1. Allgemeines
Ein
unrichtiger Steuerausweis liegt vor, wenn
in einer
Rechnung eine Steuer gesondert
ausgewiesen wird, der ausgewiesene Betrag aber nicht dem gesetzlich für den
ausgeführten
Umsatz geschuldeten
Umsatzsteuerbetrag entspricht. Die tatsächlich anfallende
Umsatzsteuer kann höher oder niedriger sein
als der ausgewiesene Betrag. Auch in den Fällen, in denen die
Umsatzsteuer tatsächlich 0 EUR beträgt, wird
unter bestimmten Voraussetzungen von einem unrichtigen Ausweis der Steuer
gesprochen. Die Abgrenzung zum
unberechtigten Ausweis der Steuer hat
durch die neuen Regelungen des Steueränderungsgesetzes 2003 an Bedeutung
verloren, da dort nunmehr auch die Möglichkeit einer Rechnungsgerichtigung
gegeben ist, vgl.
Unberechtigter
Steuerausweis .
2. Voraussetzungen
Ein unrichtiger
Steuerausweis wird nur angenommenen, wenn die
Rechnung von einem Unternehmer ausgestellt
wurde, der zum gesonderten Ausweis der
Umsatzsteuer berechtigt ist und
keine Fehler hinsichtlich des Rechnungsinhalts aufweist mit Ausnahme
des Steuerbetrages. Die Ausstellung durch eine Person, die nicht zum
Ausweis der
Umsatzsteuer berechtigt ist,
wird wie die Ausstellung einer Scheinrechnung durch einen berechtigten
Unternehmer als
unberechtigter
Steuerausweis behandelt. Scheinrechnungen sind insbesondere in
folgenden Fällen anzunehmen:
Eine
Rechnung wird ausgestellt
a) | ohne eine Leistung zu
erbringen, |
b)
| über eine andere als die erbrachte Leistung,
|
c) | an einen anderen als den Leistungsempfänger. |
Rechnung -
Steuerausweis Wurde lediglich die Steuer wegen eines
Rechenfehlers oder eines Irrtums hinsichtlich der steuerlichen Behandlung
in der falschen Höhe ausgewiesen, liegt keine Scheinrechnung vor. Typische
Fälle hierfür sind Unklarheiten über die Höhe des anzuwendenden
Steuersatzes oder hinsichtlich der Frage der Anwendung von
Steuerbefreiungen. Außerdem fallen unter
diese Vorschrift die Fälle, die wegen fehlenden Entgelts oder einem
Leistungsort im Ausland nicht steuerbar sind.
Ein unrichtiger
Steuerausweis liegt auch vor, wenn die
Rechnung über ein höheres Entgelt ausgestellt
wurde als tatsächlich vereinbart und die Steuer von diesem Entgelt
berechnet wird (z.B. bei verdeckten Preisnachlässen) oder in Rechnungen
über Kleinbeträge der falsche Steuersatz angegeben wird.
3.
Folgen eines zu hohen Ausweises
Folgen für den
Rechnungsaussteller Der Rechnungsaussteller schuldet die gesetzlich
entstehende Steuer für den
Umsatz
unabhängig von der Ausstellung einer
Rechnung. Durch die Ausstellung einer
Rechnung mit einer höheren Steuer entsteht in
Höhe des Unterschiedsbetrages eine zusätzliche Verpflichtung zur Zahlung
dieser Differenz.
