden.
Das Finanzamt sah dies erwartungsgemäß anders. Es verlangte einen Nachweis der anwaltlichen Bevollmächtigung, der zunächst nicht vorgelegt wurde. Aus seiner Sicht war der Ehemann nicht im Rahmen einer ordentlichen Beauftragung nach § 149 Absatz 3 AO tätig, sondern lediglich als Gesellschafter und Ehemann der Geschäftsführerin. Deshalb habe er nicht als typischer externer Berater gegolten. Auch die Verlängerungen durch die Corona-Steuerhilfegesetze seien gesetzlich festgelegt und keine individuelle Fristverlängerung durch die Behörde.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg gab der Klage nur teilweise statt. Für die Körperschaftsteuer blieb es bei dem Verspätungszuschlag. Nach Auffassung der Richter handelt es sich hier um einen zwingenden Zuschlag nach § 152 Absatz 2 Nummer 1 AO. Denn die Erklärung wurde nach Ablauf der verlängerten Frist von 20 Monaten abgegeben, die für 2021 aufgrund der Sonderregelung in Art. 97 § 36 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO) galt. Selbst wenn man einen Beraterfall annehmen würde, war die Abgabe am 17.9.2023 verspätet, da die Frist am 31.8.2023 endete. Außerdem lag keine Rückausnahme nach § 152 Absatz 3 AO vor, weil weder eine Fristverlängerung durch das Finanzamt gewährt noch die Steuer auf null festgesetzt wurde.
Anders beurteilte das Gericht die Zuschläge zur Umsatzsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag. Hier lag entweder eine Steuer von null oder ein Erstattungsbetrag vor. In solchen Fällen sieht § 152 Absatz 3 AO vor, dass es nicht zu einem zwingenden Zuschlag kommt, sondern die Behörde Ermessen ausüben muss. Dieses Ermessen hatte das Finanzamt jedoch gar nicht geprüft, sondern pauschal Zuschläge festgesetzt. Das wertete das Gericht als Ermessensausfall. Die Bescheide waren deshalb rechtswidrig und aufzuheben.
Besondere Bedeutung hat das Urteil in Bezug auf die Auslegung von § 149 Absatz 3 AO. Das Gericht stellte klar, dass nicht jede Bevollmächtigung ausreicht, um die verlängerte Frist in Anspruch nehmen zu können. Entscheidend ist, dass ein echter Auftrag zur Erstellung der Steuererklärung an einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe erteilt wird. Handelt eine Person lediglich in eigener Sache oder als Gesellschafter, wie hier der Rechtsanwalt-Ehemann, reicht dies nicht aus. Sinn und Zweck der Norm ist es, die Arbeitsbelastung derjenigen zu entzerren, die für viele Mandanten tätig sind. Daher fallen nur die klassischen »professionellen Erklärer« unter die Sonderregelung.
Das Gericht widersprach damit ausdrücklich einer anderen Auffassung, die das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht am 15.12.2023 unter dem Aktenzeichen 3 K 88/22 vertreten hatte. Dort war man davon ausgegangen, dass die coronabedingten Fristverlängerungen wie behördliche Verlängerungen nach § 109 AO zu behandeln sind. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg folgte dieser Ansicht nicht, da es sich um eine gesetzliche Maßnahme handelte und nicht um eine Ermessensentscheidung der Behörde.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio sind keine außergewöhnlichen Belastungen
Gesundheitskosten spielen im Steuerrecht eine besondere Rolle, weil sie unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Damit lassen sich steuerliche Nachteile abmildern, die durch Krankheits- oder Behandlungskosten entstehen. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit geschaffen, weil Krankheitskosten im Gegensatz zu normalen Lebenshaltungskosten oft unvermeidbar und mit erheblichen finanziellen Belastungen verbunden sind. Allerdings legt das Gesetz enge Maßstäbe an, wann eine Ausgabe als außergewöhnliche Belastung anerkannt wird, und unterscheidet strikt zwischen zwingend notwendigen Krankheitskosten und Aufwendungen, die eher in den Bereich der privaten Lebensführung fallen.
