Die Grunderwerbsteuer knüpft als typischer Vertreter der sogenannten
Verkehrssteuern an Rechtsvorgänge für den Erwerb eines Grundstücks oder der
Möglichkeit, ein Grundstück zu verwerten, an, § 1 GrEStG. Nach § 1 Abs. 2
GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch solche Rechtsvorgänge, die es
einem anderen ermöglichen, ohne das diesem ein Anspruch auf Übereignung
zusteht, ein inländisches Grundstück aufgrund einer rechtlichen oder
wirtschaftlichen Befugnis auf eigene
Rechnung zu verwerten
(Rechtsträgerwechsel).
1. Grunderwerbsteuerpflicht
Grunderwerbsteuerpflichtig sind in erster Linie folgende Geschäfte:
- Grundstückskaufverträge
Maßgebend ist für
Rechtsvorgänge gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht der tatsächliche
Eigentumsübergang (Eintragung im Grundbuch), sondern bereits der Abschluss
eines zivilrechtlich wirksamen notariellen Kaufvertrages. Voraussetzung
ist, dass sich der in Rede stehende Eigentümer des Grundstücks und der
Erwerber verbindlich geeinigt haben, dass das Grundstück überlassen werden
soll (BFH, Urteil vom 15.03.2007- II R 80/05, LNR 2007, 32336)
Das
bedeutet unter Berücksichtigung von § 14 GrEStG i.V.m. § 38 AO:
Kaufverträge, die zu ihrer Wirksamkeit zuvor genehmigt werden müssen, sind
nur grunderwerbsteuerpflichtig, wenn die Genehmigung erteilt worden ist.
Dies ist insbesondere der Fall bei Verträgen mit beschränkt
Geschäftsfähigen, z.B. minderjährigen Kindern. Grunderwerbsteuer fällt hier
nur an, wenn der gesetzliche Vertreter, das Vormundschaftsgericht oder ein
Ergänzungspfleger (bei Grundstücksgeschäften zwischen Eltern und Kindern)
zustimmen.
- Tausch von zwei Grundstücken
Der
Grundstückstausch löst gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 GrEStG
wechselseitig Grunderwerbsteuer aus. Hier wird praktisch ein zweifacher
Erwerbsvorgang unterstellt.
-
Gesellschaftsverträge,
Wird in einem Gesellschaftsvertrag
gleichzeitig die Übereignung eines Grundstücks vereinbart, beispielsweise
im Zuge der Gründung einer GmbH, bei der die Einlage durch Einbringung
eines Grundstücks geleistet wird (Sacheinlage), so ist dieser Vorgang
grunderwerbsteuerpflichtig.
- Übertragung von Anteilen
an Personengesellschaften mit Grundbesitz
Seit 1997 unterliegt
anders als zuvor auch die Übertragung von Anteilen an
Personengesellschaften der Grunderwerbsteuer, wenn sich im Vermögen der
Gesellschaft ein oder mehrere Grundstücke befinden und sich damit die
Übertragung des Gesellschaftsanteils im wirtschaftlichen Ergebnis auch als
Übertragung eines Grundstücksanteils darstellt. Eine solche Übertragung ist
nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG (i.V.m. § 42 AO) dann
grunderwerbsteuerpflichtig, wenn sich bei einer Personengesellschaft mit
inländischem Grundbesitz innerhalb von fünf Jahren der
Gesellschafterbestand vollständig oder wesentlich ändert, d.h. wenn
mindestens 95 % der Anteile an der Gesellschaft auf einen oder mehrere neue
Gesellschafter übergehen und somit
lediglich ein sog. Zwerganteil verbleibt. Bei der Ermittlung der 95%-Grenze
bleibt der Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch Erbschaft außer Ansatz, §
1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG.
Nach § 1 Abs. 3 GrEStG entsteht bei einer
grundstücksbesitzenden Gesellschaft Grunderwerbsteuer auch dann, wenn
unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in
einer Hand vereinigt oder die so vereinigten Anteile übertragen werden.