Beispiel 1
| Der Lebensmittelgroßhändler A in Essen verkauft an
den Einzelhändler H in Bochum in 2007 eine Partie Fisch zum Preis von netto
2.000 EUR. Da er sich nicht sicher ist, ob die Fische zu den
ausgeschlossenen Arten Langusten, Hummer, Austern usw. gehören, berechnet
er H in 2008 2.000 EUR zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, 380 EUR , insgesamt somit 2.380
EUR. Lösung: Unterstellt man, dass es sich um einfache
Speisefische handelt, unterliegt die Lieferung des A dem ermäßigten Steuersatz von
7 %. In 2007 entsteht somit Umsatzsteuer
in Höhe von 140 EUR (Basis Nettoentgelt 2.000 EUR). Durch den Ausweis einer
höheren Steuer in 2008 entsteht für A eine weitere Umsatzsteuerschuld von
240 EUR (380 EUR ausgewiesen ./. 140 EUR bisher geschuldet). |
Beispiel 2
| Der Steuerberater W überträgt Ende 2007 seine gesamte
Praxis auf seinen früheren Mitarbeiter B. Dieser zahlt dafür 400.000 EUR.
Anfang 2008 stellt W eine Rechnung über
400.000 EUR zuzüglich 76.000 EUR Umsatzsteuer aus. Lösung: Die
Übertragung der Praxis stellt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen dar, die
nach § 1 Abs. 1 a UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die von W zu
zahlende Steuer auf Grund der Übertragung beträgt somit 0 EUR. Durch die
Ausstellung der Rechnung entsteht für ihn
die Verpflichtung, den ausgewiesenen Betrag als Umsatzsteuerschuld
abzuführen. |
Folgen für den
Rechnungsempfänger Der Rechnungsempfänger kann grundsätzlich die
ihm in
Rechnung gestellte
Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, soweit
er die erforderlichen persönlichen Voraussetzungen erfüllt. Dies gilt nicht
für Steuerbeträge, die höher sind als die tatsächlich geschuldete Steuer.
Nach dem Urteil des BFH, 02.04.1998 - V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) ist
nur die Vorsteuer abzugsfähig, die gesetzlich für den ausgeführten
Umsatz geschuldet wird.
Ein
Vorsteuerabzug wird somit immer auf den
Steuerbetrag beschränkt, der vom leistenden Unternehmer für den
Umsatz unabhängig von der Höhe der
ausgewiesenen Steuer geschuldet wird. Ein Abzug der zu Unrecht
ausgewiesenen Steuer ist
nicht zulässig.
4. Folgen
eines zu niedrigen Ausweises
Folgen für den Rechnungsaussteller
Der Rechnungsaussteller hat die nach dem Gesetz zu zahlende
Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.
Diese berechnet sich durch Herausrechnung der Steuer aus dem vom
Leistungsempfänger insgesamt gezahlten Bruttobetrag.
Beispiel 3
| Der
Lebensmittelgroßhändler A in Essen verkauft an den Einzelhändler H in
Bochum in 2007 eine Partie Fisch zum Preis von 2.140 EUR einschließlich 7 %
Umsatzsteuer, die er in Höhe von 140 EUR
in der Rechnung offen ausweist.
Lösung: Unterstellt man, dass es sich bei den Fischen um
Langusten, Hummer, Austern usw. handelt, unterliegt die Lieferung dem vollen Steuersatz. Die
geschuldete Umsatzsteuer beträgt somit 19
% aus 2.140 EUR, somit rd. 342 EUR. |
Folgen für den Rechnungsempfänger Der
Vorsteuerabzug ist nur in Höhe des in der
Rechnung ausgewiesenen Betrages
zulässig. Ist der Rechnungsempfänger zum
Vorsteuerabzug berechtigt und hat er mit dem
Lieferanten einen Bruttopreis vereinbart, sollte er unbedingt auf eine
Berichtigung der
Rechnung drängen, da die
höhere abzugsfähige Vorsteuer seine Kosten mindert. Bei einer üblichen
Nettopreisvereinbarung zieht eine Rechnungsberichtigung eine Nachforderung
der
Umsatzsteuer nach sich,
wirtschaftliche Vorteile für den Rechnungsempfänger ergeben sich nicht.
