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Steuer-Lexikon
Gewerbebetrieb - Vorrang der §§ 13 und 18 EStG: |
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1. Keine Land- und Forstwirtschaft i.S.d. § 13 EStG Ein
Gewerbebetrieb liegt dann nicht vor, wenn die besonderen Merkmale der Land-
und Forstwirtschaft nach § 13 EStG erfüllt sind. Dies sind
- die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens (=
Urproduktion)
- zur Erzeugung und Verwertung von Pflanzen
und Tieren.
Bei einer gemischten Tätigkeit
entscheidet das Gepräge, wenn die teils gewerblichen und teils land- und
forstwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht getrennt werden können (R 15.5 Abs.
1 Sätze 4 ff. EStR). Es ist zu fragen, ob die Trennung in eine
freiberufliche und eine gewerbliche Tätigkeit möglich ist. Eine
einheitliche Betätigung liegt nur dann vor, wenn die verschiedenartigen
Tätigkeiten derart miteinander verflochten sind, dass sie sich gegenseitig
unlösbar bedingen (BFH, 11.07.1991 - IV R 102/90, BStBl II 1992, 413). In
diesem Fall ist der Gesamtbetrieb danach zu qualifizieren, welche der
einzelnen Tätigkeiten dem Betrieb das Gepräge gibt (BFH, 02.10.2003 - IV R
48/01, BStBl II 2004, 363). Auch aus Vereinfachungsgründen werden
folgende Fälle einer an sich nicht unter die Definition der Nutzung der
Naturkraft fallende Tätigkeit als sog. Nebenbetrieb (§ 13 Abs. 2 Nr. 1
EStG, R 15.5. Abs. 3 EStR) noch dem Anwendungsbereich des § 13 EStG
zugeordnet: - Verarbeitungsbetriebe der ersten Be-
oder Verarbeitungsstufe (R 15.5 Abs. 3 EStR),
-
Verwertung der Rohstoffe, wenn die dabei gewonnenen Erzeugnisse
nahezu ausschließlich im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb
verwendet werden (R 15.5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 4 EStR),
- dauernder und nachhaltiger Zukauf von fremden
Erzeugnissen (z.B. Handelswaren, die nicht im eigenen Betrieb
weiterbearbeitet werden), insbesondere dann, wenn dieser 30 % des Umsatzes
nicht übersteigt (R 15 Abs. 5 EStR),
- das
eigenständige Handelsgeschäft, wenn die eigenen Erzeugnisse des
Betriebs der Land- und Forstwirtschaft zu nicht mehr als 40 % über das
Handelsgeschäft abgesetzt werden, der Wert des Zukaufs fremder Erzeugnisse
aber 30 % des Umsatzes des Handelsgeschäftes übersteigt oder die eigenen
Erzeugnisse des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft zu mehr als 40 %
über das Handelsgeschäft abgesetzt werden, diese jedoch im Verhältnis zur
gesamten Absatzmenge des Handelsgeschäftes nur von untergeordneter
Bedeutung sind (R 15 Abs. 6 EStR).
Der BFH (Urteil vom 25.03.2009
- IV R 21/06BStBl. II 2010, 113) hat für die Abgrenzung der Land- und
Forstwirtschaft zum Gewerbebetrieb neue Grenzen festgelegt:
Landwirte gehen immer häufiger dazu über, die von ihnen erzeugten Produkte
direkt an den Endverbraucher zu vermarkten. Dies geschieht üblicherweise
über Marktstand, Verkaufswagen oder Hofladen. Um die Attraktivität der
Absatzstellen für den Endverbraucher zu erhöhen, erweitern die Landwirte
ihr Warensortiment häufig um zugekaufte Waren unterschiedlichster Art.
Durch das Angebot zugekaufter Waren im Hofladen verhalten sich Landwirte
nach Auffassung des BFH händlertypisch und damit gewerblich. Dabei
stellt sich die Frage, ob überhaupt und wenn ja, ab wann die
Handelstätigkeit die landwirtschaftliche Tätigkeit "infiziert" und dort zu
einer Umqualifizierung der landwirtschaftlichen Einkünfte führt. Dazu wurden abweichend von
der vorgehenden Rechtsprechung (BFH, 27.11.1980 - IV R 31/76, BStBl II
1981, 518) neue Grenzen für die Annahme eines Gewerbebetriebs festgelegt.