In dem nun entschiedenen Fall war die Klägerin körperlich beeinträchtigt und litt an schmerzhaften Bewegungseinschränkungen. Zur Behandlung erhielt sie im Jahr 2018 ein ärztlich verordnetes Funktionstraining in Form von Wassergymnastik. Die Krankenkasse übernahm hierfür die Kosten. Zunächst führte sie das Training bei einem Kneipp-Verein durch, konnte dort jedoch aufgrund ihrer privaten und beruflichen Verpflichtungen nur samstags teilnehmen. Deshalb wechselte sie zu einem nahegelegenen Fitnessstudio, das zeitlich flexiblere Kurse anbot. Die Kurse wurden von qualifizierten Übungsleitern im Rahmen des Rehabilitationssports durchgeführt. Voraussetzung für die Teilnahme war jedoch eine Mitgliedschaft sowohl im Fitnessstudio als auch in einem weiteren Verein sowie der Erwerb eines Grundmoduls, das unter anderem die Nutzung des Schwimmbads und der Sauna beinhaltete. Während die Krankenkasse die Kosten des eigentlichen Funktionstrainings übernahm, musste die Klägerin die Mitgliedsbeiträge und das Grundmodul selbst zahlen. Diese machte sie in ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen nicht an. Das Finanzgericht Niedersachsen gab der Klägerin nur teilweise Recht: Fahrtkosten zum Training und Mitgliedsbeiträge für den Verein wurden berücksichtigt, nicht jedoch die Kosten für die Mitgliedschaft im Fitnessstudio und das Grundmodul. Dagegen legte die Klägerin Revision ein. Sie argumentierte, dass sie die Mitgliedschaft zwingend habe eingehen müssen, um das ärztlich verordnete Funktionstraining wahrnehmen zu können. Das Finanzamt hielt dagegen, dass es sich nicht um zwangsläufige Krankheitskosten, sondern um freiwillige Aufwendungen der Lebensführung handele.
Die obersten Finanzrichter entschieden am 21.11.2024 unter dem Aktenzeichen VI R 1/23, dass die Revision unbegründet ist. Sie bestätigten damit die Entscheidung des Finanzgerichts. Nach § 33 Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind außergewöhnliche Belastungen nur dann abziehbar, wenn dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig entstehen. Zwangsläufigkeit liegt nur vor, wenn sich der Steuerpflichtige den Kosten aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Krankheitskosten fallen grundsätzlich darunter, allerdings nur dann, wenn sie unmittelbar der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs handelt es sich bei Fitnessstudiobeiträgen nicht um Krankheitskosten, sondern um allgemeine Aufwendungen für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Diese Leistungen werden auch von gesunden Menschen in Anspruch genommen und sind daher den nicht abzugsfähigen Lebenshaltungskosten nach § 12 Nr. 1 EStG zuzuordnen. Der Umstand, dass die Klägerin für den Zugang zum Funktionstraining eine Mitgliedschaft benötigte, ändert daran nichts. Diese Entscheidung sei Folge eines frei gewählten Konsumverhaltens, nicht einer echten Zwangslage. Zudem stand der Klägerin durch das Grundmodul auch die Nutzung von Schwimmbad und Sauna offen, unabhängig davon, ob sie diese tatsächlich genutzt hat.
3. Für Eltern: Zum Sonderausgabenabzug von Schulgeld
Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Schulgeld sorgt immer wieder für Streit. Grundsätzlich ist im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt, dass Eltern einen Teil des Schulgelds, das sie für ihre Kinder an Privatschulen zahlen, als Sonderausgaben geltend machen können. Allerdings gelten dafür leider enge Voraussetzungen: Die Schule muss in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum liegen und zu einem anerkannten Schulabschluss führen. Schwieriger wird es, wenn Kinder Schulen außerhalb dieses Bereichs besuchen – etwa in der Schweiz. Dann stellt sich die Frage, ob sich aus internationalen Abkommen eine Gleichbehandlung ergibt.
In dem vom Finanzgericht Münster am 14.11.2024 unter dem Aktenzeichen 8 K 2742/22 E entschiedenen Fall lebte eine Familie mit zwei Kindern in der Schweiz. Der Vater war deutscher Staatsbürger und in Deutschland berufstätig. Sein Sohn besuchte in der Schweiz eine private Einrichtung, die Kindergarten- und Grundschulunterricht anbot. Die Eltern zahlten dafür im Streitjahr 2020 mehrere tausend Franken. In ihrer deutschen Steuererklärung machten sie diese Kosten als Schulgeld nach § 10 Absatz 1 Nummer 9 EStG geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab und verwies darauf, dass die Schule nicht im EU- oder EWR-Raum belegen sei.
Der Vater hielt dies für unzulässig. Er verwies auf das Abkommen über die Freizügigkeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz (FZA). Dieses garantiere eine Gleichbehandlung und verbiete steuerliche Nachteile, die allein durch die Ausübung der Freizügigkeit entstehen. Er argumentierte, dass er das Schulgeld hätte absetzen können, wenn er mit seiner Familie in Deutschland geblieben wäre. Dass er nun wegen des Umzugs in die Schweiz schlechter gestellt werde, verletze nach seiner Ansicht das FZA. Zudem sei die Einrichtung keine reine Betreuung, sondern eine Schule mit Lehrplänen und Unterricht in Deutsch, Französisch, Sport und Musik.