- Umwandlung von Unternehmen
Im Rahmen einer
Unternehmensumwandlung geht grundsätzlich das Vermögen als Ganzes auf den
Übernehmenden über (sog. Gesamtrechtsnachfolge), ohne dass ein konkretes
Rechtsgeschäft oder eine Auflassung für ein Grundstück vorliegt. Eine
solche Vorgehensweise unterliegt unter Anknüpfung an § 1 Abs. 1 Nr. 3
GrEStG - mit Ausnahme des Formwechsels i.S.v. §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 190 ff.
UmwG - grundsätzlich der Grunderwerbsteuerpflicht, (BFH, Beschluss vom
26.01.2000 - II B 108/98, BFH/NV 2000, 1136).
-
Auseinandersetzung oder Auflösung von Gesellschaften
Was für die
Gründung von Gesellschaften gilt, gilt grundsätzlich auch für deren
Auflösung oder für das Ausscheiden aller Gesellschafter bis auf einen (sog.
Anwachsung). Wird im Zuge eines solchen Vorgangs ein Grundstück übertragen,
löst das gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG Grunderwerbsteuer aus. Das
gilt auch, wenn eine Personengesellschaft aufgelöst wird unter Ausschluss
der Liquidation, d.h. wenn das Vermögen nicht durch Verkauf zu Geld gemacht
wird, sondern ein Gesellschafter das Unternehmen allein weiterführt.
Keine
Grunderwerbsteuer fällt dagegen grds. an, wenn aus einer bestehen
bleibenden Gesellschaft einzelne Gesellschafter ausscheiden. Hier ist
allerdings § 1 Abs. 2a, 3 GrEStG zu beachten (s. oben "Übertragung von
Anteilen an Personengesellschaften mit Grundbesitz").
-
Enteignung
- Meistgebot im
Zwangsversteigerungsverfahren (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG)
Hinweis: |
| Besondere Beachtung verdienen
Sachverhaltskonstellationen, bei welchen der vermeintlich
Grunderwerbsteuerpflichtige ein unbebautes Grundstück und zusätzlich die
Arbeiten für den späteren Bau einer Immobilie von demselben Unternehmen erwirbt. Bei diesem sog.
einheitlichen Leistungsgegenstand oder Vertragswerk war nach
Auffassung des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen (FG Niedersachsen,
02.04.2008 - 7 K 333/06) vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) folgende
Rechtsfrage zu prüfen: Ist die Erhebung von Grunderwerbsteuer auf das
komplette Entgelt für Erwerb und künftige Bebauung eines
Grundstücks, mithin also auch auf den bereits mit Umsatzsteuer belasteten Entgeltteil für die
Bauleistungen, mit dem EU-Recht vereinbar? Das FG Niedersachsen war -
entgegen der Rechtsprechung des BFH - der Ansicht, dass diese Frage im
Ergebnis zu verneinen war, da ansonsten ein Verstoß gegen das
umsatzsteuerliche Mehrfachbelastungsverbot des Art. 401 der Mehrwertsteuer-
Systemrichtlinie (RL 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006) vorliege. Die
Bedenken des niedersächsischen Gerichts teilte hingegen das FG Münster
nicht. In seinem Urteil vom 19.06.2008 (Az.: 8 K 4414/05 GrE) führt der
Senat aus, dass der von dem Niedersächsischen FG gerügte Verstoß gegen das
gemeinschaftsrechtliche Mehrfachbelastungsverbot aus Art. 401 der
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht bestehe, da die Grunderwerbsteuer
nicht eine unzulässige zusätzliche Mehrwert- oder "Sonderumsatzsteuer"
darstelle. Der EuGH hat diese Rechtsfrage mit Urteil vom
27.11.2008 (C-156/08) entschieden. Hiernach ist es mit dem EU-Recht
vereinbar, wenn beim Erwerb eines noch unbebauten Grundstücks künftige
Bauleistungen in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der
Grunderwerbsteuer mit einbezogen werden, auch wenn auf die Bauleistungen
zusätzlich Umsatzsteuer erhoben wird. Die
Doppelbelastung solcher Vorgänge mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer ist damit
nach Ansicht des Gerichts nicht EU-rechtswidrig. |
2. Keine Grunderwerbsteuerpflicht
Nicht
grunderwerbsteuerpflichtig sind gemäß § 3 GrEStG insbesondere folgende
Übertragungsvorgänge:
- Erbschaft
Der Erwerb
eines Grundstücks "von Todes wegen" unterliegt grundsätzlich bereits der
Erbschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Um hier eine steuerliche
Doppelbelastung desselben Vorgangs zu vermeiden, sind derartige
Grundstücksübertragungen von der Grunderwerbsteuer befreit (§ 3 Nr. 2
GrEStG)
- Teilung des Nachlasses (§ 3 Nr. 3
GrEStG),
z.B. wenn Erben den Nachlass in der Weise aufteilen, dass
ein Erbe die Wertpapiere erhält und der andere Erbe dafür das zum Nachlass
gehörende Grundstück.