Nach Auffassung des BFH ist ein Hofladen dann als gewerblich anzusehen,
wenn der darin getätigte Nettoumsatz mit Fremdprodukten aller Art
nachhaltig ein Drittel des Nettogesamtumsatzes ("Drittelgrenze")
oder den Höchstbetrag von 51.500 EUR übersteigt. Fremdprodukte, die im
Rahmen des Erzeugungsprozesses verwendet werden, sind nicht in die
Ermittlung der schädlichen Zukaufsgrenze einzubeziehen. Werde eine
dieser Grenzen drei Jahre in Folge überschritten, führe die gesamte
Verkaufstätigkeit im Hofladen einschließlich des Verkaufs von
Eigenprodukten ab dem vierten Jahr zu gewerblichen Einkünften. Es gelten
die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zum Strukturwandel im
Bereich der Landwirtschaft (BFH, 14.12.2006 - IV R 10/05, BFH/NV 2007,
1244).
Praxistipp: | | Es liegt
allerdings grundsätzlich kein einheitlicher Betrieb vor. Der bisherige
landwirtschaftliche Betrieb spaltet sich durch die Handelstätigkeit in zwei
Betriebe auf: in einen landwirtschaftlichen und einen gewerblichen
Betrieb. Wird der Betrieb von einer Mitunternehmerschaft unterhalten,
besteht die Gefahr der Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
| Eine auf dem Hof befindliche Verkaufsstelle oder
ein auf dem Hof befindliches Handelsgeschäft (Hofladen) und ebenso das
räumlich getrennte Handelsgeschäft sind dagegen Bestandteile des
landwirtschaftlichen Betriebs, wenn darin ausschließlich
Eigenprodukte vertrieben werden. Die oben erwähnten
Verwaltungsregelungen in R 15.5 und 6 EStR sieht der BFH kritisch:
- Der dort vorgenommenen Differenzierung hinsichtlich der Art der
zugekauften Produkte (betriebstypische Erzeugnisse sowie Handelswaren zur
Abrundung der Produktpalette) und den hieran anknüpfenden unterschiedlichen
Unschädlichkeitsgrenzen vermag er nicht zu folgen.
-
Außerdem ist zur Feststellung des Umfangs des Zukaufs nicht auf das
Verhältnis des mit den zugekauften Produkten erzielten Umsatzes zum Gesamtumsatz des Hofladens abzustellen, da
ein Einkaufswert-Umsatz-Vergleich an nicht
vergleichbare unterschiedliche Bezugsgrößen anknüpfe.
- die Verabreichung von Speisen und zugekauften Getränken in
"Besen- oder Straußwirtschaften", wenn der Umsatz aus diesen Leistungen nicht 50 % des Umsatzes der Besen-
oder Straußwirtschaft und nicht 51.500 EUR im Wirtschaftsjahr übersteigt (R 15.5 Abs. 8
EStR),
- "Ferien auf dem Bauernhof"(R 15.5 Abs. 12
EStR),
- Dienstleistungen, wenn diese 50 % des
Gesamtumsatzes des Betriebes nicht übersteigen (R 15.5 Abs. 7 EStR) und
- Energieerzeugung, wenn die Erzeugung für den eigenen
Betrieb überwiegt (R 15.5 Abs. 11 EStR).
Die
Veräußerung von betrieblichen Grundstücken führt erst dann zu gewerblichen
Einkünften, wenn die Voraussetzungen des gewerblichen
Grundstückshandels zu bejahen sind (BMF, 26.03.2004 - IV A 6 - S 2240 -
46/04, BStBl I, 434, insbesondere Rn. 27). 2. Keine
selbstständige Arbeit i.S.d. § 18 EStG Während bei den Einkünften aus
Gewerbebetrieb der Einsatz von Arbeitskräften und Produktionsmitteln im
Vordergrund steht, wird die selbstständige Arbeit durch die persönliche
Leistung und den Einsatz geistigen Vermögens gekennzeichnet.
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
sind - die Einkünfte aus
freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG),
- die Einkünfte der staatlichen
Lotterieeinnehmer, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind (§ 18 Abs.
1 Nr. 2 EStG) sowie
- die Einkünfte aus sonstiger selbstständiger
Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG), z.B.