Das Finanzamt hielt dagegen, dass die Kosten selbst bei einem in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen für den Besuch einer Schweizer Privatschule nicht abziehbar wären. Außerdem sei der Sohn zum Zeitpunkt der Zahlungen noch nicht in Deutschland schulpflichtig gewesen. Nach dem deutschen Schulgesetz beginnt die Schulpflicht mit dem sechsten Lebensjahr. Daher handle es sich im Ergebnis um Aufwendungen, die eher einem Kindergartenbesuch ähnelten. Kinderbetreuungskosten seien zwar abziehbar, doch der Höchstbetrag sei im Streitfall bereits ausgeschöpft.
Das Finanzgericht Münster folgte der Auffassung des Finanzamts. Es stellte klar, dass § 10 Absatz 1 Nummer 9 EStG ausdrücklich voraussetzt, dass die Schule in einem EU- oder EWR-Staat liegt. Die Schweiz gehört nicht dazu. Auch aus dem Freizügigkeitsabkommen ergibt sich nach Ansicht der Richter kein Anspruch auf Gleichbehandlung. Eine Benachteiligung durch den Wohnsitzwechsel liegt nicht vor, da die Kosten auch in Deutschland nicht abziehbar gewesen wären. Ausschlaggebend ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, etwa im Urteil vom 16.11.2005 unter dem Aktenzeichen XI R 79/03, dass Schulgeldzahlungen erst ab dem Beginn der öffentlich-rechtlichen Schulpflicht zu berücksichtigen sind. Vorher stehen regelmäßig die Betreuung und nicht die schulische Ausbildung im Vordergrund.
Die Richter verwiesen außerdem darauf, dass Schulgeld in der Schweiz generell nicht steuerlich abzugsfähig ist. Wäre die Familie ausschließlich dort steuerpflichtig, hätte sich steuerlich ebenfalls kein Vorteil ergeben. Es liegt daher keine Ungleichbehandlung vor, die das Freizügigkeitsabkommen verhindern müsste. Auch die von der Klägerseite gestellten Beweisanträge waren nach Ansicht des Gerichts nicht entscheidungserheblich, da es nicht um die Qualität oder Anerkennung der Schule ging, sondern um die grundsätzliche Abzugsfähigkeit der Kosten. Das Finanzgericht entschied daher, dass die Zahlungen nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen.
4. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Nicht unbedingt Arbeitslohn bei schenkweiser Übertragung von Gesellschaftsanteilen
Die Frage, ob die Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf Mitarbeiter steuerlich als Arbeitslohn anzusehen ist, sorgt seit vielen Jahren für Diskussionen. Denn für die Besteuerung ist entscheidend, ob ein Vorteil als Gegenleistung für die Arbeitsleistung gewährt wird oder ob er auf anderen Gründen beruht.
Gerade bei der Unternehmensnachfolge ist dies ein sensibles Thema: Viele Unternehmer möchten die künftige Leitung ihres Unternehmens sichern, indem sie langjährige und bewährte Mitarbeiter am Unternehmen beteiligen. Das wirft die Frage auf, ob diese Übertragungen ein Teil des Arbeitslohns oder eine Maßnahme zur Sicherung der Unternehmensfortführung sind.
Im vorliegenden Fall war die Klägerin seit vielen Jahren bei einer GmbH im Bereich Vertrieb und Personal beschäftigt. Die Gesellschaft war von zwei Gesellschaftern gegründet worden, die jeweils ungefähr die Hälfte des Stammkapitals hielten. Als einer der beiden Gesellschafter das 65. Lebensjahr vollendet hatte, stellte sich die Frage der Nachfolgeregelung.
In der Gesellschafterversammlung im Jahr 2013 wurde beschlossen, dass sowohl der Sohn der Gesellschafter als auch mehrere leitende Mitarbeiter Geschäftsanteile erhalten sollten. Ziel war es, den Fortbestand und die Weiterentwicklung des Unternehmens sicherzustellen. Dabei war ausdrücklich festgehalten, dass allein der Sohn die Leitung nicht übernehmen konnte, da ihm die notwendige unternehmerische Erfahrung fehlte. Deshalb sollten auch die in der Geschäftsleitung tätigen Mitarbeiter mit Anteilen ausgestattet werden, um sie stärker in die Verantwortung einzubinden.
Im notariellen Übertragungsvertrag wurden schließlich die Anteile übertragen. Die Klägerin erhielt ebenso wie drei weitere leitende Mitarbeiter einen Anteil von jeweils 650 Euro am Stammkapital. Der Sohn der Gesellschafter bekam den Großteil der Anteile, allerdings unter Nießbrauchsvorbehalt. Besonders wichtig ist, dass die Übertragungen nicht an Bedingungen geknüpft waren. Es war weder ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses Voraussetzung noch gab es eine Verpflichtung zur weiteren Mitarbeit. Lediglich für den Fall, dass die steuerlichen Begünstigungen nach den §§ 13a, 13b und 19a des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) nicht anerkannt würden, enthielt der Vertrag eine Rückfallklausel. Schon dies deutete darauf hin, dass die Übertragung nicht als Vergütung für Arbeit gedacht war, sondern als Teil einer Nachfolgeregelung.
