Von den Beiträgen für eine Unfallversicherung des Arbeitnehmers kann der
Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 20 % der Beiträge
erheben, wenn mehrere
Arbeitnehmer
gemeinsam in einem Gruppen-Unfallversicherungvertrag versichert sind und
bestimmte Grenzen nicht überschritten werden. Je nach Vertrag ergeben sich
hinsichtlich der Besteuerung und des Kostenabzugs beim Steuerpflichtigen
unterschiedliche Auswirkungen. Entscheidend für eine
Steuerpflicht der Beiträge ist der jeweilige
Auskehrungsanspruch. Sind die Beitragszahlungen noch nicht
lohnsteuerpflichtig, greift ggf. die spätere
nachgelagerte Besteuerung der
Versicherungsleistungen.
1. Versicherungen des
Arbeitnehmers
Aufwendungen für eine Versicherung ausschließlich gegen
Unfälle, die mit der beruflichen Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang
stehen (einschließlich der Unfälle auf dem Weg zur Arbeitsstätte), sind
Werbungskosten (
Berufsunfälle).
Aufwendungen des Arbeitnehmers für eine Versicherung gegen
außerberufliche Unfälle sind
Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG).
Aufwendungen für eine Unfallversicherung, die das Unfallrisiko sowohl
im beruflichen als auch im außerberuflichen Bereich abdeckt, sind zum einen
Teil
Werbungskosten und zum anderen Teil
Sonderausgaben. Der Gesamtbeitrag
einschließlich Versicherungsteuer für beide Risiken ist entsprechend
aufzuteilen. Für die Aufteilung sind die Angaben des
Versicherungsunternehmens darüber maßgebend, welcher Anteil des
Gesamtbeitrags das berufliche Unfallrisiko abdeckt. Fehlen derartige
Angaben, ist der Gesamtbeitrag durch Schätzung aufzuteilen. Die Anteile
können auf jeweils 50 v.H. des Gesamtbeitrags geschätzt werden.
Vom
Arbeitgeber übernommene Beiträge sind steuerpflichtiger
Arbeitslohn. Das gilt nicht, soweit Beiträge
zu Versicherungen gegen berufliche Unfälle und Beiträge zu Versicherungen
gegen alle Unfälle auch das Unfallrisiko bei Dienstreisen abdecken. Der auf
Unfälle bei Dienstreisen entfallende Beitrag ist als Vergütung von
Reisenebenkosten steuerfrei (§ 3 Nr. 13 und Nr. 16 EStG). Bei der
Aufteilung des auf den beruflichen Bereich entfallenden Beitrags in
steuerfreie Reisekostenvergütungen und steuerpflichtigen
Werbungskostenersatz kann der auf steuerfreie Reisekostenvergütung
entfallende Anteil auf 40 v.H. des auf den beruflichen Bereich entfallenden
Beitrags/Beitragsanteils geschätzt werden. Der Beitragsanteil, der als
Werbungskostenersatz dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen ist, gehört zu den
Werbungskosten des Arbeitnehmers.
2. Versicherungen des Arbeitgebers
Handelt es sich bei vom
Arbeitgeber abgeschlossenen Gruppen-Unfallversicherungen seiner
Arbeitnehmer um Versicherungen für fremde
Rechnung (§ 179 Abs. 2 i.V.m. §§ 75 bis 79
VVG), bei denen die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag
ausschließlich dem Arbeitgeber zusteht, so stellen die Beitragsleistungen
des Arbeitgebers keinen
Arbeitslohn dar
(BFH, 16.04.1999 - VI R 60/96, BStBl II 2000, 406; BFH, 16.04.1999 - VI R
66/97, BStBl II 2000, 408 i.V.m. BMF, 17.07.2000 - IV C 5 - S 2332 - 67/00,
BStBl I 2000, 1204 bzw. BMF, 28.10.2009 - IV C 5 - S 2332/09/10004, BStBl I
2009, 1275 ).
Dagegen gehören die Beiträge als
Zukunftssicherungsleistungen zum
Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, §
2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV), wenn der
Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch
unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann. Das
gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Einzelunfallversicherung oder
eine Gruppenunfallversicherung handelt. Beiträge zu
Gruppenunfallversicherungen sind ggf. nach der Zahl der versicherten
Arbeitnehmer auf diese aufzuteilen.