- Schenkungen unter den
Voraussetzungen von § 3 Nr. 2 GrEStG
-
Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten (§ 3 Nr. 4 GrEStG)
Auch der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers
im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung ist nicht
grunderwerbsteuerpflichtig (§ 3 Satz 1 Nr. 5 GrEStG).
-
Angehörigenerwerb (§ 3 Nr. 6 GrEStG)
Grundstücksgeschäfte
zwischen Angehörigen in gerader Linie (Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern - auch
Stiefkinder und Ehegatten der Angehörigen) unterliegen nicht der
Grunderwerbsteuer.
- Bagatellverkäufe
Dazu
rechnen Grundstücksverkäufe bis zu einer Freigrenze von 2.500 EUR (§ 8
i.V.m. § 3 Nr. 1 GrEStG). Wird dieser Betrag überschritten, unterliegt er
in voller Höhe der Grunderwerbsteuer.
3.
Grundstück
Der Grunderwerbsteuer unterliegen nur inländische
Grundstücke (§ 1 Abs. 1 GrEStG) oder diesen gleichgestellte Rechte (§ 2
GrEStG). Das sind in erster Linie:
- unbebaute Grundstücke,
Gebäude
- Anteile an Grundstücken (Miteigentumsanteile,
z.B bei mehreren Eigentümern)
- Eigentumswohnungen
- Erbbaurecht
- Gebäude auf fremdem Grund und
Boden
4. Höhe der Grunderwerbsteuer
Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist der Wert der
Gegenleistung (hierzu im Einzelnen § 9 GrEStG) für die
Grundstücksübertragung (§ 8 Abs. 1 GrEStG) und in Ausnahmefällen ein Wert
i.S.v. § 138 Abs. 2 oder 3 BewG (§ 8 Abs. 2 GrEStG). Das ist - bei dem wohl
häufigsten Rechtsgeschäft des Kaufes - regelmäßig der zwischen den Parteien
vereinbarte Kaufpreis. Der Kaufpreis ist grundsätzlich auch dann maßgebend,
wenn er ungewöhnlich niedrig ist. Kann der Kaufpreis nicht exakt bestimmt
werden, ist er ggf. zu schätzen.
Zur Gegenleistung zählen neben dem
tatsächlich gezahlten Kaufpreis auch die Übernahme von Grundstückslasten,
etwa von auf dem Grundstück lastenden Schulden oder Zahlungen an Dritte,
damit diese auf den Ihnen zustehenden Erbteil verzichten, Entschädigung im
Falle der Enteignung. Bei Erbbaurechten ist der kapitalisierte Wert der
Erbbauzinsen zugrunde zu legen.
Nur in Ausnahmefällen, wenn eine
Gegenleistung für die Grundstücksübertragung nicht vorhanden ist oder wenn
das Grundstück gar nicht unmittelbar veräußert wird, etwa bei der
Anteilsvereinigung (s.o.), wird die Bemessungsgrundlage nach Maßgabe von §
138 Abs. 2 oder 3 BewG bestimmt.
Bei vollständiger oder
wesentlicher Änderung des Gesellschafterbestandes einer
Personengesellschaft mit Grundbesitz ab 1997 bemisst sich die
Grunderwerbsteuer nach dem Teil des Anteilskaufpreises, der auf das
Grundstück entfällt.