Das zuständige Finanzamt bewertete den Vorgang nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung jedoch anders. Es sah in der unentgeltlichen Übertragung der Geschäftsanteile einen geldwerten Vorteil, der als Arbeitslohn im Sinne des § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zu erfassen sei. Der Wert der Anteile sei daher als Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern. Der Einspruch der Klägerin gegen diesen Steuerbescheid blieb erfolglos. Erst das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt entschied am 27.4.2022 unter dem Aktenzeichen 3 K 161/21, dass kein Arbeitslohn vorliege. Das Gericht stellte fest, dass es sich bei der Übertragung der Anteile nicht um eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung der Klägerin handelte, sondern um einen Vorgang, der von der Sicherung der Unternehmensnachfolge geprägt war.
Das Finanzamt akzeptierte diese Entscheidung nicht und legte Revision beim obersten Finanzgericht ein. Es argumentierte, dass nach der bisherigen Rechtsprechung auch Zuwendungen von Dritten als Arbeitslohn zu behandeln seien, wenn sie im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stünden. Das oberste Finanzgericht befasste sich am 20.11.2024 unter dem Aktenzeichen VI R 21/22 erneut mit dem Fall und bestätigte erfreulicherweise die Sichtweise des Finanzgerichts. Die Richter stellten klar, dass zwar der verbilligte Erwerb von Gesellschaftsanteilen grundsätzlich steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen kann, wenn dieser »für« die Arbeitsleistung gewährt wird. Im vorliegenden Fall sei das entscheidende Motiv für die Anteilsübertragung aber nicht die Vergütung der Arbeitsleistung gewesen, sondern die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Dies zeige sich bereits im Protokoll der Gesellschafterversammlung, in dem die Nachfolgeregelung als Grund genannt wurde. Außerdem spreche die Rückfallklausel im Vertrag, die ausdrücklich auf die Begünstigungen des Erbschaftsteuerrechts Bezug nahm, für dieses Motiv.
Die Richter wiesen darauf hin, dass die Einbindung der erfahrenen Mitarbeiter in den Gesellschafterkreis ein typisches Mittel sei, um die Unternehmensnachfolge zu sichern. Die Übertragung sei daher aus gesellschaftsrechtlichen und unternehmensstrategischen Gründen erfolgt, nicht als zusätzliche Entlohnung. Dies zeigte sich auch daran, dass die Anteile unabhängig von Gehalt und Beschäftigungsdauer gleichmäßig auf die leitenden Angestellten verteilt wurden. Zudem wäre der angenommene Vorteil im Verhältnis zum bisherigen Arbeitslohn so hoch gewesen, dass er nicht als Entgelt für die bisherige Tätigkeit erklärbar war. Auch die Tatsache, dass die Übertragung nicht an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gebunden war, sprach gegen die Annahme von Arbeitslohn.
Damit stellten die obersten Finanzrichter klar, dass die Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Rahmen einer Nachfolgeregelung nicht automatisch zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt. Entscheidend ist, ob die Zuwendung tatsächlich eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung ist oder ob sie aus anderen Motiven erfolgt.
Für die Praxis bedeutet dies, dass Unternehmer bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Rahmen der Nachfolge zwar sorgfältig dokumentieren müssen, aus welchen Gründen die Übertragung erfolgt. Wenn erkennbar ist, dass es allein um die Unternehmensfortführung geht, liegt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor.
5. Für GmbH-Gesellschafter: Forderungsverzicht zwischen Gesellschaftern als Schenkung
Wenn Gesellschafter in eine GmbH Vermögen einbringen, stellt sich bei steuerlichen Vorgängen häufig die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen solche Einlagen oder spätere Veränderungen in der Beteiligungsstruktur schenkungsteuerlich relevante Vorgänge auslösen. Besonders brisant wird dies, wenn disquotale Einlagen – also Beiträge, die nicht im Verhältnis zur Beteiligung erfolgen – geleistet werden und später ohne vollständigen Ausgleich auf andere Gesellschafter übertragen werden. Ein solcher Fall wurde durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19.6.2024 unter dem Aktenzeichen II R 40/21 entschieden.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Vater gründete gemeinsam mit seinen beiden Söhnen eine GmbH, an der alle zu je einem Drittel beteiligt waren. Die Satzung enthielt eine Öffnungsklausel, die es den Gesellschaftern ermöglichte, abweichend von der Beteiligungsquote über die Verteilung von Gewinnen und Kapitalrücklagen zu entscheiden. Die Gesellschafter beschlossen 2006, dass eingebrachtes Vermögen individuell zugeordnet werden soll. Infolge dieses Beschlusses leistete der Vater in den folgenden Jahren Bar- und Sachleistungen im Umfang von insgesamt 4,95 Millionen Euro, die als »Kapitalrücklage V« verbucht wurden.