Steuerfrei sind Beiträge oder Beitragsteile, die das Unfallrisiko auf
beruflich veranlassten vorübergehenden Auswärtstätigkeiten (R 9.4 Abs. 2
LStR 2008) abdecken und deshalb zu den steuerfreien Reisekostenvergütungen
gehören. Für die Aufteilung eines auf den beruflichen Bereich entfallenden
Gesamtbeitrags in steuerfreie Reisekostenvergütung und steuerpflichtigen
Werbungskostenersatz ist die o.g. Vereinfachungsregelung anzuwenden.
3. Werbungskosten- oder
Sonderausgabenabzug
Der
Arbeitnehmer
kann die dem Lohnsteuerabzug unterworfenen Versicherungsbeiträge als
Werbungskosten oder als
Sonderausgaben geltend machen (s.u. 1.).
4. Leistungen aus
Unfallversicherungen
Zuordnung zu den Einkünften aus
nichtselbstständiger Arbeit Stellen die im Kalenderjahr des
Versicherungsfalles geleisteten Beiträge des Arbeitgebers keinen
Arbeitslohn dar, weil die Ausübung der Rechte
aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich ihm zustehen, gehört die vom
Arbeitgeber an den
Arbeitnehmer ausgekehrte
Leistung aus der Unfallversicherung wegen eines im privaten Bereich
eingetretenen Versicherungsfalls in voller Höhe zum steuerpflichtigen
Arbeitslohn.
Durch die Bezugnahme auf
das Kalenderjahr des Versicherungsfalles soll deutlich gemacht werden, dass
für die lohnsteuerliche Behandlung der Versicherungsleistungen nicht der
Zeitpunkt (das Kalenderjahr) der Auszahlung der Versicherungsleistung,
sondern immer der Zeitpunkt (das Kalenderjahr) des Unfallereignisses
maßgebend ist. Für die steuerliche Behandlung der Versicherungsleistungen
bei einem Arbeitgeberwechsel im Kalenderjahr ist daher das zum Zeitpunkt
des Unfallereignisses bestehende Versicherungsverhältnis und
Beschäftigungsverhältnis maßgebend, aus dem die Versicherungsleistung
gezahlt wird.
Steht der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag
ausschließlich dem Arbeitgeber zu und wickelt das Versicherungsunternehmen
die Auszahlung der Versicherungsleistung unmittelbar mit dem
Arbeitnehmer ab, so ist davon auszugehen, dass
das Versicherungsunternehmen den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer
regelmäßig über die Zahlung informiert. Der Arbeitgeber hat den
Lohnsteuerabzug vorzunehmen. Soweit der vom Arbeitgeber geschuldete Barlohn
zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht, hat der
Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Fehlbetrag
zur Verfügung zu stellen. Soweit der
Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nicht
nachkommt, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstätten-Finanzamt
anzuzeigen.
Bei einem im beruflichen Bereich eingetretenen Unfall
gehört die Auskehrung des Arbeitgebers nicht zum
Arbeitslohn, soweit der Arbeitgeber gesetzlich
zur Schadensersatzleistung verpflichtet ist oder soweit der Arbeitgeber
einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen
schuldhafter Verletzung arbeitsvertraglicher Fürsorgepflichten erfüllt
(BFH, 20.09.1996 - VI R 57/95, BStBl II 1997, 144).
Handelt es sich
um
Leistungen aus einer
Unfallversicherung, die der
Arbeitnehmer
gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann, gehören die
Leistungen zu den Einkünften aus
nichtselbstständiger Arbeit, soweit sie
Entschädigungen für entgangene oder
entgehende Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG darstellen, der
Unfall im beruflichen Bereich eingetreten ist und die Beiträge ganz oder
teilweise
Werbungskosten waren (bzw.
steuerfreie Reisenebenkostenvergütungen). Die Versicherungsleistungen
unterliegen nicht dem Lohnsteuerabzug. Der als Entschädigung i.S.d. § 24
Nr. 1 Buchst. a EStG steuerpflichtige Anteil, der im Rahmen der
Veranlagung des Arbeitnehmers zur
Einkommensteuer zu erfassen ist, ist durch Schätzung zu ermitteln.