Der
Steuersatz beträgt dem
Grunderwerbsteuergesetz gem. § 11 Abs. 1 GrEStG folgend einheitlich
3,5
% der Bemessungsgrundlage. Seit dem 01.09.2006 haben die Bundesländer
gem. Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG davon abweichend die Befugnis erhalten, die
Höhe des Steuersatzes selbst zu bestimmen. Von dieser Möglichkeit haben bis
zum 31.12.20100 bereits die Länder
Berlin (
4,5 % der
Bemessungsgrundlage seit dem 01.01.2007),
Hamburg ebenfalls mit
einem Steuersatz von
4,5 % seit dem 01.01.2009 und
Sachsen-Anhalt auch mit einem Steuersatz in Höhe von
4,5 %.
der Bemessungsgrundlage, jedoch erst seit dem 01.03.2010, Gebrauch gemacht.
Zum 01.01.2011 haben das Land
Niedersachen und das
Saarland
den Steuersatz für die Grunderwerbsteuer auf
4,5 % respektive
4,0
% erhöht. Eine Erhöhung des Steuersatzes auf
4,5 % hat auch das
Land
Bremen zum Stichtag 01.01.2011 eingeführt. In
Brandenburg wird der Grunderwerbsteuersatz zum 01.01.2011 sogar auf
5,0 % erhöht. Eine Erhöhung auf den vorgenannten Satz erwägt auch
das Land
Schleswig- Holstein, jedoch erst im
Jahr 2013.
Die Steuer wird vom Finanzamt durch einen speziellen
Steuerbescheid festgesetzt und ist regelmäßig 1 Monat nach seiner
Bekanntgabe fällig, (§ 15 GrEStG).
Notare, Behörden und Gerichte
sind grundsätzlich verpflichtet, dem Finanzamt
alle Grundstückserwerbe
mitzuteilen (§ 18 GrEStG). Da Grundstücksgeschäfte regelmäßig nur dann
zivilrechtlich wirksam sind, wenn sie notariell beurkundet sind bzw. im
Grundbuch eingetragen werden, ist eine nahezu lückenlose Erfassung der
grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgänge sichergestellt.
Seit 1997
sind von der Mitteilungspflicht auch Änderungen des Gesellschafterbestandes
von Personengesellschaften mit Grundbesitz erfasst.
Auch die
Entrichtung der Grunderwerbsteuer ist sichergestellt. Für die
Eintragung
des Eigentumswechsels im Grundbuch ist nämlich eine
Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes erforderlich (§ 22
GrEStG). Diese Bescheinigung wird aber nur dann ausgestellt, wenn die
Grunderwerbsteuer auch tatsächlich gezahlt wird.
Praxistipp: |
| Ausnahmsweise ist die
Unbedenklichkeitsbescheinigung auch dann zu erteilen, wenn die fällige
Grunderwerbsteuer gestundet worden ist, § 22 Abs. 2 Satz 1 GrEStG.
|
Steuerschuldner der Grunderwerbsteuer
sind nach der gesetzlichen Regelung
Veräußerer und Erwerber
gesamtschuldnerisch (§ 13 GrEStG), d.h. das Finanzamt kann die Steuer
in voller Höhe bei einem der beiden verlangen. Eine im Innenverhältnis,
beispielsweise in einem Kaufvertrag vereinbarte einseitige Belastung des
Erwerbers ist grundsätzlich für das Finanzamt nicht bindend. Die
Vereinbarung verschafft lediglich dem Veräußerer die Möglichkeit, im
Innenverhältnis die Steuer abzuwälzen. Das ändert aber nichts daran, dass
auch der Veräußerer in Anspruch genommen werden kann, wenn der Erwerber
insbesondere aufgrund bestehender Illiquidität nicht zahlen kann.