2012 wurde das Stammkapital der GmbH erhöht – allerdings nur durch die beiden Söhne, denen der Vater zuvor unentgeltlich Unternehmensbeteiligungen übertragen hatte. Dabei wurde die ursprünglich disquotale Kapitalrücklage plötzlich den Gesellschaftern quotal, also entsprechend ihrer neuen Beteiligungsquote, zugewiesen. Dies führte zu einer massiven Reduktion der rechnerischen Beteiligung des Vaters an der Kapitalrücklage. Zwar wurde ein monatlicher Ausgleich vereinbart, doch dieser erfasste nur einen Teil des ermittelten Wertverlusts.
Das Finanzamt wertete diesen teilweisen Verzicht des Vaters auf einen vollständigen Ausgleich als freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Absatz 1 Nummer 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Es setzte gegen die Söhne Schenkungsteuer fest, da sie durch den Forderungsverzicht des Vaters auf Kosten von dessen Vermögen bereichert worden seien. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hatte dieser Bewertung zunächst widersprochen. Es war der Ansicht, dass durch die disquotalen Einlagen keine individuelle Bereicherung der Söhne erfolgt sei, da das Gesellschaftsvermögen und insbesondere die Kapitalrücklage stets der GmbH selbst zustehen.
Dem widersprachen die obersten Finanzrichter nun in ihrem Urteil. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass eine disquotale Zuweisung von Kapitalrücklagen gesellschaftsrechtlich zulässig und steuerrechtlich anzuerkennen ist, wenn eine entsprechende satzungsmäßige Grundlage und ein wirksamer Gesellschafterbeschluss vorliegen – wie im vorliegenden Fall durch den Beschluss vom 1.7.2006. Dieser Beschluss wurde von allen Gesellschaftern getragen und entsprach den Anforderungen der Satzung, sodass er sowohl zivilrechtlich als auch steuerlich wirksam war.
Der Verzicht des Vaters auf einen vollständigen Ausgleich seines Wertverlusts stellt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs eine freigebige Zuwendung dar. Der Bundesfinanzhof betonte, dass es genügt, wenn dem Zuwendenden die teilweise Unentgeltlichkeit bewusst ist. Dies war nach den Feststellungen im notariellen Vertrag eindeutig der Fall, da die Gesellschafter darin die veränderte Zuordnung der Kapitalrücklage ausdrücklich als »verbindlich« anerkannten. Dass der Vater sich bewusst auf einen nur teilweisen Ausgleich eingelassen hat, wurde als ausreichendes Indiz für den erforderlichen subjektiven Tatbestand gewertet.
Das oberste Finanzgericht hob damit das vorherige Urteil des Finanzgerichts auf und wies die Klage des Sohnes ab. Der Bescheid über die Festsetzung der Schenkungsteuer wurde bestätigt. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs verdeutlicht, dass der steuerliche Fokus bei Kapitalmaßnahmen innerhalb von Familiengesellschaften nicht allein auf die Einlagehandlungen, sondern auch auf spätere disquotale Umverteilungen und die daraus resultierenden Vermögensverschiebungen zu richten ist.
6. Für Personengesellschaften: Transparente Betrachtung bei der Grunderwerbsteuer
Bei der Grunderwerbsteuer kommt es immer wieder zu Streitfällen, wenn Anteile an Gesellschaften übertragen oder vereinigt werden. Das liegt daran, dass das Gesetz nicht nur den direkten Erwerb von Grundstücken besteuert, sondern auch bestimmte gesellschaftsrechtliche Vorgänge, die wirtschaftlich einem Grundstückskauf gleichkommen (sollen).
Besonders kompliziert wird es, wenn es um Personengesellschaften geht. Hier stellt sich die Frage, wie Befreiungsvorschriften anzuwenden sind, wenn Gesellschafter miteinander verwandt sind. Genau mit diesem Problem befasste sich das Finanzgericht Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 5.7.2024 unter dem Aktenzeichen 5 K 2326/22.
Im entschiedenen Fall war ein Vater zusammen mit seinen beiden Söhnen Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft. Zunächst hielt der Vater 50 Prozent und die Söhne jeweils 25 Prozent. Später erhöhte sich der Anteil des Vaters auf 52,5 Prozent, die der Söhne verringerten sich entsprechend. Schließlich brachte der Vater ein ihm allein gehörendes Grundstück in die Gesellschaft ein. Im Gegenzug erhielt er neue Gesellschaftsrechte, sodass er nunmehr zu 97 Prozent beteiligt war, während die Söhne nur noch 1,5 Prozent hielten.