Zuordnung zu den sonstigen Einkünften Die wiederkehrenden
Leistungen aus der Unfallversicherung können,
soweit sie nicht steuerpflichtiger
Arbeitslohn sind, zu den Einkünften nach § 22
Nr. 1 Satz 1 EStG gehören.
Leistungen aus
der Unfallversicherung, die in Form gleichbleibender Bezüge auf die
Lebenszeit des Versicherungsberechtigten gezahlt werden, sind
gegebenenfalls Leibrenten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG.
Schadenersatzrenten zum Ausgleich vermehrter Bedürfnisse (§ 843 Abs. 1 2.
Alternative BGB) sowie Schmerzensgeldrenten nach § 847 BGB sind nicht
steuerbar.
5. Lohnsteuerabzug von Beitragsleistungen
Soweit die vom Arbeitgeber übernommenen Beiträge oder die Beiträge zu
Versicherungen des Arbeitgebers dem steuerpflichtigen
Arbeitslohn zuzuordnen sind, sind sie im
Zeitpunkt ihrer Zahlung dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen, wenn nicht eine
Pauschalbesteuerung für eine Gruppenunfallversicherung nach § 40b Abs. 3
EStG durchgeführt wird. Voraussetzung für die Lohnsteuerpauschalierung ist,
dass der nach der Zahl der versicherten
Arbeitnehmer aufgeteilte steuerpflichtige
Gesamtbeitrag - ohne Versicherungssteuer - keinen höheren
Durchschnittsbeitrag als 62 EUR jährlich ergibt (R 40b.2 LStR 2008).
Wird die Beitragsgrenze von 62 EUR überschritten, ist bei
Unfallversicherungen anders als bei Direktversicherungen die Pauschalierung
insgesamt ausgeschlossen.
Voraussetzung für die Pauschalierung ist,
dass mehrere
Arbeitnehmer (mindestens 2)
gemeinsam in einem Unfallversicherungsvertrag versichert sind.
6. Anwendung der 44-EUR-Grenze
Die Gewährung von
Versicherungsschutz ist eine Dienstleistung im Sinne von § 8 EStG. Für den
Arbeitnehmer handelt es sich um einen
Sachbezug, wenn der Arbeitgeber als Versicherer den Versicherungsschutz
gewährt. Anders ist es nach Verwaltungsmeinung, wenn der Arbeitgeber als
Versicherungsnehmer Versicherungsschutz gewährt (= Barzuwendung). Die
44-EUR-Freigrenze ist deshalb nach Auffassung der Finanzverwaltung auf eine
Gruppenunfallversicherung nicht anwendbar (R 8.1 Abs. 3 Satz 4 LStR ).
Diese Handhabung hat der BFH bestätigt (BFH, 26.11.2002 - VI R 68/01, BStBl
II 2003, 492).
7. Neue Rechtsprechung
Erhält ein
Arbeitnehmer Leistungen aus einer durch Beiträge seines
Arbeitgebers finanzierten Gruppenunfallversicherung, die ihm keinen eigenen
unentziehbaren Rechtsanspruch einräumt, so führen im Zeitpunkt der Leistung
die bis dahin entrichteten, auf den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers
entfallenden Beiträge zu
Arbeitslohn,
begrenzt auf die dem
Arbeitnehmer
ausgezahlte Versicherungsleistung. Diese neue Sichtweise ergibt sich aus
dem BFH-Urteil vom 11.12.2008 - VI R 9/05. Der auf das Risiko beruflicher
Unfälle entfallende Anteil der Beiträge führt als Werbungskostenersatz auch
zu
Werbungskosten des Arbeitnehmers, mit
denen der entsprechende steuerpflichtige
Arbeitslohn zu saldieren ist. Regelmäßig kann
nach dem Urteil davon ausgegangen werden, dass die Beiträge jeweils hälftig
auf das Risiko privater und beruflicher Unfälle entfallen. Das
BMF-Schreiben vom 17.07.2000 - IV C 5 - S 2332 - 67/00 ist überarbeitet
worden (BMF, 28.10.2009 - IV C 5 - S 2332/09/10004, BStBl I 2009,
1275).