Controlling » Produktionsplanung:
1. Überblick
Nach einer mehr oder weniger wissenschaftlichen
Definition versteht man unter
Produktionsplanung "die Entwicklung
einer gedanklichen Ordnung (eines Planes) für effizientes Zusammenwirken
von Produktionsfaktoren zur Hervorbringung von Produkten unter
Berücksichtigung arbeitswissenschaftlicher und technologischer
Erkenntnisse sowie wirtschaftlicher
Ziele".
Produkte können
Sachgüter, physische und geistige Dienstleistungen sowie Energie sein. Im
technischen Sinn ist jede mit Arbeits- bzw. Energieaufwand verbundene
Verrichtung zur Herstellung und/oder Ortsveränderung von Produkten als
Produktion zu betrachten.
Formal eindeutige Faktorkombinationen
zur Herstellung von bestimmten Produkten bezeichnet man als Prozesse. Für
die Produktion mancher Produktarten gibt es unterschiedliche
Prozesse, zwischen denen eine Auswahl zu treffen ist. Sofern ein
Prozess gleichzeitig zu verschiedenen Produkten führt, spricht man von
Kuppelproduktion.

Die
Produktionsplanung bildet ein Zwischenglied zur
Absatzplanung einerseits und zur
Beschaffungsplanung (Beschaffungs-
Controlling) andererseits. Diesen
Bereichen übergeordnet ist die Planung des Dispositionsprozesses der
Unternehmungsleitung selbst. Gleichrangig nebengeordnet sind die
Finanzplanung sowie die
Planung aller Hilfsfunktionen wie
Personalverwaltung, Rechnungswesen usw.
2. Teilbereiche der
Produktionsplanung
Grundlage der Produktionsplanung sind Teilbereiche
der
langfristigen Unternehmungsplanung, wie z.B. die allgemeine
Marktausrichtung, mit der die Sachziele der Produktion global bestimmt
werden (Wahl der Branche), der Produktionsstandort mit seinen
Umweltbedingungen sowie die Leitungsorganisation. Darauf aufbauend sind im
engeren Produktionssektor weitere langfristige Entscheidungen zu fällen,
die sich auf folgende Gegenstände erstrecken:
-
Bestimmung der Produktarten und Definition von globalen mengenmäßigen
Begrenzungen (Höchst- und/oder Mindestmengen)
-
Bestimmung des Gesamtumfangs der technisch-wirtschaftlichen Forschung
sowie die Auswahl von Projekten der Produkt- und Verfahrensforschung
- Auswahl der Fertigungsverfahren und Festlegung der
Kapazitäten der zugehörigen Potentialfaktor-Kombinationen und Betriebe
- Festlegung der Basisorganisation für den
Produktionsvollzug
Innerhalb des Rahmens vollzieht
sich die überwiegend ökonomisch ausgerichtete
kurzfristige
Produktionsplanung. Hierzu gehören insbesondere die folgenden
Teilaufgaben:
- Bestimmung des Produktprogramms, d.h. der
in einer bestimmten Periode zu realisierende Qualitätsvarianten und Mengen
der Produkte einschließlich zeitlicher Verteilung bzw. Produktreihenfolge
und Losgrößen
- Vorbereitung des
Potentialfaktoreinsatzes und Bildung von Arbeitssystemen (AS) durch
prozessbedingte Zuordnung von Arbeitskräften zu Produktionsanlagen
- Zeitliche Abstimmung innerhalb der verfügbaren
Betriebszeit zwischen Haupt- und Nebenprozessen (z.B. Umrüsten, Einfahren,
Instandhalten etc.)
- Zuordnung von Aufträgen bzw.
einzelnen Arbeitsvorgängen auf die AS innerhalb der betrieblichen
Nutzungszeit (Maschinenbelegung und Auftragsterminierung)
- innerbetriebliche Steuerung und Lagerung von Fertigungsmaterial,
Zwischenprodukten und Betriebsstoffen
- Vorbereitung der
Produktionskontrolle
Im Folgenden wird auf diese
langfristigen und kurzfristigen Teilaufgaben der Produktionsplanung näher
eingegangen.
Langfristige Produktionsplanung Produktionsprogrammplanung Im
Vordergrund der langfristigen Planung des Produktionsprogramms steht die
Bestimmung der Produktarten (
Produktplanung). Mit der Wahl der
Branche, in der sich eine Unternehmung ansiedelt, werden die qualitativen
Grenzen des Produktprogramms abgesteckt. Allerdings lässt sich nur in
Ausnahmefällen die qualitative Grundstruktur des Produktprogramms für die
gesamte Existenzzeit einer Unternehmung festlegen. Technischer
Fortschritt, Bedarfswandlungen bei den Käufern, Veränderungen der
Konkurrenzangebote und Wandlungen bei den sonstigen wirtschaftlich
bedeutsamen Umweltbedingungen können Anlass zur Neuausrichtung der
qualitativen Grundstruktur des Produktprogramms sein (
Produktionsprogrammplanung).