5. Rechnungsberichtigung
Soweit ein Unternehmer in einer
Rechnung Umsatzsteuer überhöht ausgewiesen hat,
besteht für ihn die Möglichkeit, diese
Rechnung zu berichtigen und dadurch die
zusätzlich an das Finanzamt abzuführende Steuer zu vermeiden. In der Praxis
wird dies regelmäßig auf Grund von Einwendungen des Kunden und
Rechnungsempfängers oder nach Feststellung des Sachverhalts durch die
Finanzbehörden erforderlich werden.
Eine Berichtigung der
Rechnung ist gegenüber dem Empfänger durch
schriftliche Erklärung vorzunehmen. Diese Erklärung muss für alle
Beteiligten eindeutig und auch durch einen sachverständigen Dritten
nachvollziehbar sein. Im Regelfall wird es sich anbieten, eine Berichtigung
durch Ausstellung einer neuen
Rechnung
vorzunehmen, dies in der neuen
Rechnung
kenntlich zu machen und auf die alte
Rechnung zu verweisen. Auch eine
Zusammenfassung mehrer Korrekturen in einer Erklärung ist zulässig, soweit
für den Empfänger erkennbar ist, um welche Korrekturen es sich im Einzelnen
handelt.
Diese Berichtigung muss dem Rechnungsempfänger tatsächlich
zugehen. Handelt es sich beim Rechnungsempfänger z.B. um eine GmbH, die
bereits erloschen ist, kann eine Berichtigung nicht mehr wirksam zugestellt
werden. Eine Änderung der Steuer ist dadurch nicht möglich.
Eine
Rückgabe der Orginalrechnung ist grundsätzlich bei der Berichtigung der
Rechnung nicht erforderlich. Wird das Entgelt
nachträglich in Abstimmung zwischen leistendem Unternehmer und
Leistungsempfänger herabgesetzt, braucht der Rechnungsaussteller seine
Rechnung nicht gesondert zu berichtigen.
Damit erübrigt sich eine Rechnungsberichtigung in allen Fällen von
Preisnachlässen, Rabatten oder sonstigen vergleichbaren
Entgeltsänderungen.
Ist die Steuer in einer
Rechnung zu niedrig ausgewiesen worden, hat
der Rechnungsaussteller ebenfalls die Möglichkeit, diese zu berichtigen.
Regelmäßig wird es dabei allerdings auch zu einer Preisanpassung kommen, da
für den Unternehmer ansonsten die Mehrbelastung an
Umsatzsteuer als zusätzlicher Aufwand den
Gewinn mindern würde. Für den Rechnungsempfänger hat die Preiskorrektur
keine Auswirkung, da dem nachzuzahlenden Preis ein entsprechender
zusätzlicher
Vorsteuerabzug nach
Berichtigung der
Rechnung zusteht.
6. Rechnungsberichtigung in besonderen Fällen
Das oben
beschriebene Verfahren zur Rechnungsberichtigung ist nicht zulässig, wenn
es sich um Fälle der
- Geschäftsveräußerung im Ganzen im
Sinne des § 1 Abs. 1a UStG oder
- Rückgängigmachung des
Verzichts auf die Steuerbefreiung im Sinne des § 9 UStG
handelt. Für diese Fälle ist durch das Steueränderungsgesetz 2003 ein
besonderes Verfahren geschaffen worden, da es sich in der Regel um sehr
große Steuerbeträge handelt.
Die Rechnungsberichtigung in diesen
Sonderfällen ist möglich, wenn
- ein Vorsteuerabzug beim Rechnungsempfänger nicht
geltend gemacht worden ist oder
- die zu Unrecht
abgezogene Vorsteuer an das Finanzamt zurückgezahlt worden ist und
- die Rechnungsberichtigung beim Finanzamt schriftlich
beantragt worden ist und
- das Finanzamt diesem
Antrag zugestimmt hat.
Das Finanzamt wird anschließend
mitteilen, in welcher Höhe und in welchem
Voranmeldungszeitraum die entsprechende
Korrektur vorgenommen werden darf.