Zum Vermögen der Gesellschaft gehörten mehrere Eigentumswohnungen. Das Finanzamt behandelte diesen Vorgang als steuerbaren Erwerb nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Es setzte Grunderwerbsteuer fest und gewährte nur teilweise eine Steuerbefreiung, da nach seiner Auffassung nur 50 Prozent der Anteile unter die Befreiungsvorschriften fallen konnten.
Das Finanzamt argumentierte, dass der Vater durch den Vorgang 97 Prozent der Anteile an der Gesellschaft in seiner Hand vereinigt habe. Nur der Anteil, den er bereits zuvor besessen hatte, könne nach § 6 Absatz 2 GrEStG steuerfrei bleiben. Neu geschaffene Anteile aus der Kapitalerhöhung seien hingegen nicht von den Söhnen auf den Vater übertragen worden, sondern entstanden unmittelbar beim Vater selbst. Daher fehle es an einer Übertragung, die für die Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 6 GrEStG erforderlich sei. Diese Vorschrift befreit Grundstücksübertragungen zwischen Verwandten in gerader Linie von der Steuer. Aus Sicht des Finanzamts war eine solche Übertragung hier aber nicht gegeben.
Der Vater hielt dem entgegen, dass es sich bei § 1 Absatz 3 GrEStG um einen Ersatztatbestand handle, der den wirtschaftlichen Erwerb von Grundstücken fingiert. Entscheidend sei nicht, ob rechtlich ein neuer Anteil gebildet worden sei, sondern dass er die Grundstücke wirtschaftlich von der Gesamthandgesellschaft erworben habe. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Personengesellschaften eine transparente Betrachtung geboten. Das bedeutet, dass persönliche Eigenschaften der Gesellschafter, wie ein Verwandtschaftsverhältnis, der Gesellschaft zugerechnet werden. Da die Söhne insgesamt zu 47,5 Prozent beteiligt waren, müsse dieser Anteil zusätzlich zur bereits anerkannten Befreiung steuerfrei gestellt werden. Der Vater ist schließlich in gerader Linie mit den Söhnen verwandt. Somit sei der gesamte Erwerb bis auf einen geringen Rest steuerfrei.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab dem Vater im Wesentlichen recht. Es stellte klar, dass ein steuerbarer Erwerb nach § 1 Absatz 3 GrEStG oder nach § 1 Absatz 3a GrEStG vorliegt. Beide Vorschriften erfassen Vorgänge, bei denen jemand mindestens 90 Prozent der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft hält. Das Gericht sah jedoch die Steuerbefreiung in viel größerem Umfang als das Finanzamt gegeben. Nach § 6 Absatz 2 GrEStG sei der Erwerb des Vaters insoweit steuerfrei, wie er bereits zuvor beteiligt war. Das waren 50 Prozent. Zusätzlich müsse aber § 3 Nummer 6 GrEStG berücksichtigt werden. Diese Vorschrift gelte auch bei fingierten Grundstückserwerben von einer Personengesellschaft, wenn Gesellschafter in gerader Linie miteinander verwandt sind. Da die Söhne des Vaters mit zusammen 47,5 Prozent beteiligt waren, sei auch dieser Anteil steuerfrei. Insgesamt seien daher 97,5 Prozent des Erwerbs von der Steuer ausgenommen. Nur für die restlichen 2,5 Prozent blieb die Steuer bestehen.
Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit der besonderen Rechtsnatur von Personengesellschaften. Bei ihnen sind die Gesellschafter gesamthänderisch am Vermögen beteiligt. Deshalb ist es gerechtfertigt, persönliche Eigenschaften wie das Verwandtschaftsverhältnis auf Gesellschaftsebene zu berücksichtigen. Das Gericht verwies dabei auch auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, zum Beispiel das Urteil vom 11.6.2008 unter dem Aktenzeichen II R 58/06, in dem die obersten Finanzrichter die Zurechnung von persönlichen Eigenschaften bei Personengesellschaften bestätigt hatten.
Ebenso betonte das Gericht, dass § 1 Absatz 3 GrEStG keine gesellschaftsrechtlichen Vorgänge besteuern will, sondern wirtschaftliche Grundstückserwerbe, wie es der Bundesfinanzhof schon in seinem Urteil vom 26.7.1995 unter dem Aktenzeichen II R 68/92 herausgestellt hatte.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg kam deshalb zu dem Ergebnis, dass der Erwerbsvorgang zu 97,5 Prozent steuerfrei ist. Damit korrigierte es die Auffassung des Finanzamts, das lediglich eine hälftige Befreiung zugelassen hatte.
