1. Ausgangssituation
Werden
Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber (z.B.
ausländische Muttergesellschaft) zeitlich befristet an ein verbundenes
Unternehmen (z.B. inländische
Tochtergesellschaft) entsandt, sind für die Frage des Werbungskostenabzugs
bzw. der steuerfreien Erstattung von
Reisekosten durch den Arbeitgeber zwei
Fallgestaltungen zu unterscheiden (vgl. Kurzinformation OFD Rheinland, ESt
Nr. 34/2010 vom 12.07.2010 sowie OFD Münster, Kurzinformation v.
04.01.2011, DStR 2011, 221 ).
2. Eigenständiger
Arbeitsvertrag
Das mit dem bisherigen Arbeitgeber abgeschlossene
Beschäftigungsverhältnis ruht für die Dauer der Entsendung zum verbundenen
Unternehmen. Dieses schließt mit dem
Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung
einen eigenständigen Arbeitsvertrag ab.
Hierzu vertritt die
Finanzverwaltung folgende Auffassung: Das Arbeitsverhältnis mit dem
aufnehmenden
Unternehmen ist separat und
eigenständig zu beurteilen. Durch den Vertragsabschluss wird das
aufnehmende
Unternehmen zivilrechtlich
Arbeitgeber. Der
Arbeitnehmer hat in der
ortsfesten dauerhaften betrieblichen Einrichtung des (neuen) Arbeitgebers
von Beginn an eine regelmäßige Arbeitsstätte, wenn er diese nachhaltig
aufsucht (R 9.4 Abs. 3 LStR ). Die durch die Tätigkeit im Inland
entstehenden Aufwendungen können nur im Rahmen einer doppelten
Haushaltsführung berücksichtigt werden (R 9.11 LStR ).
3. Kein
eigenständiger Arbeitsvertrag
Der Arbeitgeber entsendet den
Arbeitnehmer im Rahmen des bestehenden
Beschäftigungsverhältnisses vorübergehend (zeitlich befristet) an das
aufnehmende verbundene
Unternehmen. Der
Arbeitnehmer wird bei diesem ausschließlich
auf Grundlage der Entsendung durch den Arbeitgeber tätig, mit dem
aufnehmenden
Unternehmen wird kein
Arbeitsvertrag abgeschlossen.
Der
Arbeitnehmer begründet durch die befristete
Entsendung keine regelmäßige Arbeitsstätte bei dem aufnehmenden
Unternehmen (R 9.4 Abs. 3 Satz 5 LStR ). Die
durch die Tätigkeit beim aufnehmenden
Unternehmen entstehenden Aufwendungen sind
nach den Grundsätzen der
Auswärtstätigkeit
zu behandeln.
Für die Berücksichtigung von Unterbringungskosten und
Verpflegungsmehraufwendungen gelten nach Auffassung der Finanzverwaltung
jedoch Einschränkungen, die durchaus kritisch gesehen werden.
Aufgabe der bisherigen Wohnung
Unterhält der
Arbeitnehmer seine einzige
Wohnung am neuen Beschäftigungsort, handelt
es sich bei den Unterbringungskosten um Aufwendungen für die private
Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 1 EStG). Aufwendungen für das Unterhalten
einer
Wohnung, die den Mittelpunkt der
Lebensführung eines Steuerpflichtigen darstellt, sind bereits durch den
Grundfreibetrag abgedeckt. Es fallen keine
ausschließlich beruflich veranlassten Mehrkosten an.
Dies soll auch
in den Fällen gelten, in denen der
Arbeitnehmer über die bisherige
Wohnung während der Dauer der Entsendung
nicht jederzeit verfügen kann (z.B. weil sie vermietet ist). Die
Unterbringungskosten können danach nicht als
Werbungskosten abgezogen bzw. vom Arbeitgeber
steuerfrei erstattet werden.
Für die Ermittlung der abzugsfähigen/
steuerfrei erstattungsfähigen Verpflegungsmehraufwendungen ist die
Abwesenheitsdauer von der
Wohnung
maßgebend. Die Dreimonatsfrist ist zu beachten (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5
Satz 5 EStG)
Keine Aufgabe der bisherigen Wohnung Behält der
Arbeitnehmer seine bisherige
Wohnung bei, die ihm jederzeit zur Verfügung
steht, und unterhält er am neuen Beschäftigungsort eine - weitere -
Wohnung, können die beruflich veranlassten
Unterbringungskosten als
Werbungskosten
abgezogen bzw. vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden (R 9.7 LStR ).
Den
Arbeitnehmer trifft die
Feststellungslast dafür, dass die bisherige
Wohnung nicht aufgegeben wurde.
Wird
die
Wohnung am Beschäftigungsort auch von
Familienmitgliedern des Arbeitnehmers genutzt, sind die Aufwendungen für
die
Wohnung nach Meinung der
Finanzverwaltung in einen beruflich und einen privat veranlassten Anteil
aufzuteilen. Entscheidend sei, welche Mehrkosten durch die privat
veranlasste Unterbringung der Familie gegenüber der ausschließlichen
Unterbringung des Arbeitnehmers entstehen.
Hinweis: |
| R 9.7 Abs. 1 Satz 2 LStR enthält eine Klarstellung: Benutzt der Arbeitnehmer ein Mehrbettzimmer gemeinsam mit
Personen, die zu seinem Arbeitgeber in keinem Dienstverhältnis stehen, sind
die Aufwendungen maßgebend, die bei Inanspruchnahme eines Einzelzimmers im
selben Haus entstanden wären; dementsprechend sind auch die
Mehraufwendungen auszuscheiden, wenn der Arbeitnehmer ein Haus oder eine Wohnung gemeinsam mit Personen benutzt, die
zu seinem Arbeitgeber in keinem Dienstverhältnis stehen. |
Der Aufteilungsmaßstab kann im Wege einer
ermessensgerechten Schätzung erfolgen, wobei eine Aufteilung der Kosten
nach Köpfen nicht zu einem sachgerechten Ergebnis führen dürfte. Alternativ
könne die 60 qm-Regelung (vgl. H 9.11 Abs. 5-10 (Angemessenheit der
Unterkunftskosten) zweiter Spiegelstrich LStH) der doppelten
Haushaltsführung angewendet werden, wobei jedoch keine Beschränkung auf den
ortsüblichen Durchschnittsmietzins erfolgen darf, sondern die tatsächlich
entstehenden Aufwendungen zugrunde zu legen sind.
Beispiel: |
| Ein Arbeitnehmer wohnt
mit seiner Ehefrau und zwei Kindern in einer 150 qm großen Mietwohnung. Die
Aufwendungen betragen monatlich 1.050 EUR (7 EUR/qm). Der
Durchschnittsmietzins beträgt 5 EUR/qm. Von den 150 qm können 60 qm als
beruflich veranlasst und der darüber hinausgehende Anteil als privat
veranlasst geschätzt werden mit der Folge, dass 420 EUR (7 EUR x 60 qm) als
Werbungskosten abgezogen bzw. vom
Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden können. Für die Ermittlung der
abzugsfähigen/ steuerfrei erstattungsfähigen Verpflegungsmehraufwendungen
ist auf die Abwesenheitsdauer von der bisherigen Wohnung (nicht von der Wohnung am Beschäftigungsort) und der
regelmäßigen Arbeitsstätte des Arbeitnehmers vor der Entsendung (nicht dem
aufnehmenden Unternehmen) abzustellen.
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