Produkt- und Verfahrensforschung Die Planung dieses
Teilbereichs der Produktion gehört einerseits zu den risikostärksten,
andererseits aber auch zu den erfolgsträchtigsten Aufgaben der
Unternehmungsleitung. Ökonomische Einflüsse auf die Forschungsplanung
werden von der Höhe des angesetzten finanziellen Budgets je
Planungsperiode und von den wirtschaftlichen Entscheidungskriterien
ausgeübt, die für die Auswahl der Projekte herangezogen werden.
Häufig wird im
außerökonomischen Entscheidungsraum bereits eine
Budgetaufteilung nach Verfahrens-, Produkt-, Verwendungsforschung und
-entwicklung vorgenommen. Die Projektauswahl erfolgt dann nur noch im
Rahmen des Teilbudgets, d. h., zum Beispiel das
Budget für Produktforschung wird nach
vorwiegend ökonomischen Gesichtspunkten auf Projekte der Produktforschung
aufgeteilt.
Da Produkte und Verfahren erst nach dem
fertigungstechnischen Austesten in die laufende Produktion übernommen
werden können, ist es zweckmäßig und gerechtfertigt, diesen Bereich der
Produktionsplanung weitgehend isoliert zu behandeln. Entscheidend für die
Durchführung ist jedoch, dass von der Unternehmungsleitung Sachziele
weitgehend autonom vorgegeben werden.
Ressourcenausstattung Nach Bestimmung der längerfristig
herzustellenden Güterarten und anzuwendenden Produktionsverfahren ist die
Ausstattung mit Produktionsanlagen und Arbeitskräften zu planen
(Produktionsanlagenplanung). Neben der Auswahl der Art von
Produktionsanlagen (qualitativen Kapazitäten) geht es diesbezüglich vor
allem um die Festlegung der Leistungsobergrenzen (quantitativen
Kapazitäten) aller Arbeitssysteme.
Qualitative Kapazitäten
bestimmen Präzision und Anzahl realisierbarer Werkverrichtungsarten, wobei
die Entscheidung zwischen Spezialmaschinen oder Universalmaschinen den
Extremfall bilden. Entsprechendes ist im Hinblick auf Ausbildung, Eignung
und Anlernprozesse der Arbeitskräfte zu berücksichtigen, da die
qualitativen und quantitativen Kapazitäten der Arbeitssysteme aus dem
Zusammenwirken von Produktionsanlagen und Arbeitskräften resultieren.
Basisorganisation für den Produktionsvollzug Im Rahmen
langfristiger Produktionsplanung ist die grundlegende Organisation des
Produktionsablaufs festzulegen. Auszugehen ist dabei von der Grundstruktur
des Produktprogramms. Weiterhin ist bedeutsam, ob die Produkte, die
Produktionsanlagen und/oder die Rohstoffe standortgebunden oder
standortungebunden sind (Fertigungsorganisation).
Kurzfristige
Produktionsplanung Produktprogramm Im Rahmen der
kurzfristigen Produktplanung
sind für die jeweils unmittelbar bevorstehenden Planungsperioden - dabei
kann es sich um Quartale und Monate, in der Feinplanung auch um Wochen,
Tage, Arbeitsschichten und Stunden handeln - folgende Einzelgrößen des
Produktprogramms vorzugeben:
- Die
Qualitätsvarianten bei Einzelprodukten und Kleinserien
- Die Gesamtmengen und Losaufteilungen bei Sorten- und
Serienprodukten
- Die Produkt- bzw.
Auftragsreihenfolge bei nicht gekuppelter Sorten-, Serien- und
Einzelfertigung je Produktionsstufe und Arbeitssystem. Hierzu gehört auch
die zeitliche Bestimmung von Produktionsbeginn und Produktionsende je
Produktart, Los und/oder Auftrag (Auftragsterminierung).
Die kurzfristige Produktprogrammplanung wird im Wesentlichen durch
die
Absatzplanung bestimmt, die sich
einerseits auf Auftragsbestände, andererseits auf Prognosen über erwartete
Absatzmengen je Güterart stützt.
Eine weitere wesentliche
Grundlage der Produktprogrammplanung bilden die übrigen Bereiche der
Produktionsplanung. Die herstellbaren Güterarten und Gütermengen hängen
von der verfügbaren qualitativen und quantitativen Kapazität der
vorhandenen Arbeitssysteme ab. Die Bestimmung von Losgrößen und
Produktreihenfolgen hängt unmittelbar mit der Aufteilung der vorhandenen
AS-Kapazitäten auf die verschiedenen Güterarten, Lose und/oder Aufträge
zusammen. Damit wird deutlich, dass Produktprogramm und
Produktionsfaktoreinsatzplanung nur bei simultaner Durchführung zu einem
Kostenoptimum führen können (Produktionskosten). Da dies wegen des Umfangs
und hohen Komplexitätsgrades der Planungsansätze mit wirtschaftlich
vertretbarem Aufwand in der Praxis meist nicht erreichbar ist, sollte die
Produktprogrammplanung ebenfalls flexibel gehalten und in Schritten der
sukzessiven Abstimmung mit dem Absatz- und den übrigen Produktionsplänen
vollzogen werden.