7. Für Immobilien-Gesellschaften: Keine erweiterte Grundbesitzkürzung bei unterjährigem Erwerb von Grundbesitz
Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist für viele Immobiliengesellschaften von großer Bedeutung. Sie soll sicherstellen, dass reine Grundstücksverwaltungsgesellschaften, die nur eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, nicht mit Gewerbesteuer belastet werden. Auf diese Weise werden sie gleichgestellt mit Einzelpersonen oder Personengesellschaften, die durch ihre Rechtsform ohnehin keiner Gewerbesteuerpflicht unterliegen.
Die Regelung ist jedoch eng gefasst: Die Gesellschaft darf ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, und diese Tätigkeit muss sich über den gesamten Erhebungszeitraum erstrecken. Ob vorbereitende Handlungen bereits genügen oder ob das wirtschaftliche Eigentum an den Grundstücken tatsächlich vorliegen muss, war im entschiedenen Fall streitig.
Im Mittelpunkt stand eine Immobilien-GmbH, die Ende 2018 gegründet wurde und im November desselben Jahres mehrere Objekte erwarb. Der Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten erfolgte jedoch erst im Mai 2019. Schon vor diesem Zeitpunkt hatte die Gesellschaft begonnen, mit Banken über die Finanzierung zu verhandeln, Architekten mit Umnutzungsplanungen zu beauftragen und mit potenziellen Mietern zu sprechen. Nach ihrer Auffassung stellte dies bereits eine Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes dar. Sie argumentierte zudem, dass sie die Objekte ursprünglich langfristig halten und vermieten wollte und die Veräußerung später lediglich eine Reaktion auf die Marktlage gewesen sei. Deshalb beantragte sie für das Jahr 2019 die erweiterte Gewerbesteuerkürzung.
Das Finanzamt lehnte dies ab. Es stellte darauf ab, dass die Klägerin während der ersten vier Monate des Jahres 2019 noch keinen eigenen Grundbesitz genutzt habe, weil das wirtschaftliche Eigentum erst mit dem Lastenwechsel im Mai überging. Tätigkeiten im Vorfeld, wie die Beantragung von Genehmigungen oder Vertragsverhandlungen, seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch keine »Verwaltung und Nutzung« im Sinne des Gesetzes. Zudem wies die Behörde auf die hohen Verkaufszahlen hin, die für einen gewerblichen Grundstückshandel sprächen.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschied am 5.11.2024 unter dem Aktenzeichen 8 K 8179/22, dass die Klage unbegründet ist. Die Richter betonten, dass der Begriff der Ausschließlichkeit in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG qualitativ, quantitativ und auch zeitlich zu verstehen ist. In zeitlicher Hinsicht bedeutet das, dass die Grundstücksverwaltung über den gesamten Erhebungszeitraum hinweg stattfinden muss. Eine zeitanteilige Begünstigung kennt das Gesetz nicht. Da die Klägerin bis Mai 2019 überhaupt keinen eigenen Grundbesitz genutzt hat, konnte sie die Voraussetzungen nicht erfüllen. Die vorbereitenden Maßnahmen stellten keine Fruchtziehung aus eigenem Grundbesitz dar. Erst mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums begann die Verwaltung und Nutzung, sodass die Anforderungen des Gesetzes für mehrere Monate nicht eingehalten waren.
Zur Stützung dieser Argumentation verwies das Gericht auf zahlreiche Entscheidungen des obersten Finanzgerichts. So wurde bereits im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.2.2014 unter dem Aktenzeichen I R 6/13 betont, dass vorbereitende Handlungen keine Nutzung darstellen. Auch im Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 27.10.2021 unter dem Aktenzeichen III R 7/19 wurde hervorgehoben, dass die erweiterte Kürzung nicht gewährt wird, wenn die Grundstücksverwaltung nur einen Teil des Jahres stattgefunden hat. Ebenso hatte das oberste Finanzgericht in früheren Entscheidungen, etwa im Urteil vom 20.1.1982 unter dem Aktenzeichen I R 201/78, klargestellt, dass eine durchgängige Tätigkeit erforderlich ist.
Das Finanzgericht stellte klar, dass es nicht entscheidend ist, ob die Klägerin schon im November 2018 Kaufverträge geschlossen und die Verwaltungstätigkeit »angedacht« hatte. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Nutzung, die erst mit dem Eigentumsübergang begann. Auch eine Berufung auf eine mögliche Ungleichbehandlung gegenüber Personengesellschaften half der Klägerin nicht. Das Gericht erklärte, dass der Gesetzgeber die engen Voraussetzungen bewusst gewählt hat und es keine Ausnahmen wegen Geringfügigkeit gibt. Vier Monate ohne Nutzung seien auch nicht als unerheblicher Zeitraum anzusehen. Damit blieb es bei der Versagung der erweiterten Kürzung.