- als
Testamentsvollstrecker,
- aus der Vermögensverwaltung
oder
- aus der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied.
Die freiberufliche Tätigkeit
(Katalogberufe und diesen ähnlichen Berufe) kann auch unter Mithilfe
fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte ausgeübt werden. Voraussetzung ist
jedoch, dass der Freiberufler gegenüber
den Mithelfenden aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und
eigenverantwortlich tätig wird. Die Abgrenzung kann im
Einzelfall schwierig sein. Beispiele zu den einzelnen Merkmalen und
Einzelfällen in H 15.6 EStH. Beispiel: |
| Eine aus Wirtschaftsprüfern bestehende Gesellschaft bürgerlichen
Rechts (GbR) war im Rahmen von geschlossenen Immobilienfonds ausschließlich
für die (künftigen) Treuhandkommanditisten und nicht als
Wirtschaftsprüferin oder Steuerberaterin für die Fonds tätig. Ihre
Tätigkeit beschränkte sich auf die Konzeptions- und Investitionsphase der
jeweiligen Beteiligungsgesellschaft und endete mit dem treuhänderischen
Erwerb der Kommanditbeteiligungen. Der BFH hat entschieden, dass eine
aus Wirtschaftsprüfern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
gewerbesteuerpflichtig ist, wenn sie im Rahmen von Immobilienfonds als
Treuhänderin tätig wird (BFH, 18.10.2006 - XI R 9/06, BFH/NV 2007, 595).
Der BFH vertrat die Auffassung, dass Wirtschaftsprüfer nur insoweit
freiberuflich i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG tätig und damit nicht
gewerbesteuerpflichtig seien, als sie beruftypische Aufgaben eines
Wirtschaftsprüfers, nämlich betriebswirtschaftliche Prüfungen, insbesondere
solche von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen durchführten. Dazu gehöre eine
Treuhandtätigkeit nicht. Unerheblich sei, dass Wirtschaftsprüfer seit 1995
berufsrechtlich befugt seien, auch Treuhandtätigkeiten zu übernehmen. Eine
steuerliche Bevorzugung der Wirtschaftsprüfer gegenüber Rechtsanwälten und
Steuerberatern, die ebenfalls treuhänderisch tätig würden, wäre mit dem
Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren. Es liege auch keine sonstige
selbstständige und damit nicht gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit (§ 18 Abs.
1 Nr. 3 EStG) vor. Diese erfasse nach ständiger Rechtsprechung nur
gelegentliche und vermögensverwaltende Tätigkeiten. Davon könne in
Anbetracht der Tatsache, dass die Tätigkeit der Gesellschaft mit dem Erwerb
der Treuhandbeteiligung endete und in Anbetracht der Vielzahl der Anleger
nicht ausgegangen werden. | Beispiel: | | Ein EDV-Berater, der überwiegend
Managementleistungen im Rahmen der Leitung von EDV-Projekten erbringt, kann
einen ingenieurähnlichen Beruf i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausüben. Als
Autodidakt muss er über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die in Breite
und Tiefe denen eines Diplom-Informatikers entsprechen, was im Einzelfall
nachzuweisen ist (BFH, 22.09.2009 - VIII R 79/06, BFH/NV 2010, 499).
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Beispiel: | |
Berufsbetreuer und Verfahrenpfleger unterliegen nicht der Gewerbesteuer (BFH, 15.06.2010 - VIII R 10/09
sowie BFH, 15.06.2010 - VIII R 14/09, BStBl II 2010, 906 und 909). Nach den
entschiedenen Fällen sind die Einkünfte
von Rechtsanwälten, die neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit als
Berufsbetreuer tätig sind und Einkünfte
von Volljuristen, die als Berufsbetreuer und Verfahrenpfleger agieren,
nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb
einzustufen. Die Tätigkeiten sind den Einkünften aus selbstständiger
Tätigkeit zuzuordnen, da sie wie die in § 18 Nr. 3 EStG genannten
Regelbeispiele (Testamentsvollstreckung, Vermögensverwaltung, Tätigkeit als
Aufsichtsratsmitglied) durch eine selbständige fremdnützige Tätigkeit in
einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung
geprägt sind. Die frühere anders lautende Rechtsprechung (BFH, 04.11.2004 -
IV R 26/03, BStBl. II 2005, 288) wurde ausdrücklich aufgegeben.
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