Potentialfaktoreinsatz Basierend auf
den technischen Anforderungen der ausgewählten Produktionsverfahren sind
Bereitstellung und Einsatz der Potentialfaktoren (Produktionsanlagen und
Arbeitskräfte) zu planen. Da in den meisten Fertigungszweigen die
Potentialfaktorkombinationen nicht limitational bestimmt sind, können im
Rahmen bestehender Rechtsvorschriften und Grenzen der Technologie
quantitative und zeitliche Anpassungen verwirklicht werden, zum Beispiel
in Form der Ein- oder Mehrmaschinenbedienung.
Im Rahmen der
Arbeitsvorbereitung sind für die folgenden Planungsperioden die
Arbeitssysteme aus dem verfügbaren Potentialfaktorbestand zu bilden.
Hierbei ist von den möglichen Produktionsverfahren und vom Produktprogramm
in seiner ersten Fassung auszugehen. Daraus lassen sich die erforderlichen
Teilprodukte, Arbeitsverrichtungen und geeigneten Arbeitssysteme bzw.
Folgen von zusammenwirkenden Produktionsstufen ableiten.
Produktionsterminierung Die
zeitliche Koordinierung aller Teilprozesse und Phasen der
Auftragsabwicklung gehört zu den schwierigsten Problemen der
Produktionsplanung. Besondere Einflüsse gehen dabei von Störungen bei der
Prozessrealisation, Materialzufuhr usw. aus, da sich die zeitlichen
Abläufe auf schwer vorhersehbare Weise verändern können.
Betriebswirtschaftliche Planungsmodelle stehen für diesen
Problemkomplex nicht zur Verfügung; die zu erfassenden dynamischen
Vorgänge mit zum Teil minimaler zeitlicher Ausdehnung können mithilfe
statischer Modellansätze nicht bzw. nur zu sehr groben Näherungslösungen
verarbeitet werden (
Produktionsterminierung).
Verbrauchsfaktoreinsatz Aus dem Produktprogramm und der
geplanten Einsatzweise der Potentialfaktoren lässt sich der
Bedarf an Verbrauchsfaktoren grundsätzlich ableiten.
Programmbestimmt ist in erster Linie der Bedarf an Fertigungsmaterial
(Rohstoffe, Bauteile und Hilfsstoffe). Als sekundärer Einfluss wirkt die
Anpassungsart der Arbeitssysteme (etwa die geforderte Leistung oder
Intensität) auf den Ausschussanteil oder Materialverbrauch. Der
Betriebsstoffbedarf richtet sich nach der geplanten Ausnutzung der
Kapazitäten aller Arbeitssysteme sowie besonders nach der Einsatzweise der
Potentialfaktoren. Besonders z.B. für den Bedarf an Antriebsenergie für
Produktionsanlagen spielt die geforderte Leistung (Intensität) eine
ausschlaggebende Rolle.
3. Koordination der Teilpläne
Im
Rahmen der Produktionsplanung kommt der Abstimmung und Zusammenfassung der
Teilpläne eine große Bedeutung zu. Hier einen Weg zu finden, der
Abstimmungsverluste und Reibungen gering hält, bereitet in der
Unternehmenspraxis erhebliche Schwierigkeiten. Hinzu kommt in den meisten
Fällen ein umfangreicher Änderungsdienst. Zusätzliche Kundenwünsche, die
sich auf in Bearbeitung befindliche Aufträge beziehen, Funktionsstörungen
an den Fertigungsanlagen, Ausfälle beim Personal, Überschreitungen der
Vorgabezeiten bzw. Leistungsschwankungen bei den Arbeitssystemen, Mängel
bei der Materialanlieferung usw. erfordern tägliche, schicht- und
stundenweise Anpassungen in fast allen behandelten Teilen der
Produktionsplanung.
Die Koordination erstreckt sich daher
einerseits auf die Zusammenführung der langfristigen und der kurzfristigen
Teilpläne. Dies geschieht in der Praxis in der Regel durch das Prinzip der
zeitlich revolvierenden Planaufstellung. Andererseits sind im Rahmen der
kurzfristigen Planung die verschiedenen Planungsbereiche abzustimmen.
Praxistipp: |
| In der Praxis hat es sich gezeigt,
dass grundsätzlich alle Pläne in der Vollzugsphase vom tatsächlichen
Produktionsablauf "überholt" werden. Dies schlägt sich in Abweichungen
zwischen Plan- und Istgrößen nieder oder führt zu Planrevisionen. Damit
werden die Grenzen sukzessiver Planungssysteme mit statischer
Grundstruktur sichtbar. Sie können immer nur unvollkommene
Hilfsinstrumente sein, um die dynamisch-interdependenten Abläufe, die den
Inhalt einer Industrieunternehmung ausmachen, in Richtung auf die
betriebswirtschaftlich ausgerichteten Ziele der Unternehmensleitung zu
lenken. |