8. Für Immobilieneigentümer: Keine Sonderabschreibung für Ersatzneubauten
Die steuerliche Förderung von Neubauten im Rahmen der sogenannten Wohnraumoffensive beschäftigt viele Vermieter. Der Gesetzgeber wollte mit § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) Anreize schaffen, damit mehr bezahlbare Mietwohnungen entstehen. Umstritten ist jedoch, ob auch der Abriss eines alten Hauses und der anschließende Neubau darunterfällt. Genau damit hatte sich das Finanzgericht Köln im Urteil vom 12.9.2024 unter dem Aktenzeichen 1 K 2206/21 zu befassen.
Im entschiedenen Fall ging es um ein Einfamilienhaus aus den 1960er Jahren, das von den Klägern vermietet wurde. Die Immobilie war zwar renovierungsbedürftig, aber noch bewohnbar. Eine Kostenschätzung für eine umfassende Sanierung lag bei rund 106.000 Euro. Da das Ehepaar diese Summe im Verhältnis zum Restwert des Gebäudes für zu hoch hielt, kündigte es den Mietern, setzte nach einem Rechtsstreit mit diesen den Abriss durch und ließ 2020 ein neues Einfamilienhaus auf dem Grundstück errichten. Die Baukosten beliefen sich auf über 300.000 Euro. In der Steuererklärung für 2020 machten die Eigentümer eine Sonderabschreibung nach § 7b EStG in Höhe von rund 15.200 Euro geltend. Zur Begründung trugen sie vor, dass durch den vollständigen Abriss und den anschließenden Neubau neuer Wohnraum geschaffen worden sei. Eine Sanierung sei nicht nur unwirtschaftlich, sondern hätte den Wohnraum auch nicht dauerhaft gesichert.
Das Finanzamt versagte die Sonderabschreibung. Zur Begründung wurde auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27.1.1993 unter dem Aktenzeichen IX R 97/88 verwiesen. Danach ist nur die Schaffung zusätzlichen Wohnraums begünstigt, nicht aber der Ersatz bereits vorhandener Wohnungen. Ein bloßer Austausch eines alten durch ein neues Haus erfülle nicht den Zweck der Norm, die darauf ausgerichtet sei, den Wohnungsmangel zu lindern. Gegen diese Sichtweise wehrten sich die Eigentümer mit dem Hinweis, dass der Gesetzeswortlaut lediglich von »neuen« Wohnungen spreche, nicht aber das Erfordernis des zusätzlichen Wohnraums enthalte. Außerdem habe das Bundesfinanzhofurteil vom 19.5.1961 unter dem Aktenzeichen VI 127/60 U eine Begünstigung nach Abriss und Neubau zugelassen. Sie sahen sich daher im Recht, die Förderung in Anspruch zu nehmen.
Das Finanzgericht Köln wies die Klage jedoch leider ab. Nach Ansicht der Richter ist § 7b EStG eindeutig so auszulegen, dass nur zusätzlicher Wohnraum gefördert wird. Der reine Ersatz eines bestehenden Hauses durch einen Neubau fällt nicht unter die Begünstigung. Das Gericht betonte, dass der Gesetzgeber mit der Wohnraumoffensive gezielt mehr Wohnungen schaffen wollte. Es reiche deshalb nicht aus, wenn ein altes Haus durch ein neues ersetzt werde. Entscheidend sei nicht, dass zwischen Abriss und Neubau für einige Monate kein Wohnraum bestand, sondern dass es im Ergebnis bei einer einzigen Wohneinheit blieb. Eine quantitative Mehrung habe nicht stattgefunden.
Die Richter stützten ihre Entscheidung ausdrücklich auf den Förderungszweck. Auch der bessere energetische Standard des Neubaus ändere nichts daran, dass keine zusätzliche Wohnung entstanden sei. Damit unterscheide sich der Fall auch von der Rechtslage der 1950er und 1960er Jahre, als es noch um den Wiederaufbau nach den Kriegszerstörungen ging. Dort hatte der Bundesfinanzhof Neubauten nach Abriss teilweise gefördert. Im aktuellen Fall sei das alte Haus aber keineswegs unbewohnbar gewesen, sodass eine Sanierung ohne weiteres möglich gewesen wäre.
Nach Auffassung des Finanzgerichts liegt damit keine »neue, bisher nicht vorhandene Wohnung« im Sinne von § 7b EStG vor. Die Sonderabschreibung konnte deshalb nicht gewährt werden. Die Revision wurde allerdings zugelassen, sodass nun der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 24/24 klären wird, ob Ersatzneubauten grundsätzlich von der steuerlichen Förderung ausgeschlossen bleiben.
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